Digitale Vermögensverwaltung Nur ein Hype oder die Lösung der Probleme?
23.05.2021, 08:30 Uhr
Es gibt keine Garantie, dass ein Robo-Advisor stets die besseren Erträge erwirtschaftet als ein klassischer Berater in der Bank.
(Foto: dpa-tmn)
Minuszinsen und jetzt auch noch die Inflation: Sparen macht keinen Spaß mehr. Können Robo-Advisors das verloren gegangene Vertrauen wiederherstellen - und die Renditehoffnungen der Anleger erfüllen?
Geldanlage ist Vertrauenssache. Heute gilt das mehr denn je. Die Banken und Finanzskandale der vergangenen Monate und Jahre reichen nicht nur für mehrere reißerische Thriller, sie haben auch das ohnehin schon angekratzte Vertrauen vieler Menschen in die Bankenbranche noch weiter geschmälert.
Statt sich in Kapitalmarktfragen beraten zu lassen, setzen viele Anleger daher auf Festverzinsliches - und mussten sich daran gewöhnen, dass Festgeld fast keine Zinsen mehr abwirft und auf dem Tagesgeldkonto das Ersparte vielfach mit Minuszinsen belegt wird.

Max Herbst ist Inhaber der FMH-Finanzberatung, die seit 1986 unabhängige Zinsinformationen erstellt.
Langsam aber wird die Sache kritisch. Denn während die moderate Inflationsrate der vergangenen Jahre eine allzu rasante Geldentwertung noch verhinderte, zieht die Teuerung nun spürbar an. Aktuell liegt der Wert in Deutschland bei zwei Prozent; Experten gehen aber davon aus, dass wir kurzfristig auch drei oder mehr Prozent Inflation erleben können.
Wer nicht tatenlos zusehen will, wie die Zeit sein Geld verbrennt, braucht daher Alternativen. Eine interessante Option kann es derart sein, statt eines menschlichen Beraters bei der Geldanlage die Dienste eines Robo-Advisors in Anspruch zu nehmen. Der Begriff steht für verschiedene Computerprogramme, die das Geld von Kunden standardisiert für sie verwalten. Zwar können die Sparer bestimmte Vorlieben und Präferenzen angeben. Am Ende aber agiert das Programm auf Basis eines Algorithmus. Das hat diverse Vorteile.
Menschliche Schwächen spielen keine Rolle
Während Berater aus Fleisch und Blut oft die eigenen mit den Kundeninteressen vermengen und Geldanlagen zumindest auch unter Provisionsgesichtspunkten vertreiben, entfällt dieses Problem bei einem Robo-Advisor. Zudem ist eine künstliche Intelligenz (KI) unempfänglich für Stimmungen. Statt "aus dem Bauch heraus" zu agieren, trifft sie ihre Anlageentscheidungen auf Basis von Daten und der Vorgaben des Kunden.
Vorteilhaft ist es auch, dass der für einen Robo-Advisor deutlich weniger zahlen muss, als für einen Fondsmanager aus Fleisch und Blut - und dass es in der Regel keine Mindesteinlagen gibt. Wer erste Gehversuche am Kapitalmarkt unternehmen will, kann dies also tun, auch ohne direkt mit großen Beträgen zu hantieren.
Nicht jeder wird durch Robos reich
Bei aller Euphorie muss allerdings auch gesagt werden: Es gibt keine Garantie, dass ein Robo-Advisor stets die besseren Erträge erwirtschaftet als ein klassischer Berater in der Bank. Gerade im Moment, in dem die Hoffnung auf ein Ende der Pandemie in vielen Bereichen einen wahren Boom auslöst, können Indexfonds oder auch aktiv gemanagte Fonds auch eine bessere Performance aufweisen. Ein Blick auf die Ergebnisse des Jahres 2020 belegt jedoch, dass sich die meisten Robo-Advisors mit ihren Zahlen keineswegs verstecken müssen. Wenn man die etwas riskanteren, aktienaffinen Anlagetypen betrachtet, lassen sich aktuell richtig gute Renditen erzielen.
So erwirtschaftete der Spitzenreiter, der Vividam von Finet, ein aktiv gemanagter Fonds, selbst in nachhaltigen Anlagen knapp 19 Prozent Rendite. Nicht nur im Vergleich mit dem Minuszins auf dem Tagesgeldkonto ist das ein traumhafter Wert: Selbst der Goldstandard in Sachen Indexfonds, der große ETF MSCI World schaffte im Krisenjahr 2020 "nur" eine Rendite von 13,5 Prozent.
Risikobereitschaft entscheidet über Rendite
Spitzenwerte wie Vividam können zwar nicht alle Anbieter erzielen. Die durchschnittliche Performance 2020 bei den risikoreicheren Robo-Advisors liegt aber immerhin bei 5,19 Prozent. Doch es gibt auch Ausreißer nach unten: Insgesamt reichte die Spanne von besagten 18,96 Prozent bis zu minus 2,36 Prozent.
Betrachtet man den April 2021 variieren die Renditen ebenfalls stark. Der Spitzenreiter erzielte in diesem Zeitraum 11,37 Prozent, der schlechteste Anbieter 1,05 Prozent - die Durchschnittsrendite liegt bei 8,71 Prozent.
Bei der Anlagestrategie mit sehr wenig Risiko (vor allem sichere Anleihen) reichte die Wertentwicklung im April 2021 von 3,05 bis minus 1,54 Prozent; im Mittel erzielten die Robos aber immer noch plus 0,50 Prozent. Wer den Mittelweg zwischen risikoreich und sicheren Anleihen wählte, hätte Renditen zwischen 8,23 und minus 0,53 Prozent erzielt - im Mittel aber ansehnliche 4,50 Prozent erwirtschaftet.
In jedem Fall besser als Festverzinsliches
Damit steht auch fest: Robo-Advisors sind allemal besser, als Geld auf dem Tagesgeldkonto zu verbrennen. Zumindest in der aktuellen Marktphase. Zudem sind sie ein guter Einstieg für alle, die zum ersten Mal ihr Geschick am Kapitalmarkt versuchen wollen, indem sie es einem Computer überlassen, mehr aus seinem Geld zu machen. Eine Garantie für einen Anlageerfolg geben aber auch die Robos nicht- das wäre zu schön, um wahr zu sein.
Dafür aber können selbst Anleger mit kleinerem Budget mitmachen: Sparpläne und Einmalanlagen sind bereits ab einem Euro möglich. Manche Anbieter wollen die Schwelle so gering wie möglich machen. Ich finde zwar, 25 Euro im Sparplan und 250 Euro als Einmalanlage sollten es schon sein, um eine verwertbare Anlageerfahrung zu erhalten und sich mit den Märkten und der Arbeitsweise der Maschinen vertraut zu machen. Und wer einen guten Anbieter aussucht, kann sich meist auch über sehr ansehnliche Renditen freuen - und dafür gibt es verschiedene Vergleichsportale.
Robo-Advisor Vergleich auf der Seite der FMH-Finanzberatung mit 30 Anbietern.
Robo-Advisor Vergleich auf ntv.de mit sechs Anbietern.
Max Herbst ist Inhaber der FMH-Finanzberatung, die seit 1986 unabhängige Zinsinformationen erstellt.
Quelle: ntv.de