EuGH nimmt Banken in die Pflicht Kontaktloses Zahlen wird für Kunden sicherer
11.11.2020, 15:21 Uhr
In der Regel können bis zu 25 Euro ohne Überprüfung abgebucht werden.
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Mit NFC-Bankkarten lässt sich kontaktlos bezahlen, bei kleineren Beträgen gibt es dann keine PIN-Abfrage mehr. Meldet ein Verbraucher den Verlust der Karte, dürfen für ihn keine nachfolgenden Schäden entstehen. Der Europäische Gerichtshof widerspricht damit den Behauptungen eines Kreditinstituts.
Beim Verlust einer Bankkarte mit kontaktloser Bezahlfunktion hat der Europäische Gerichtshof die Verbraucher in der EU gestärkt. Dem Urteil zufolge trägt der Kunde nicht das Risiko für Zahlungen, die vorgenommen werden, nachdem er das Abhandenkommen einer Karte bei der Bank gemeldet hat. Diese könne nicht einfach behaupten, dass es technisch unmöglich sei, die sogenannte Nahfeldkommunikationsfunktion (NFC) für das kontaktlose Zahlen zu sperren, urteilten die Luxemburger Richter. Banken verlangen in der Regel beim kontaktlosen Bezahlen mit NFC-Karten oder einem Smartphone bei Beträgen bis zu 25 Euro keine Eingabe eines PIN-Codes.
Hintergrund ist eine Klage des österreichischen Vereins für Konsumenteninformation (VKI) gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für NFC-Karten der DenizBank. Darin schließt die Bank unter anderem ihre Haftung für nicht autorisierte Zahlungen aus. Zudem weist sie darauf hin, dass der Kontoinhaber beim Verlust der Karte das Risiko eines NFC-Missbrauchs trägt, und dass die Sperrung dieser Funktion beim Verlust der Karte nicht möglich sei. Im Prozess vor dem Obersten Gerichtshof Österreichs bestritt die DenizBank "das Vorbringen des VKI, dass eine solche Sperrung technisch möglich sei", dem EuGH zufolge hingegen nicht.
"Keine finanziellen Folgen für den Kunden"
Die Luxemburger Richter stellten nun klar, dass es sich beim kontaktlosen Zahlen zwar um ein anonymisiertes Zahlungsinstrument im Sinne der entsprechenden EU-Richtlinie handele und dies der Bank Haftungserleichterungen ermögliche. Aber die Bank könne nicht einfach behaupten, das Sperren der Karte sei technisch unmöglich, obwohl dies nachweislich falsch sei. Der Kunde müsse den Verlust oder die missbräuchliche Verwendung der Karte unverzüglich und kostenlos melden können. Nach dieser Meldung dürften keine finanziellen Folgen für den Kunden entstehen - es sei denn, er habe in betrügerischer Absicht gehandelt.
Die Übertragung von Bezahldaten via NFC gilt generell als sicher und ausgereift. Da der Abstand der Bankkarte oder eines Smartphones zum Bezahlterminal nur wenige Zentimeter betragen darf, kann der übertragene Datensatz ("Token") nicht aus der Ferne abgefangen werden. Das unterscheidet NFC von der Funktechnik Bluetooth. Außerdem ist der verschlüsselt übertragene Token nur für diesen einen Bezahlvorgang gültig und kann nicht mehrfach verwendet werden.
Einfach gegen Angriffe wehren
Da die Banken für kleinere Summen bis 25 Euro keine Eingabe einer PIN am Kassenterminal verlangen, ist es zumindest theoretisch möglich, dass Angreifer selbst eine nicht autorisierte Zahlung auslösen. Dazu müssten sie sich der NFC-Karte des Opfers mit einem kleinen Mobilterminal unbemerkt bis auf wenige Zentimeter nähern, etwa im Gedränge einer U-Bahn. Diese Angriffsmethode kann allerdings wirksam ausgehebelt werden, indem man eine NFC-fähige Kredit- oder Girokarte zusammen mit anderen zusammen im Portemonnaie aufbewahrt, da sich mehrere NFC-fähige Karten gegenseitig blockieren. Das funktioniert auch mit dem neuen Personalausweis mit NFC-Funktion.
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hält es deshalb für "unwahrscheinlich", dass Karten "im Vorbeigehen" abgegriffen werden. Wer einen unbefugten Zahlungsvorgang durch NFC befürchtet, kann seine Kredit- oder Girokarte auch in eine Abschirmhülle stecken, die Kommunikation durch NFC unterbindet. Zum Bezahlen via NFC müsste die Karte dann stets aus der Hülle entnommen werden.
Quelle: ntv.de, mdi/dpa