Ratgeber

"Das grenzt an Wucher" Banken langen bei Dispozins zu

Die Konditionen von fast 1000 Banken und Sparkassen in Deutschland hat die Stiftung Warentest unter die Lupe genommen. Teils unverschämt hohe Zinsen verlangen die Geldhäuser, wenn das Konto in die Miesen gerät.

Regionalbanken mit den höchsten Dispozinsen.

Regionalbanken mit den höchsten Dispozinsen.

(Foto: Stiftung Warentest)

Deutschlands Banken und Sparkassen verlangen von ihren Kunden laut Stiftung Warentest teils extrem hohe Zinsen für die Kontoüberziehung. Institute wie die Targobank oder die Santander Bank berechneten knapp 17 Prozent bei einer Überziehung innerhalb des festgelegten Disporahmens, berichtet Stiftung Warentest. Aber auch viele kleine Sparkassen und Genossenschaftsbanken fordern den Angaben zufolge Zinsen von über 14 Prozent.

Dispozinsen von 14 Prozent und mehr verlangen 21 Geldinstitute im Test, darunter die Raiffeisenbank Gefrees (14,95 Prozent), die VR Bank Rosenheim-Chiemsee (14,50 Prozent) oder, abhängig von der Kreditwürdigkeit des Kunden, die Stadtsparkasse Hameln (bis 15,75 Prozent). Die günstigsten Anbieter waren die Direktbanken Skatbank (6 Prozent) sowie DAB Bank (6,95 Prozent). Dass auch Filialbanken nicht teuer sein müssen, zeigt zum Beispiel die Stadtsparkasse Schwedt an der Oder mit einem Zinssatz von 9,00 Prozent.

Leitzins auf historischem Tief

"Zweistellige Dispozinsen sind sehr hoch, wenn sonst die Zinsen historisch niedrig sind", kritisiert die Stiftung Warentest. In der Euro-Zone zahlen Banken, wenn sie sich bei der Europäischen Zentralbank (EZB) Geld zur Finanzierung ihrer Geschäfte leihen, schon seit Monaten einen Zinssatz von 1,0 Prozent.

So niedrig war der Leitzins der Euro-Zone noch nie. Die EZB versucht durch niedrige Zinsen der Wirtschaft in der Krise einen Schub zu geben, weil sparen dadurch weniger attraktiv ist. Der historisch niedrige Leitzins hat auch extrem niedrige Sparzinsen zur Folge. Wer sein Geld auf ein Tagesgeldkonto legt, kann derzeit bei den besten Angeboten mit Zinsen nur knapp über zwei Prozent rechnen.

Geduldete Überziehung

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(Foto: picture-alliance/ dpa)

Noch weit extremer langen einzelne Banken bei Zinsen für Kontoüberziehungen über den festgelegten Disporahmen hinaus zu, berichten die Tester. Teils gebe es Zinssätze, von über 20 Prozent. Diese grenzten "an Wucher". Als Beispiel nennt die Stiftung Warentest die Kreditkonditionen einzelner Genossenschaftsbanken in Nord- und Süddeutschland. So verlangen beispielsweise die VR Bank Rosenheim-Chiemsee 20,5 Prozent und die Volksbank Wachtberg 20 Prozent. Solch hohe Zinsen für die Kontoüberziehungen seien häufig ein Problem gerade für Verbraucher, die ohnehin wenig Geld hätten und deswegen vermehrt ihr Konto überzögen.

Insgesamt sei das Konto von jedem sechsten Bankkunden in Deutschland im Minus, berichtet die Stiftung Warentest unter Berufung auf Daten der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Für die Untersuchung wertete die Zeitschrift die Dispozinsen von insgesamt 992 Banken und Sparkassen aus und damit fast der Hälfte der 2121 Institute in Deutschland.

Gesetzliche Deckelung

Der Verbraucherzentrale Bundesverband fordert eine gesetzliche Begrenzung der Gewinnmarge zwischen den Überziehungs- und den Refinanzierungszinsen. "Der Überziehungszinssatz muss auf eine verträgliche Größe begrenzt werden", fordert Vorstand Gerd Billen die Minister Schäuble und Brüderle auf. Mit der gegenwärtigen Praxis verstoßen die Banken gegen eine Vorgabe des Bundesgerichtshofes (Urteil vom April 2009, XI ZR 78/08), wonach Banken Kostenminderungen an ihre Kunden weitergeben müssen. Es hat den Anschein, dass die Banken den Dispozins als Sanierungsprogramm betrachten, um die krisenbedingten Verluste wieder auszugleichen, kritisieren die Verbraucherschützer.

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Quelle: ntv.de, akl/afp

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