Preisexplosion und Zeitdruck Diese Fallen lauern beim Immobilienkauf
19.04.2017, 16:52 Uhr
Nicht nur in den Metropolen sind Immobilien gefragt.
(Foto: picture alliance / dpa Themendienst)
300.000 Euro sollte die Wohnung ursprünglich kosten, im Kaufvertrag stehen am Ende 330.000 Euro. Ein normaler Vorgang auf dem überhitzten Immobilienmarkt. Potenzielle Käufer sollten wissen, was auf sie zukommt.
Das Eigenheim ist für die meisten Menschen die größte Investition ihres Lebens. Entsprechend gut sollte die Sache geplant und durchgeführt werden. Sollte. Die Realität in den deutschen Großstädten sieht derzeit meist anders aus. Kaufinteressenten werden nicht selten in Gruppen durch die Immobilie gelotst und ehe ein Interessent nach einer Zweitbegehung mit einem Bausachverständigen fragen kann, ist das Objekt schon verkauft. Oft zu einem deutlich höheren Preis als ursprünglich aufgerufen. Der Immobilienmarkt, auf dem einst die Kunden Könige waren, ist längst zu einem Anbietermarkt geworden, auf dem Makler und Verkäufer die Regeln bestimmen. Die Stiftung Warentest erklärt im neuen "Finanztest"-Magazin, was das für Kaufinteressenten bedeutet.
Kauf unter Zeitdruck
Mit der Entscheidung für ein Objekt können sich Käufer nicht mehr wochenlang Zeit lassen. Zu groß ist das Risiko, dass ihnen jemand die Wohnung vor der Nase wegschnappt. Insider berichten in "Finanztest" von teilweise "extremem Zeitdruck", unter dem Käufer jetzt oft stünden. Bei begehrten Immobilien gibt es oft keine zweite Besichtigungsmöglichkeit. Da kann es sinnvoll sein, gleich zum ersten Termin einen Sachverständigen mitzunehmen. Der will natürlich sein Geld, auch wenn sich die Wohnung als Niete erweist.
Entscheidet man sich für ein Objekt, muss man es auch bezahlen können. Das klappt nur selten ohne fremde Unterstützung. Was tun? Die Finanzierung kann man ja schlecht abschließen, solange es keine Immobilie gibt, die als Sicherung dient. Man kann aber alle Vorbereitungen treffen, damit es im Ernstfall schnell geht. Ganz wichtig ist es, die nötigen Unterlagen zusammenzutragen und aktuell zu halten. Oft lohnt es sich, im Vorfeld bei Kreditvermittlern und Baufinanzierern nachzuhören, zu welchen Konditionen eine Finanzierung drin wäre. So lässt sich auch ermitteln, wie teuer die Immobilie überhaupt werden darf.
Makler ohne Auftrag
Makler haben es auf dem leergefegten Wohnungsmarkt mitunter schwer, überhaupt an Objekte zu kommen. Manche werden erfinderisch und bieten Immobilien an, für die sie gar keinen Vermittlungsauftrag haben. Die nötigen Daten bekommen sie aus den Exposés der Eigentümer oder anderer Makler. Erst wenn sich Interessenten melden, treten sie an den Verkäufer heran. Ob der überhaupt willens ist, den Kauf abzuwickeln, steht in den Sternen. Andere Makler haben zwar einen Auftrag, aber nicht exklusiv. Auch das kann für potentielle Käufer riskant sein. Während sie noch die Finanzierung klären, ist ihnen womöglich schon ein anderer Kunde zuvorgekommen. Wer über Makler kaufen will, sollte also nachfragen, ob er der einzige ist, der die Immobilie anbieten darf.
Kaufpreis kann sich ändern

Einzelbesichtigungen sind keine Selbstverständlichkeit, oft werden Interessenten in Gruppen durch die Wohnung geschleust.
