Ratgeber

Umstrittene IGel-Leistungen Viel Werbung, wenig Aufklärung

Ärzte klären zu wenig auf, um mehr zu verdienen - so lautet der Vorwurf.

Ärzte klären zu wenig auf, um mehr zu verdienen - so lautet der Vorwurf.

(Foto: picture alliance / dpa)

Kann man seinem Arzt immer vertrauen? Bei den umstrittenen Selbstzahlerleistungen gilt das laut Verbraucherschützern nicht uneingeschränkt - Mediziner verkaufen sie vielfach allzu offensiv.

Bei den sogenannten individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL), die Ärzte ihren Patienten gegen Bezahlung anbieten, gibt es nach Ansicht von Verbraucherschützern erhebliche Defizite. Viele Patienten fühlten sich nicht ausreichend aufgeklärt und seien massiver Werbung ausgesetzt, wie aus einer in Berlin veröffentlichten Online-Umfrage hervorgeht. Ärztevertreter warnten vor pauschaler Kritik.

Laut der Umfrage der Verbraucherzentralen ist es besonders schlecht um die Aufklärung bestellt. Nur jeder vierte Befragte (23 Prozent) erinnerte sich daran, dass er vom Arzt über Risiken der Selbstzahlerleistungen aufgeklärt wurde. Über den individuellen Nutzen fühlte sich nur jeder Zweite (53 Prozent) informiert. Nur in jedem zweiten Fall gab es zudem eine ausreichende Bedenkzeit. Bei jedem Vierten fehlte vorab auch eine Kosteninformation und bei jedem Fünften gab es keine Rechnung.

"Viele Ärzte nutzen das Vertrauen der Patienten aus, wenn sie vom Helfer zum Verkäufer werden", kritisierte Gerd Billen, Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Er forderte die Bundesregierung auf, das geplante Patientenrechtegesetz nachzubessern und für IGeL-Leistungen strengere Regeln einzuführen. Rechtsverstöße müssten konsequent verfolgt werden. "Selbstzahlerleistungen sollen der Gesundheit dienen, nicht die Selbstbedienungsmentalität mancher Ärzte befeuern", erklärte Billen.

Milliardenumsätze

Mit individuellen Gesundheitsleistungen setzen Arztpraxen in Deutschland jährlich mindestens 1,5 Milliarden Euro um. Laut Umfrage verkaufen Ärzte Verbrauchern besonders häufig ein Glaukom-Screening auf Grünen Star, Ultraschall, den PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs und zahnärztliche Behandlungen. An der Online-Umfrage der Verbraucherzentralen beteiligten sich von April bis Juni mehr als 1700 Bürger.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, sieht in der Umfrage nur eine begrenzte Aussagekraft. Statt "diffuse Studien" zu veröffentlichen, sollte die Verbraucherschutzorganisation den Ärztekammern bei Verdachtsfällen besser Ross und Reiter nennen, forderte er. Zudem verwies er darauf, dass der Deutsche Ärztetag bereits 2006 klare Regeln für den Umgang mit IGeL beschlossen habe.

Der Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Roland Stahl, warnte davor, individuelle Gesundheitsleistungen per se zu verteufeln. Sie könnten im individuellen Einzelfall durchaus sinnvoll sein. Zudem verhielten sich Ärzte "in ihrer übergroßen Mehrheit nicht als Krämer", sondern berieten ihre Patienten ausreichend, erklärte Stahl.

IGeL-Leistungen müssen von Kassenpatienten selbst bezahlt werden. Der medizinische Nutzen ist aber häufig umstritten oder unklar. Kritikern zufolge führen viele IGeL-Untersuchungen zu falschen Befunden und damit zu unnötigen Eingriffen.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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