Tenhagens Tipps Das sollte man für den Ernstfall regeln
02.11.2016, 14:49 Uhr
Mit der Patientenverfügung legt man fest, welche Versorgung man sich wünscht, wenn man keine eigenen Entscheidungen mehr treffen kann.
(Foto: imago stock&people)
Oft kommt der Verlust der Zurechnungsfähigkeit schleichend als Folge von Krankheiten. Manchmal wird man aber auch mitten aus dem Leben ins Koma gerissen. Für beide Fälle sollte man Vorsorge treffen. Finanztip-Chef Tenhagen erklärt, welche Dokumente den Angehörigen helfen.
n-tv.de: Angenommen, ich habe einen Unfall und falle ins Koma. Wer darf denn jetzt Entscheidungen für mich treffen?
Hermann-Josef Tenhagen: Das kommt drauf an, welche Vorkehrungen Sie getroffen haben. Wenn Sie gar nichts festgelegt haben, bestellt das Gericht einen Betreuer für Sie. Und anders als viele glauben, ist das nicht automatisch der Ehepartner, auch wenn das meist naheliegt. Verwandte kommen auch infrage oder aber jemand, der das beruflich macht. Sie können vorher festlegen, dass das Gericht eine bestimmte Person bestimmen soll. Das geht mit einer Betreuungsverfügung. Egal, ob mit oder ohne Verfügung: Der eingesetzte Betreuer ist nicht frei in seinen Entscheidungen, sondern wird vom Gericht kontrolliert.
Und wenn ich eine Vertrauensperson habe, die sich möglichst unkompliziert um alles kümmern soll?
Dann brauchen Sie eine Vorsorgevollmacht. In der können Sie festlegen, wer Sie in welchen Angelegenheiten vertreten soll. Dabei können Sie die Aufgaben auch auf mehrere Schultern verteilen. Sie können zum Beispiel jemanden einsetzen, der über medizinische Maßnahmen entscheidet, jemanden, der sich um Ihre Immobilie kümmert und jemanden, der den Behördenkram regelt. Ganz wichtig ist natürlich, dass man das vorher mit den betreffenden Personen abspricht. Jetzt in der dunklen Jahreszeit sitzt man ja vielleicht wieder öfter mal mit seinen Liebsten zusammen, da bietet es sich an, das Thema aufs Tapet zu bringen. Bei Bankangelegenheiten ist es mit der Vollmacht übrigens oft nicht getan. Da haben die meisten Banken ihre eigenen Formulare, um die man sich rechtzeitig kümmern sollte.
Bei der Vorsorgevollmacht gibt es keine Kontrolle durchs Gericht?
Nein. Deshalb sollte man auch nur Personen einsetzen, denen man absolut vertraut. Und mit denen sollte man dann natürlich auch abklären, was genau man sich von ihnen wünscht.
Gerade in medizinischer Hinsicht kann das ja ganz schön heikel sein.
Allerdings. Sehr hilfreich ist es, wenn man eine Patientenverfügung gemacht hat. Darin regelt man, welche medizinischen Maßnahmen man sich für sich wünscht, wenn man sich selbst nicht mehr artikulieren kann. Wenn es keine Patientenverfügung gibt, müssen Ärzte grundsätzlich erstmal alles tun, um einen am Leben zu halten. Das geht von künstlicher Ernährung über Bluttransfusionen bis hin zu Wiederbelebungsversuchen. Wer die Vorstellung, im Krankenhaus am Tropf zu sterben, abschreckend findet, kann das mit der Verfügung verhindern. Denn der Arzt ist an den Willen des Patienten gebunden. Dafür muss er sich dann auch mit dem Betreuer oder eben dem Bevollmächtigten abstimmen.
Wie sieht so eine Patientenverfügung aus? Reicht es, zu schreiben, dass man keine lebenserhaltenden Maßnahmen wünscht?
Nein, das reicht nicht, hat der Bundesgerichtshof im Sommer entschieden. Die Verfügung darf nicht allgemein gehalten sein. Vielmehr trifft man Regeln für bestimmte Fälle. Das fängt schon mit der Frage an, in welchen Situationen sie überhaupt gilt. Wenn man schon unabwendbar im Sterben liegt? Wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist? Oder auch, wenn das Gehirn schwer geschädigt ist und man im Koma liegt?
Im Netz findet man diverse Muster, auch gute, trotzdem sollte man die Patientenverfügung unbedingt mit einem Arzt durchsprechen. Schließlich trifft man da Entscheidungen von einiger Tragweite. Was bedeutet künstliche Ernährung durch eine Magensonde oder über die Vene? Welche Nebeneffekte haben Medikamente, die Beschwerden lindern sollen? Als medizinischer Laie kann man das normalerweise nicht so richtig abschätzen.
Welche Muster sind denn gut?
Wir empfehlen die Vorlagen des Bundesjustizministeriums, sowohl für die Patientenverfügung als auch für Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung. Online gibt es außerdem einige Rechtsdienstleister, bei denen man die Dokumente gegen eine Pauschalgebühr erstellen kann. Und für Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung können Sie sich auch an einen Rechtsanwalt wenden.
Wichtig ist natürlich, dass Ihre Angehörigen überhaupt wissen, dass es die Dokumente gibt und wo sie zu finden sind. Das sollte man ihnen schon rechtzeitig mitteilen. Außerdem ist es sinnvoll, die Verfügungen im Zentralen Vorsorgeregister zu registrieren. Das kostet ab 13 Euro und das Geld ist ganz gut angelegt. So stellen Sie sicher, dass die Gerichte im Ernstfall von den Dokumenten erfahren und dass Ihr Wille auch umgesetzt wird.
Mit Hermann-Josef Tenhagen sprach Isabell Noé
Quelle: ntv.de