Ratgeber

Die 25.000-Euro-Frage Aktionäre zittern vor Inflation und China

Es besteht Hoffnung, dass es nicht so weit kommt.

Es besteht Hoffnung, dass es nicht so weit kommt.

(Foto: imago/blickwinkel)

An den Aktienmärkten gelten derzeit die Verbraucherpreise und die politischen Eingriffe in China als die größten Risiken. Doch wahrscheinlich ist Entwarnung angesagt. Oder?

Die Inflation ist in Deutschland im Juli auf 3,8 Prozent gestiegen. Das ist fast doppelt so viel wie die Europäische Zentralbank EZB anpeilt und bedeutet den höchsten Stand seit fast 30 Jahren. In den USA haben die Verbraucherpreise zuletzt sogar um 5,4 Prozent zugelegt. Doch dabei handelt es sich wahrscheinlich um ein zeitlich begrenztes Phänomen. Denn die Preise steigen vor allem deshalb so stark, weil sie im vergangenen Jahr coronabedingt spürbar nachgegeben hatten. Dieser Basiseffekt wird sich zunehmend ausschleifen. Außerdem gibt es noch verschiedene Nachholeffekte, die mit der Zeit sicherlich ebenfalls entfallen werden. Beim Thema Inflationsrisiken können Anleger also wohl getrost einen Haken dahinter machen.

Oliver Zastrow arbeitet als Direktor beim unabhängigen Vermögensverwalter Albrecht, Kitta & Co. in Hamburg.

Oliver Zastrow arbeitet als Direktor beim unabhängigen Vermögensverwalter Albrecht, Kitta & Co. in Hamburg.

Als zweiten Risikofaktor fürchten die Anleger derzeit die politischen Eingriffe in China. Im vergangenen Herbst hat die Finanzaufsicht bereits den geplanten Börsengang der Alibaba-Tochter Ant platzen lassen. Dann verschwand Alibaba-Gründer Jack Ma eine Zeit lang von der Bildfläche. Ma ist zwar wieder aufgetaucht, hat aber angeblich privatisiert. Ein solches Vorgehen Pekings, um Menschen mit starker ökonomischer Macht auf Linie zu bringen, ist nicht ungewöhnlich. Vor einigen Jahren war auch der Milliardär und Chef des Konglomerats Fosun, Guo Guangchang, von den Behörden zeitweise einkassiert worden, später aber wieder freigelassen worden.

Opium für den Verstand

Zuletzt ist der Online-Konzern Tencent ins Fadenkreuz geraten. Eine staatliche Wirtschaftszeitung verglich ein Online-Spiel von Tencent mit Opium. Dann hat auch noch die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen den Jugendmodus der App WeChat eingeleitet.

Jetzt könnten auf die beiden Internet-Konzerne auch noch steuerliche Probleme zukommen. Einige Geschäfte könnten künftig nicht mehr als sogenannte Key Software Enterprises behandelt werden. Für diese gilt ein ermäßigter Steuersatz von zehn, statt der sonst üblichen 25 Prozent. Dieser Dauerbeschuss hat die Aktionäre von Alibaba und Tencent in den zurückliegenden Monaten regelrecht zermürbt. Auf Sicht eines halben Jahres haben die Papiere von Alibaba in Euro mehr als 30 Prozent an Wert verloren. Bei Tencent beläuft sich das Minus sogar auf circa 40 Prozent. In diesem Umfeld haben auch die Notierungen anderer chinesischer Internet-Werte spürbar schwächer notiert.

Kein Gewinn mit Nachhilfe

Dann hat Peking auch noch bei Internet-Plattformen zugeschlagen, die Nachhilfe-Programme anbieten. Diesen ist künftig untersagt, Gewinne zu erwirtschaften. Damit sind die entsprechenden Geschäftsmodelle hinfällig. Die Aktien des Anbieters Gaotu Techedu sind regerecht implodiert. Das Minus auf Sicht von sechs Monaten beläuft sich auf 97 Prozent. Die Aktie ist damit praktisch wertlos.

Bei Tal Education und New Oriental Education sieht es ähnlich dramatisch aus. Gemessen am Aktienindex Shanghai Composite schneidet der chinesische Aktienmarkt mit einem Minus von rund fünf Prozent auf Sicht von einem halben Jahr international mit am schlechtesten ab. Zum Vergleich: Der deutsche Dax und der US-amerikanische Dow Jones haben in diesem Zeitraum um 15 beziehungsweise elf Prozent zugelegt.

Der Kommunistischen Partei geht es darum, private Konzerne wie Alibaba und Tencent nicht zu mächtig werden zu lassen. Gleichzeitig versucht sie, ein weiteres Auseinanderdriften von Arm und Reich zu verhindern. Das ist wohl der Grund für den Angriff auf die privaten Nachhilfeplattformen, die sich vor allem besser situierte Menschen leisten können. Letztendlich geht es um die Stabilität des Landes. Peking fürchtet kaum etwas mehr als soziale Unruhen.

Peking wird zur Ruhe kommen

Dennoch weiß auch Chinas Führung, dass die Bevölkerung nur dann ruhig bleibt, wenn ihr Lebensstandard steigt. Und dazu bilden halbwegs frei agierende Unternehmen und eine Einbindung der Wirtschaft in den Welthandel die Grundvoraussetzungen.

Vor diesem Hintergrund können risikobereite Anleger mit ersten kleinen Positionen in den chinesischen Aktienmarkt einsteigen. Denn die Wachstumsdynamik dürfte auch in den kommenden Jahren trotz aller politischer Risiken hoch bleiben. Am wenigsten risikoreich scheinen breit gestreute Investments am Aktienmarkt in Hongkong oder in die Festlandaktien, die so genannten A-Aktien.

Die 25.000-Euro-Frage

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Generell scheint bei einem ausgewogenen Depot eine Aktienquote von bis zu 50 Prozent angemessen. Davon kann ein kleiner Teil in chinesischen Werten beigemischt werden. Außerdem sollten Anleger ausreichend Barmittel halten, um bei möglichen Korrekturen preiswerter nachkaufen zu können. Auf Staatsanleihen sollte aufgrund der weiter extrem niedrigen beziehungsweise negativen Zinsen verzichtet werden. Gold sollte mit maximal zehn Prozent beigemischt werden.

Über den Autor: Oliver Zastrow arbeitet als Direktor beim unabhängigen Vermögensverwalter Albrecht, Kitta & Co. in Hamburg.

Quelle: ntv.de

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