Schlappe für Kunden Versicherungen dürfen Kursgewinne behalten
13.07.2017, 12:03 Uhr
Die Reform der Lebensversicherung sorgt weiter für Streit - nun auch vor Gericht.
(Foto: imago/Christian Ohde)
Für Lebensversicherungskunden geht es um bares Geld. Das Landgericht Düsseldorf entscheidet, ob die Versicherer die Ausschüttung von Bewertungsreserven kappen dürfen oder nicht. Im Kern geht es um die Frage, ob die gesetzlich verordnete Beschränkung rechtens ist.
Lebensversicherungen dürfen ihre Bewertungsreserven - also Kursgewinne aus der Anlage von Wertpapieren - weitgehend behalten und müssen sie nur in geringem Umfang an die jetzt ausscheidenden Kunden ausschütten. Das hat das Landgericht Düsseldorf entscheiden und eine Klage des Bundes der Versicherten (BdV) gegen die Victoria-Versicherung im Ergo-Konzern zurückgewiesen. Der BdV kündigte an, gegen die Entscheidung weiter rechtlich vorzugehen.
Das Landgericht erklärte, wegen der niedrigen Zinsen habe die konkrete Gefahr bestanden, dass einige Lebensversicherer ihre vertraglich zugesagten Garantiezinsen nicht mehr erwirtschaften konnten. Deshalb sei das Gesetz von 2014, das Ausschüttungen kappt, nicht zu beanstanden. "Es ist zu beachten, dass der Gesetzgeber durch diese Neufassung gewichtige Interessen des Allgemeinwohls verfolgte", hieß es in der Urteilsbegründung.
Der BdV dagegen hält die Rechtsänderung für verfassungswidrig. Weil die Kapitalgewinne mit den Geldern der Kunden erwirtschaftet worden seien, müssten sie daran beteiligt werden. Die Versicherung sei daher nicht berechtigt gewesen, die Beteiligung an den Bewertungsreserven zu kappen. Das Unternehmen hatte dem Kunden vor Inkrafttreten des Gesetzes eine Beteiligung von 2821,35 Euro in Aussicht gestellt. Später waren es nur noch 148,95 Euro.
Bewertungsreserven speisen sich aus Kursgewinnen etwa von Wertpapieren wie Aktien und festverzinslichen Papieren, aber auch von Immobilien. Sie sind in der Bilanz ausgewiesen, stehen also "in den Büchern". Buchgewinne kommen zustande, wenn der Marktwert der gehaltenen Papiere steigt. Die Buchwerte festverzinslicher Papiere, die Versicherer vor Jahren erworben haben, sind in der Zinsflaute deutlich gestiegen. Entsprechend hoch fiel die Beteiligung der Kunden aus. Die Bewertungsreserven sind Teil der Gesamtverzinsung am Ende der Vertragslaufzeit.
Zinsflaute trifft klassische Renten- und Lebensversicherungen hart
Die Zinsflaute trifft klassische Renten- und Lebensversicherungen besonders hart. Die Versicherer können die hohen Garantieversprechen der Vergangenheit kaum noch am Kapitalmarkt erwirtschaften. Um die Branche zu stabilisieren, trat Anfang August 2014 das Gesetz zur Reform der Lebensversicherung (LVRG) in Kraft. Seitdem dürfen die Assekuranzen Kursgewinne aus festverzinslichen Wertpapieren nur noch in dem Maße ausschütten, wie Garantiezusagen für die restlichen Versicherten sicher sind.
Zuvor hatten Unternehmen immer mehr hochprozentige Papiere verkaufen müssen, um scheidende Kunden an den üppigen Reserven zu beteiligen - zulasten der großen Mehrheit der anderen Versicherten, deren Verträge weiterlaufen. "Man hätte die Beteiligung an den Bewertungsreserven 2008 gar nicht einführen dürfen, weil es nicht der Logik des Lebensversicherungssparens entspricht", argumentiert Lars Heermann von der Ratingagentur Assekurata. Für Aktien und Immobilien gilt die gesetzlich verordnete Kappung nicht. Den größten Teil der Kundengelder legen Versicherer allerdings in festverzinslichen Papieren an, zum Beispiel Staatsanleihen.
Quelle: ntv.de, awi/dpa