Ratgeber

Staatsfonds statt buckeln bis 68 Kommt jetzt die Aktien-Rente?

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Vor allem Rentner in Skandinavien haben gut lachen.

(Foto: imago/Westend61)

Dass die umlagefinanzierte Rente hierzulande auf wackeligen Beinen steht, hat sich herumgesprochen. Genau wie die Riester-Rente. Zeit also für die eine oder andere Reform. Ein Blick in die Nachbarländer zeigt: Aktien können - staatlich verordnet - eine stabilisierende und gewinnbringende Option sein.

Gerade sorgt ja die Rente mit 68 für Angst und Schrecken. Denn die Aussicht, ein Jahr länger für die ohnehin mageren Bezüge im Alter buckeln zu müssen, sorgt bei den wenigsten für Heiterkeit. Entsprechende Experten-Empfehlungen werden denn auch von derzeit verantwortlichen Politikern umgehend vom Tisch gewischt.

Was bleibt, ist allerdings das Problem, dass es in Zukunft in Deutschland immer mehr alte und im Gegenzug viel zu wenige junge Menschen geben wird. Anders ausgedrückt, es fehlt an Beitragszahlern. Im Schnitt beziehen Senioren hierzulande 20 Jahre Rente. Das sind 5 Jahre mehr als noch 1990. Zu Zeiten der Kanzlerschaft Konrad Adenauers (1949 bis 1963) kamen auf einen Rentner noch sechs Beitragszahler. Heute sind es nur noch um die zwei. Dass dadurch ein umlagefinanziertes Rentensystem vor größeren Problemen steht, bedarf keiner weiteren Erklärung. Allerdings scheint es nur drei Lösungen zu geben: Das Rentenalter anzuheben, die Beitragszahlungen zu erhöhen oder die Leistungen zu reduzieren.

Eine massive Erhöhung der Rentenbeiträge, um des Problems Herr zu werden, kommt für die Politik nicht infrage. Genau wie das Rentenniveau abzusenken. Zu groß ist die Sorge vor dem Zorn der Wähler. So verhielt es sich auch schon bei der Reform der Rentenversicherung im Jahr 2001. Stattdessen wurden de facto Rentenkürzungen beschlossen und eine staatlich geförderte private Vorsorge installiert. Doch leider ist auch die mittlerweile mehr oder weniger gescheitert.

Bürger zwischen Sorge vor Altersarmut und Angst vor Aktien

Und der Bürger? Der ist vor allem wegen seiner finanziellen Absicherung besorgt. Aber auch berechtigterweise etwas genervt. Von der Politik. Denn die informiert zwar seit Jahrzehnten ihre Wähler über die ungute Entwicklung, Lösungsansätze waren aber bestenfalls Stückwerk. Eine Reform ist dringend vonnöten. Denn das derzeitige Rentensystem leidet eben nicht nur unter Beitragszahlerschwund, sondern kann sein Geld auch nicht wirklich rentabel anlegen. Wobei letzterer Gedanke nur theoretischer Natur ist, denn angelegt kann gar nichts werden, da die Beiträge ja umgehend an die derzeitige Rentnergeneration ausgezahlt werden. Bezuschusst durch gut 100 Milliarden Euro Steuergeld vom Bund - jährlich.

Was sich ja jetzt vielleicht ändern könnte. Geistert doch bereits seit einigen Jahren auch hier die Idee eines Staatsfonds durch die Lande. "Deutschland-Fonds" oder "Deutschland-Rente" wurde die Überlegung dreier hessischer Minister von CDU und Grünen, die für mehr Geld im Alter sorgen soll, ebenfalls in Form einer kapitalgedeckten Altersvorsorge, genannt. Im Gegensatz zur Riester-Rente soll es keine renditehemmende Garantie geben und deutlich geringere Kosten sollen anfallen. Ermöglicht soll das dadurch werden, dass der Fonds auf Selbstkostenbasis und ohne Gewinnerzielungsabsicht von einer öffentlichen Stelle verwaltet werden soll. Zudem sollen dem Sparer flexible Lebenszyklenmodelle, die sowohl frei wählbare Investitionen in Aktien und/oder Anleihen erlauben, möglich sein - mutmaßlich in Form von Indexfonds (ETFs). Genau wie die Riester-Rente soll der Vorsorgefonds freiwillig sein. Allerdings müssten sich Arbeitnehmer explizit gegen den "Deutschland-Fonds" aussprechen, ansonsten würden die Beiträge automatisch vom Arbeitgeber abgeführt. In Schweden wird ein solches Modell bereits erfolgreich praktiziert. Mit dem Unterschied, dass die zusätzliche private Altersvorsorge hier Pflicht ist.

Verbraucherschützer sind von der Idee überzeugt und fordern ähnliche Konzepte. Auch weitere Teile von CDU und Grünen sprechen sich mittlerweile für eine sogenannte Aktienrente aus. Ob die dann freiwillig ergänzend oder doch aus Bestandsteilen des Rentenbeitrages gespeist werden soll, ist noch nicht abschließend geklärt. Dabei sind derartige Ideen nicht neu - gab es doch bereits vor Jahren Bestrebungen, ein unter der Ägide der Deutschen Rentenversicherung stehendes "Vorsorgekonto" einzuführen, welches eben deutlich günstiger, transparenter und auch renditestärker sein sollte. Doch die Idee wurde abgelehnt - wohl nicht zuletzt auf Betreiben der Versicherungswirtschaft, welche um ihre Pfründe fürchtet - um nun in leicht veränderter Form wiederbelebt zu werden.

