Verwirrende Zinsentwicklung Warum nur manche Darlehen teurer werden
12.06.2015, 09:49 UhrIn den Zinsmarkt kommt Bewegung. Bei der Baufinanzierung ziehen die Preise wieder an, einzelne Ratenkredite hingegen verbilligen sich. Woher die Unterschiede kommen – und warum Banken dennoch gute Geschäfte machen.
Eigentlich ist das Prinzip recht simpel. Wer sich Geld leiht, muss seiner Bank dafür Zinsen zahlen. Wie hoch der Satz liegt – und wie er sich entwickelt – hängt aber maßgeblich davon ab, was der Kunde auf Pump finanziert. Aktuell zum Beispiel werden Ratenkredite tendenziell billiger, Hypotheken hingegen verteuern sich und der Dispo verharrt auf seinem hohen Niveau, wie die Grafiken der FMH-Finanzberatung zur Zinsentwicklung verdeutlichen.
Diese Unterschiede sind auf den ersten Blick verwirrend. Sie erklären sich aber, wenn man weiß, wie die Banken die von ihnen vergebenen Darlehen refinanzieren – und welche Margen sie durch die Vergabe erwirtschaften.
Billiges Geld soll die Wirtschaft ankurbeln
Einfach ausgedrückt: Damit Banken Darlehen vergeben können, muss auf der anderen Seite des Systems ein Kunde Geld anlegen beziehungsweise die Bank Geldschöpfung vornehmen. Faustregel: In Zeiten, in denen viel gespart wird, werfen Guthaben kaum etwas ab, aber auch die Kreditzinsen sind niedrig. In Zeiten mit niedriger Sparquote ist es umgekehrt.
Allerdings verwenden die Institute für die Kreditvergabe nicht nur Kundengelder, sondern sie leihen sich auch Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) und erhöhen die Geldmenge durch eigene Geldschöpfung. Die Währungshüter dort wollen durch sehr niedrige Leitzinsen – zurzeit 0,05 Prozent - das Geld verbilligen, damit die Banken trotz ihrer eingepreisten Marge immer noch sehr günstige Konsumentenkredite vergeben.
Die Idee dahinter: Wenn Ratenkredite billig sind, werden sich, so hofft man, mehr Bürger verschulden und durch ihren Konsum die Wirtschaft ankurbeln. Genau entgegengesetzt ist die Strategie, wenn die Wirtschaft brummt und die Inflationsrate hoch ist. In solchen Zeiten erhöht die EZB normalerweise die Leitzinsen und verteuert damit die Refinanzierung für die Banken. Bei einer hohen Inflationsrate wollen die Anleger zudem höhere Anlagezinsen, was – auf der anderen Seite des Systems – auch den Kreditzins erhöht. Die Folge: Kunden überlegen Investitionen sorgfältiger und halten das Geld lieber zusammen.
Von Menschen und Margen
In der aktuellen Situation bedeutet das Folgendes.

Max Herbst ist Inhaber der FMH-Finanzberatung, die seit 1986 unabhängige Zinsinformationen erstellt.
Konsumentenkredite sind weiterhin zu sehr günstigen Konditionen zu haben. Der Grund: EZB-Leitzins und Anlagezinsen pendeln um die Null-Linie. Die Banken, die die Kredite vergeben, haben fast keine Refinanzierungskosten, sondern müssen nur das Ausfallrisiko, die Kreditverwaltung/-vermittlung und ihre Marge aufschlagen. Je höher die gewünschte Marge und die Vermittlerkosten inklusive Rücklagen für das Kreditrisiko, desto höher ist der Effektivzins. Gibt sich eine Bank hingegen mit einer niedrigeren Gewinnspanne zufrieden, profitiert der Kunde von besonders günstigen Konditionen.
Anders sieht es im Bereich der Baufinanzierung aus. Hier werden Kredite wieder teurer. Der Hintergrund: Hypothekenzinsen sind oft zehn Jahre und länger festgeschrieben – und müssen daher anders, meist über Pfandbriefe, refinanziert werden. Diese gelten als besonders sicher, ihr Zinssatz wird an der Börse gehandelt und liegt derzeit immer noch auf einem historisch niedrigen Niveau. Nun wollen aber immer weniger Großanleger ihr Geld zu solchen Minizinsen anlegen. Die Folge: Die Pfandbriefrenditen steigen – und mit ihnen die Hypothekenzinsen.
Die Marge der Bank ist hingegen relativ unabhängig vom Hypothekenzins. Sie bewegt sich aktuell zwischen 0,5 und 1,5 pro Jahr. Viele regionale Banken und Sparkassen kalkulieren traditionell mit recht hohen Gewinnspannen und sind deshalb eher zu Zinsnachlässen bereit als andere Institute. Den Verhandlungsspielraum kann man im Vergleich zu bundesweit tätigen Anbieter aus Zinsvergleichen oder einzelnen Angeboten erkennen. Banken, die sich überwiegend mit Pfandbriefen refinanzieren, reagieren auf Zinsveränderungen wesentlich schneller als Versicherungsgesellschaften oder Regionalinstitute. In Zeiten steigender Zinsen kann das für Kunden nachteilig sein, da etwaige Teuerungen quasi in Echtzeit auf sie durchschlagen.
Fazit
Weil aktuell die börsengehandelten Pfandbriefrenditen steigen, steigen auch die Hypothekenzinsen. Ratenkredite hingegen werden billiger, weil der EZB-Leitzins unverändert ist und die Verzinsung von Festgeld und Tagesgeld weiterhin nachgibt. Die Dispo-Zinsen wiederum bleiben konstant. Hier streichen die Banken möglichst hohe Margen ein - und reagieren daher erst einmal nicht auf die laufenden Veränderungen. Warum sollten sie auch? Laut vielen Dispo-Vereinbarungen verändert sich der Dispozins nur, wenn der Euribor sich verändert und der verläuft so ähnlich wie der EZB-Leitzins – seit Monaten unverändert
Quelle: ntv.de