Ekelerregend oder unbedenklich? Matratzen-Streit landet vor EuGH
15.11.2017, 12:41 Uhr
Für den Kauf versiegelter Waren, die aus Gründen der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, schließt das Gesetz ein Widerrufsrecht aus.
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Verbraucher können im Internet gekaufte Waren in der Regel zurückschicken. Doch versiegelte Hygieneartikel sind Ausnahmen. Das Streitobjekt beim Bundesgerichtshof: eine Matratze in Schutzfolie. Der Fall wird nach Luxemburg weitergereicht.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat seine Entscheidung über die Rücksendung von Waren nach dem Kauf im Internet dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt (Az.: VIII ZR 194/16).
In dem Fall geht es um eine Matratze, die ein Mann zum Preis von 1094,52 Euro gekauft hatte und wieder zurückgeben wollte. Da er die Schutzfolie entfernt hatte, verweigerte ihm der Online-Shop den Widerruf. Für den Kauf versiegelter Waren, die aus Gründen der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, schließt das Gesetz ein Widerrufsrecht aus, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.
Aus Sicht der BGH-Richter stellten sich vor allem zwei Fragen, nämlich welche Anforderungen an eine Versiegelung zu stellen sind und wie weit der Ausschluss des Widerrufsrechts aus Hygienegründen gehen soll.
Generell können Verbraucher einen im Internet abgeschlossenen Vertrag innerhalb bestimmter Fristen widerrufen. Für manche Fälle ist dieses Recht aber ausgeschlossen. Dazu zählt der Kauf versiegelter Hygieneartikel. In Paragraf 312g des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) heißt es: "Das Widerrufsrecht besteht (...) nicht bei (...) Verträge(n) zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde."
Die Regelung basiert auf der EU-Richtlinie zu Verbraucherrechten. Das Landgericht Mainz hatte dem Kläger, der die Rücksendekosten in Höhe von 95,59 Euro vom Online-Shop ersetzt haben wollte, Recht gegeben. Entscheidend sei, ob hygienische Gründe einer Wiederveräußerung der Ware durch den Unternehmer entgegenstünden. Da eine Matratze gereinigt werden könne, sei ein Weiterverkauf möglich. Das Widerrufsrecht dürfe daher nicht ausgeschlossen werden.
Verbraucherschützer weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es bei Produkten, die mit der Intimsphäre zu tun haben, unstrittig ist, dass diese nicht zurückgegeben werden können - beispielsweise Zahnbürsten und Nasenhaarschneider. Waren aus dem Bereich der Privatsphäre könnten dagegen auch nach dem Auspacken noch zurückgegeben werden - etwa Kissen, Bettzeug oder ein Schlafsack. Als Abgrenzung sei die Frage hilfreich: "Wo wird es für den Durchschnittsverbraucher ekelerregend?" Letzteres hat nun der EuGH zu entscheiden.
Quelle: ntv.de, awi/dpa