(Foto: imago/Westend61)
Im Exposé soll die Wohnung 350.000 Euro kosten, im Kaufvertrag stehen dann aber 380.000 Euro. Kann das sein? Es kann. Die Zeiten, als Interessenten Preise herunterhandeln konnten, sind vorbei. Allenfalls bei wenig begehrten Objekten oder überambitionierten Preisvorstellungen gibt es noch Spielräume. Ansonsten geht die Tendenz in die andere Richtung: Mehrere Kaufwillige treiben den Preis nach oben.
Verkäufer können das "Wer bietet mehr"-Prinzip auch ganz offiziell anwenden, indem sie ihr Haus per Bieterverfahren auf den Markt bringen. Gerade in München kommt das laut "Finanztest" immer öfter vor. In den entsprechenden Verkaufsanzeigen ist dann ein Preis von null oder einem Euro angegeben, manchmal auch gar keiner. Die Interessenten sollen Angebote unterbreiten, was ohne Expertenwissen allerdings schwer ist. Dass die Besichtigung meist in Gruppenterminen abläuft, macht die Sache nicht einfacher. Manchmal gibt es wenigstens Hinweise, welche Summe mindestens erwartet wird. Die Spielregeln des Verfahrens legt der Verkäufer fest, und er kann sich am Ende auch überlegen, ob er überhaupt verkaufen will. Der Käufer kann aber auch noch einen Rückzieher machen, wenn er den Zuschlag bekommt. Solange der Vertrag nicht vom Notar besiegelt ist, gibt es also keinerlei Sicherheiten.
Die gibt es allerdings auch beim normalen Verkauf nicht. Selbst wenn der Notartermin schon anberaumt ist, kann das Geschäft noch platzen, etwa wenn sich ein besser zahlender Käufer meldet. Auch der Kaufpreis ist nicht in Stein gemeißelt, sondern kann sich noch ändern. Makler und Bauträger bieten ihren Kunden deshalb oft an, das begehrte Objekt gegen Geld zu reservieren, bis der Kaufvertrag unterzeichnet ist oder zumindest die Finanzierung steht. Wer glaubt, damit sei der Handel in trockenen Tüchern, könnte allerdings sein blaues Wunder erleben. Mit der Reservierung geht der Eigentümer normalerweise keine Verkaufsverpflichtung ein - es sei denn, sie wird notariell beurkundet. Ansonsten könnte es sein, dass der Interessent zwar die Reservierungsgebühr bezahlt, aber am Ende der Verkäufer nicht mitspielt oder sich nicht mehr an den vereinbarten Preis halten will. Wer sich auf eine Reservierungsvereinbarung einlässt, sollte sie also sehr genau durchlesen.
Gerade bei begehrten Objekten stehen Interessenten also unter hohem Druck, mehr zu zahlen als sie eigentlich vorhatten. Umso wichtiger ist es, den eigenen Finanzierungsrahmen von vornherein festzustecken - und sich dann auch daran zu halten. "Es ist bitter, wenn die Traumimmobilie wieder verloren geht, weil ihre Finanzierung nicht zu schultern ist", schreibt "Finanztest".
Verhängnisvolle Klauseln erkennen
Viele Fallstricke in Verträgen sind für Laien gar nicht erkennbar. Dass eine Wohnung reserviert wird, heißt nicht, dass man sie am Ende auch bekommt. Dass ein Haus zu einem bestimmten Zeitpunkt "bezugsfertig" ist, heißt nicht, dass bis dahin alle Arbeiten abgeschlossen sein müssen. Die Innenräume müssen lediglich in bewohnbarem Zustand sein.
Nun werden die Regeln im Moment bekanntlich oft nach der Devise "friss oder stirb" diktiert. Wenn ein Interessent nicht mitspielen will, kommt eben der nächste zum Zuge. Trotzdem empfiehlt die Stiftung Warentest, Verträge rechtlich prüfen zu lassen. So wissen die Unterzeichnenden wenigstens, worauf sie sich einlassen und welche Hindernisse auf sie zukommen könnten.
Quelle: ntv.de, ino