Ratgeber

"Teils explodiert die Situation" Mieterbund warnt vor Wohnungsnot

Häuserzeile in München. Hier sind hohe Mieten nicht neu, in den letzten Jahren wurde es aber noch einmal deutlich teurer.

Häuserzeile in München. Hier sind hohe Mieten nicht neu, in den letzten Jahren wurde es aber noch einmal deutlich teurer.

(Foto: dpa)

Jahrelang staunten deutsche Großstädter ungläubig über Mietpreise in ausländischen Metropolen. Inzwischen hat sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt auch hier vielerorts deutlich verschärft. Die Probleme waren abzusehen, sagt der Deutsche Mieterbund und fordert entschiedenes Handeln.

Deutschland hat aus Sicht des Deutschen Mieterbunds mit einer neuen Wohnungsnot zu kämpfen. "Die Menschen können das Wohnen zum Teil nicht mehr bezahlen", sagt Präsident Franz-Georg Rips. Er fordert jährlich zusätzliche zehn Milliarden Euro aus staatlichen Mitteln, um den Neubau zu fördern und steigende Mieten abzufangen. Notwendig seien Steuererleichterungen für Bauherren, ein höheres Wohngeld und Zuschüsse für Energiespar-Sanierungen. Mietsteigerungen müssten gedämpft werden.

In Großstädten, Ballungszentren und an Hochschulstandorten fehlten 250.000 Wohnungen berichtet der Verband unter Berufung auf eine Untersuchung des Pestel-Instituts Hannover.  Pro Jahr seien 140.000 neue Wohnungen notwendig - doppelt so viele wie bisher. Steuerliche Maßnahmen könnten den Wohnungsbau ankurbeln: Bauherren sollten künftig vier statt bisher zwei Prozent der Kosten jährlich steuerlich abschreiben können, forderte Rips. Notwendig sei auch, die Innenstädte dichter zu bebauen.

Belastung ist deutlich höher als früher

Für die Wohnungsknappheit gibt es mehrere Gründe: Zum einen gibt so viele Einpersonenhaushalte wie nie, jeder fünfte lebt allein, hat das Statistische Bundesamt errechnet. Zum anderen zieht es viele in die Städte, vor allem Besserverdiener. Das macht Wohnungen rar – und teuer.

Die Wohnkostenbelastung der Haushalte sei auf Rekordniveau, so der Mieterbund. 2011 entfielen demnach 34,4 Prozent der Konsumausgaben der Haushalte auf Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung. Vor zehn Jahren waren es 32 Prozent. Empfänger niedriger Einkommen müssten teils die Hälfte ihrer Einkünfte in Miete und Nebenkosten investieren. Deshalb seien 100.000 neue Sozialwohnungen pro Jahr nötig. Von einst acht Millionen Sozialwohnungen sind laut Rips etwa 1,6 Millionen übrig geblieben. Mehr als sechs Millionen Haushalte hätten nach geltendem Recht aber Anspruch auf diese Wohnungen.

Bei Neuvermietungen wird zugelangt

Als Erfolg wertete Rips, dass SPD, Grüne und Linkspartei in ihren Programmen zur Bundestagswahl Kappungsgrenzen für den Anstieg der Miete bei Wiedervermietungen aufgenommen hätten. Bei neuen Wohnungen und Wiedervermietungen gebe es stellenweise eine "explodierende Situation". So seien beispielsweise in Konstanz, München, Hamburg und in Teilen von Berlin Mietpreissteigerungen von 20 bis 40 Prozent zu verzeichnen.  Dabei haben die Vermieter weitgehend freie Bahn: Nur wenn die geforderte Miete mehr als 50 Prozent über dem örtlichen Mietspiegel liegt, kann das rechtlich als Mietwucher geahndet werden. "Die Wiedervermietungsmieten von heute sind die Vergleichsmieten von morgen", warnt Rips.

Der Mieterbund fordert deshalb, den Anstieg der Wiedervermietungsmieten gesetzlich bei zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete zu deckeln. Außerdem müsse das Wohngeld als Zuschuss zur Miete um zehn Prozent erhöht werden. In bestehenden Verträgen sollten Vermieter außerdem künftig maximal 15 Prozent in vier Jahren aufschlagen dürfen. Bislang sind es 20 Prozent in drei Jahren, seit kurzem dürfen die Länder Ausnahmeregelungen treffen.

Staat soll Förderung aufstocken

Die Kosten für energetische Sanierungen sollen Mieter, Vermieter und der Staat zu gleichen Teilen stemmen. Im Moment können Eigentümer jährlich bis zu elf Prozent der Kosten auf die Mieter umlegen. Neuerdings lassen sich die Sanierungen auch nicht mehr mit dem Hinweis auf unzumutbare Härte stoppen. Rips sagte, der Staat müsse seine Förderung für die Energiewende von 1,8 Milliarden Euro auf 5 Milliarden Euro aufstocken. Viele Ausgaben für den Wohnungsbau würden sich durch zusätzliche Steuereinnahmen refinanzieren, argumentierte er.

Das Problem der Wohnungsnot beschränke sich auf bestimmte Städte, betonte der Mieterbund. "Es gibt unglaublich viele entspannte Wohnungsmärkte, sie sind sogar in der Mehrzahl." In Städten wir Salzgitter oder Chemnitz etwa stand zuletzt jede zehnte Wohnung leer, wie die Beratungsfirma Empirica ermittelte. Der Staat dürfe aber die Infrastruktur in schrumpfenden Regionen aber nicht vernachlässigen, so der Mieterbund.

Quelle: ntv.de, ino/dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen