Recht verständlich Trainer fliegt wegen Spannerfilm
24.11.2017, 20:59 Uhr
Jeder Mensch hat laut Gesetz das Recht auf Anonymität. Wird ungefragt ein Foto oder Film einer anderen Person gemacht, können die Persönlichkeitsrechte verletzt sein.
(Foto: imago/blickwinkel)
Ein angestellter Radsport-Trainer des Olympiastützpunktes filmt heimlich Sportlerinnen in der Damenumkleide. Sein Arbeitgeber wirft ihn fristlos raus. Zu Recht?
Das Arbeitsgericht Berlin entschied kürzlich den Fall eines Trainers für Radsport, der heimlich Sportlerinnen mit einer eigens dafür installierten versteckten Kamera beim Umziehen filmte (Az.: 24 Ca 4261/17). Der Arbeitgeber hatte deshalb fristlos den Arbeitsvertrag gekündigt.
Das Arbeitsgericht Berlin bestätigte im Ergebnis die Wirksamkeit der Kündigung. Bei diesem Fall kam es zum einen darauf an, ob das Fehlverhalten des Trainers ohne vorherige Abmahnung zu einer fristlosen Kündigung des Arbeitsvertrages als Trainer berechtigt. Zum anderen, ob der Arbeitgeber die für eine fristlose Kündigung erforderliche Zwei-Wochen-Frist ab Kenntnis des Kündigungsgrundes eingehalten hat. Innerhalb dieser Frist muss die Kündigung zugestellt werden. Wird sie versäumt, ist allenfalls noch eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der individuellen Kündigungsfrist möglich.
Zum ersten Punkt bestätigte das Arbeitsgericht Berlin wenig überraschend, dass das Verhalten des Trainers eine so schwerwiegende Pflichtverletzung darstellt, dass auch ohne vorherige Abmahnung eine fristlose Kündigung des Arbeitsvertrages zulässig ist. Hier ist einem Arbeitgeber, der auch die Sportlerinnen schützen muss, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses keinen Tag länger zuzumuten und ein verständiger Arbeitnehmer kann bei einem solchen Sachverhalt nicht mehr davon ausgehen, dass der Arbeitgeber "noch einmal ein Auge zudrücken" und eine Abmahnung aussprechen wird.
Die zweite Frage, ob die Zwei-Wochen-Frist ab Kenntnis des Arbeitgebers von den Kündigunggründen eingehalten wurde, war hier nicht einfach zu beurteilen. Denn der Arbeitgeber hatte erst Einsicht in die staatsanwaltliche Ermittlungsakte nehmen wollen – die Staatsanwaltschaft ermittelte in diesem Fall gegen den Trainer in strafrechtlicher Hinsicht und gewährte erst auf mehrfache Anträge und Nachfragen Akteneinsicht. Das Arbeitsgericht urteilte aber, dass der Arbeitgeber erst nach Einsicht in die Ermittlungsakten von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis erlangen konnte, so dass auch erst dann die zweiwöchige Frist nach Paragraf 626 Absatz 2 BGB begonnen habe. Da der Arbeitgeber dann innerhalb von zwei Wochen nach Akteneinsicht die fristlose Kündigung zugestellt habe, sei dies auch fristgerecht erfolgt.
Arbeitgeber sollten sich hierauf in der Praxis jedoch nicht ohne Weiteres verlassen, zumal es immer Einzelfallentscheidungen sind und es dann auch wesentlich darauf ankommen kann, was der Arbeitgeber alles ohne die Ermittlungsakten wusste oder auch hätte selbst ermitteln können. Das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Berlin ist auch noch nicht rechtskräftig. Arbeitgeber sollten zudem auch immer an die Möglichkeit einer sogenannten Verdachtskündigung denken, die auch fristlos zulässig ist. Danach kann ein Arbeitgeber auch ohne lückenlosen Beweis aufgrund eines konkreten Verdachts wirksam kündigen, wenn er alle objektiven Tatsachen ermittelt und den betroffenen Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung zu den Vorwürfen angehört hat.
Rechtsanwältin Dr. Alexandra Henkel MM ist Partnerin der Kanzlei FPS.
Quelle: ntv.de