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Gerichte ermöglichen Ausstieg So geht's raus aus einer Basis-Rente

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Viele Solo-Selbstständige haben keine ausreichende Altersvorsorge. Und haben zur Rürup-Rente gegriffen.

(Foto: imago/Christian Ohde)

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Als steuersparende Altersvorsorge für Selbständige wird die Basis- oder Rürup-Rente gerne verkauft. Doch hohe Kosten und niedrige Renditen sorgen für Enttäuschung. Der Ausstieg gelingt oft nur mit einem Widerruf.

Viele Besitzer einer Basisrente sind unzufrieden. Denn die nach ihrem Erfinder auch Rürup-Rente genannte private Altersvorsorge erweist sich für etliche als Falle für ihr Geld. Erst nach dem Abschluss merken sie, dass sie die Policen gar nicht kündigen können, wenn sie ihr Geld einmal brauchen. Auch eine Einmalauszahlung bei Erreichen des Rentenalters ist nicht vorgesehen, sondern lediglich eine monatliche Verrentung. Zudem verhageln hohe Kosten die Rendite.

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Roland Klaus arbeitet als freier Journalist in Frankfurt und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf.

Gerade Selbständige - die eigentliche Zielgruppe der Basis- oder Rürup-Rente - bemängeln, dass die Versicherung viel zu wenig Flexibilität bietet. Gerade wenn sich die berufliche Situation kurzfristig ändert, wäre es wichtig, auf angesparte Reserven zurückgreifen zu können. Doch über diese Einschränkungen klären Vermittler oft nicht auf.

Umso wichtiger, dass derzeit viele Gerichte den Kunden von Basisrenten eine Art "Notausstieg" ermöglichen, mit dem sie doch noch an ihr Geld kommen - und zwar mit einem sogenannten Widerruf. Anders als eine Kündigung ist ein Widerruf dann möglich, wenn die Versicherung den Kunden mangelhaft über sein Widerrufsrecht informiert hat oder wenn wesentliche Informationen in den Vertragsunterlagen fehlen.

Widerruf oft möglich

Dann kann der Besitzer einer Basis-Rente auch viele Jahre nach Abschluss seinen Vertrag noch widerrufen. Denn es handelt sich in diesem Fall um ein sogenanntes "ewiges Widerrufsrecht". Es greift also keine Verjährung. Die Folge eines solchen Widerrufs: Der Vertrag wird rückabgewickelt. Der Kunde erhält also nicht nur sein eingezahltes Geld zurück, sondern auch eine Verzinsung und einen großen Teil der Kosten. Entgegen anderslautender Berichte sind dabei nicht nur Policen bis zum Jahr 2008 betroffen, sondern auch eine große Zahl jüngerer Verträge - bis mindestens in das Jahr 2019.

Gleich mehrere Gerichtsentscheidungen haben in jüngster Zeit die Position der Versicherten gestärkt. So hat das Oberlandesgericht Köln (Az.: 20 U 158/22) entschieden, dass ein Vertrag der Zürich Deutscher Herold nicht den formalen Voraussetzungen genügt. Der Kunde, der 7200 Euro in die Basis-Rente einbezahlt hatte, erhält durch den Widerruf rund 8100 Euro zurück.

Die Allianz Versicherung kassierte eine Schlappe vor dem OLG Karlsruhe (Az.: 12 U 343/21). Das Gericht urteilte, dass der Kunde nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei. Gegen dieses Urteil läuft derzeit noch die Revision beim Bundesgerichtshof.

Das Landgericht Köln (Az.: 120205/22) hat die Canada Life zur Rückabwicklung einer Rürup-Rente verurteilt. Auch dort erhielt der Kunde mehr zurück als er eingezahlt hatte.

Einzelfall entscheidend

Ob eine Basis-Rente tatsächlich widerrufen werden kann, muss immer im Einzelfall geprüft werden. Unsere Erfahrungen zeigen, dass unter anderem bei folgenden Versicherungen gute Chancen bestehen, aus einem laufenden Vertrag herauszukommen, wenn die Police bis zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeschlossen wurde:

  • Allianz bis mindestens 2018
  • Canada Life bis mindestens 2018
  • Ergo Vorsorge bis mindestens 2015
  • PB Lebensversicherung / Postbank bis mindestens 2012
  • Gothaer bis mindestens 2016
  • Zürich Deutscher Herold bis mindestens 2019
  • Generali / Aachen Münchener bis 2010
  • Signal Iduna bis 2010
  • Standard Life, Proxalto, Aviva, Provinzial
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Dabei stellt sich die Frage, ob Besitzer einer Rürup-Rente bei einem Widerruf auch die Steuervorteile erstatten müssen, von denen sie profitiert haben. Denn für viele ist eine Basisrente auch ein Steuersparmodell. Einzahlungen dürfen nämlich zum größten Teil vom Einkommen abgezogen werden. Hier hat das Finanzgericht Düsseldorf (Az.: 1 K 292/19 E) nun Klarheit geschaffen: Nur für die zurückliegenden vier Jahre muss der Steuervorteil erstattet werden. Frühere Steuervorteile kann der Versicherte auch bei einer Rückabwicklung behalten.

Über den Autor: Roland Klaus ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf, die sich um Fragen des Verbraucherschutzes kümmert. Bekannt wurde er als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den US-amerikanischen Finanzsender CNBC.

(Dieser Artikel wurde am Dienstag, 14. Februar 2023 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de

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