Direkt an der Quelle investieren

Der eine oder andere Leser mag nun den Hinweis geben, dass es zwischen der Aktienanlage und dem deutschen Bürger/Staat so etwas wie eine natürliche Abneigung zu geben scheint. Anders lässt sich die mickrige Aktienkultur in der Bundesrepublik nicht erklären. Motto: Sicherheit zuerst. Auch wenn das dann eben mit Sicherheit gegen die Wand bedeutet. Aber wen wundert das in einem Land, in dem sowohl Bundesarbeits- als auch Finanzminister fast schon stolz verkünden, sie würden nicht in Aktien investieren. Stattdessen dümpeln deren üppige Bezüge auf dem Girokonto oder in anderen festverzinslichen Sparprodukten rum. Das nennt sich dann wohl bürgernah - und schürt die Ressentiments gegen eine Aktienanlage weiter.

Was verwundert. Denn eigentlich sollte gerade den Verantwortlichen von Wirtschafts- und Finanzressort klar sein, dass der Staat ohne das Einkommen seiner Bürger, die vornehmlich ihr Geld in privaten, steuerzahlenden Unternehmen verdienen, keine Einnahmen generieren kann. Da kann der Gedanke, sich eben auch an solchen Arbeitgebern finanziell zu beteiligen, eigentlich gar nicht so verkehrt sein. Bekannterweise nehmen Sparer jedweder Couleur aber dennoch meist lieber den Umweg über Staatsanleihen oder Ähnliches, statt ihr Geld direkt an der Quelle zu investieren. Nämlich in Unternehmen. Oder anders ausgedrückt, Alterseinkommen sollte möglichst aus allen Quellen des Volkseinkommens und eben nicht nur aus den Arbeitseinkommen gespeist werden.

Dass derartige Aktienanlagen keine Einbahnstraße und durchaus mit Risiken verbunden sind, sollte klar sein. Wird die Sache aber seriös und langfristig betrieben, sind durchaus solide Renditen zu erwirtschaften. Bei den oben genannten Konzepten geht es auch nicht darum, mit dem gesamten Rentenbeitrag am Aktienmarkt zu spekulieren. Sondern nur einen Teil davon ergänzend, langfristig und weltweit an der Börse einzusetzen, um eben höhere Erträge zu erzielen.

Ein Blick über den Tellerrand kann bekanntlich nie schaden und soll an dieser Stelle gewagt werden. Vor allem die Skandinavier, aber auch die Niederländer bieten hier Modelle, die Deutschland als Vorbild dienen könnten. Als da wären:

Die Norweger

Der Staat zeigt sich großzügig. Legt er doch Teile der Öleinnahmen des Landes für seine Bürger in einem Fonds an. Für schlechte Zeiten, wenn die Ölquellen mal nicht mehr so sprudeln oder Öl als Energielieferant ausgedient hat. Dafür muss der Norweger auch nichts weiter tun, als eben Norweger zu sein. Der Mischfonds (bis zu 70 Prozent weltweite Aktien, bis zu 30 Prozent globale Anleihen, bis zu 7 Prozent Immobilien) sorgt dafür, dass jeder Bürger derzeit eine garantierte Rente von umgerechnet 1600 Euro monatlich erhält. Das ist sozusagen die Grundsicherung.

Zusätzlich muss aber auch noch in die staatliche Rente eingezahlt werden, die ans Gehalt gekoppelt ist. Und außerdem müssen die Arbeitgeber mindestens zwei Prozent des Lohns der Arbeitnehmer in eine Art Betriebsrente investieren, die in Fonds anlegt. Und auch diese verfügbaren Produkte haben in der Regel globale Aktien als Schwerpunkt und erreichten in der Vergangenheit durchschnittliche jährliche Renditen von fünf bis sechs Prozent. Das erfolgreichste derartige Pensionsprodukt hat seit 2005 eine jährliche Rendite von rund acht Prozent erwirtschaftet.

Die Schweden

Das schwedische Rentensystem stützt sich ebenfalls auf drei Pfeiler, auch ganz ohne sprudelnde Ölquellen: die staatliche Regelaltersrente, die Betriebsrente vom Arbeitgeber, welche die meisten Rentner erhalten, und zusätzlich private Ansparungen auf die Rente. Wobei Letztere aus dem 18,5-prozentigen Rentenbeitragssatz mit 2,5 Prozent automatisch gespeist werden. Diese werden am Kapitalmarkt investiert. Arbeitnehmer wählen selbst, ob sie das Geld in bestimmten Fonds platzieren möchten oder ob sie es im staatlich ausgewählten Fonds AP7 Såfa belassen. Mehr als die Hälfte der Bürger legt ihr Geld so im 66 Milliarden Euro großen und stark aktienlastigen Staatsfonds an. Und das ziemlich erfolgreich. In den vergangenen zehn Jahren schaffte der eine durchschnittliche jährliche Rendite von mehr als 14 Prozent.

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Die Niederländer

Auch beim direkten Nachbarland lohnt ein Blick aufs dortige Rentensystem. Die Niederlande zeichnen sich durch einen Mix von Umlagefinanzierung und kollektiven Sparregimen einerseits sowie individueller und kollektiver Verantwortlichkeit andererseits aus. Niederländer erhalten neben einer bedingungslosen Grundrente (unabhängig davon, ob jemals Beiträge gezahlt wurden, bekommt jeder 45 Prozent seines Durchschnittslohns und mindestens 70 Prozent des Mindestlohns für einen Alleinstehenden) Einkünfte aus einer verpflichtenden betrieblichen Altersvorsorge. Auch diese basieren zum großen Teil auf Fondsprodukten, die am Kapitalmarkt investieren. Schließlich kann die Rente durch eine private, freiwillige Altersvorsorge aufgestockt werden.

Quelle: ntv.de

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