Neue Krankenkassenbeiträge Wer jetzt wechseln sollte
13.01.2015, 18:24 UhrEnde des Monats ziehen die Krankenkassen zum ersten Mal ihre neuen Beitragssätze ein. Viele Kunden werden kaum einen Unterschied merken, für manche wird es etwas teurer, für wenige deutlich billiger. Sollte man sich jetzt einen neuen Anbieter suchen?

Im besten Fall kann man durch den Wechsel mehr als 400 Euro im Jahr sparen. Doch die Kassen unterscheiden sich nicht nur in ihren Beitragssätzen.
(Foto: imago/Christian Ohde)
Wird die Krankenkasse teurer oder billiger oder bleibt der Beitrag gleich? Viele Mitglieder haben erst kurz vor Jahreswechsel erfahren, wie viel sie ab Januar für ihre Krankenversicherung ausgeben müssen. Bekannt war bis dahin lediglich, dass der allgemeine Beitragssatz auf 14,6 Prozent sinkt. Ob und wie hohe Zusatzbeiträge die Kassen verlangen, war aber offen. Inzwischen ist klar, dass sich für die meisten Kunden nicht viel ändert. Knapp die Hälfte der Kassen hat den Zusatzbeitrag auf 0,9 Prozent festgesetzt, in diesen Fällen bleibt es beim alten Beitragssatz von 15,5 Prozent. Doch immerhin 65 Anbieter sind jetzt etwas günstiger als vorher, 8 sind teurer geworden, so die Statistik der Stiftung Warentest. Wann lohnt sich der Wechsel?
Im besten Fall zahlen Versicherte und deren Arbeitgeber jetzt 14,6 Prozent für den Versicherungsschutz. So günstig sind die Euregio BKK und die Metzinger BKK. Beide Anbieter sind aber nicht bundesweit geöffnet. Die Euregio versichert nur Menschen, die in Nordrhein-Westfalen oder Hamburg wohnen oder arbeiten, die Metzinger ist nur in Baden-Württemberg zugänglich. Wer die Möglichkeit zum Wechsel hat, kann deutlich sparen: Im Vergleich zu einer Kasse mit 15,5 Prozent kommt man bei einem Bruttoeinkommen von 3000 Euro um 27 Euro günstiger weg. Das sind immerhin 324 Euro im Jahr. Bei 2000 Euro brutto sind es jährlich 216 Euro. Im Höchstfall spart man 445 Euro bei einem Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze von 4125 Euro.
Steigende Kosten setzen den Kassen zu
Dass die beiden Krankenkassen langfristig ohne Zusatzbeitrag auskommen, ist aber unwahrscheinlich. Nicht nur die demografische Entwicklung spricht dafür, dass die Beiträge früher oder später steigen werden. Auch die rasant steigenden Kosten im Gesundheitswesen werden zunehmend zur Belastung. Selbst Kassen mit solider Finanzlage dürften auf Dauer nicht um höhere Zusatzbeiträge herumkommen, prognostizieren diverse Kassenvorstände.
Bis es so weit ist, spricht aber nichts dagegen, sich bei den günstigeren Kandidaten umzusehen – vorausgesetzt, das dort angebotene Leistungsspektrum passt zum eigenen Bedarf. Abseits des gesetzlich vorgeschriebenen Leistungskatalogs können die Kassen in verschiedenen Bereichen Extras bieten. So sind beispielsweise bei der BKK Euregio Reiseimpfungen im Programm, außerdem bezuschusst die Kasse Sitzungen beim Osteopathen mit bis zu 360 Euro im Jahr. Auch für Schwangere könnte die Kasse wegen zusätzlicher Untersuchungsmöglichkeiten interessant sein. Die Metzinger BKK ist bei ihren Sonderleistungen weniger großzügig. Für die vielen Kunden, die sich einfach nur so günstig wie möglich versichern möchten, dürfte das aber kein Hindernis sein.
Teuer ist nicht immer besser
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Blick ans obere Ende der Preisskala. Die teuersten sechs Kassen verlangen 15,8 Prozent, also 0,3 Prozent mehr als vorher. Das bedeutet im Höchstfall eine Mehrbelastung von 148 Euro im Jahr, bei einem Monatsbrutto von 3000 Euro wären es 108 Euro. Bekommt man dafür auch ein besonders prall gefülltes Leistungspaket? Nicht unbedingt. Die BKK Pfalz beispielsweise bezeichnet sich zwar als "freundliche Familienkasse", ist im Bereich Schwangerschaft und Entbindung aber eher unterdurchschnittlich aufgestellt und auch bei den Vorsorgeuntersuchungen für Kinder und Jugendliche sind andere besser. Dafür zahlt die Kasse bei schwerer Erkrankung eine Haushaltshilfe auch dann, wenn kein Kind im Haushalt lebt. Medizinische Fragen werden an einer Ärztehotline beantwortet.
Diesen Service gibt es bei der BKK Family nicht. Dafür steht sie im Bereich Homöopathie und alternative Arzneimittel gut da, zahlt bis zu 360 Euro für Osteopathie und übernimmt unter bestimmten Voraussetzungen auch sportmedizinische Untersuchungen. Außerdem wirbt die Kasse mit einer Leistungsgarantie: "Sollten Sie bei einer anderen Krankenkasse Leistungen finden, welche Sie bei der BKK family vermissen, sprechen Sie uns bitte an". So viel Individualität könnte dem einen oder anderen Versicherten schon etwas mehr Geld wert sein.
Auch die Vereinigte BKK setzt auf Dialogbereitschaft und verspricht: "Bei uns sind Sie mehr als nur ein Kunde unter vielen". Zu den Besonderheiten gehört hier beispielsweise die Unterstützung für Anthroposophische Medizin, für Autogenes Training oder traditionelle chinesische Medizin. Außerdem gibt es 50 Euro Zuschuss für die Zahnreinigung in einer Praxis nach Wahl.
Die BKK Braun-Gillette übernimmt hier sogar 65 Euro und ist ansonsten im Bereich der Vorsorgeuntersuchungen recht gut aufgestellt. Und als eine von wenigen Kassen bezuschusst sie bei künstlicher Befruchtung auch einen vierten Versuch. Für Paare mit Kinderwunsch könnte das ein Argument sein, trotz des höheren Beitrags bei der Kasse zu bleiben.
Vergleichen und wechseln
Was dagegen spricht: Es gibt eine ganze Reihe von serviceorientierten Kassen mit breitem Leistungsspektrum, die ein Stück günstiger sind. Die Techniker, die SBK oder die HEK beispielsweise versichern zum Beitragssatz von 15,4 oder 15,5 Prozent und bieten teils noch weitergehende Leistungen. Ob Alternativmedizin, Gesundheitskurse oder Zahnersatz - wer sich für bestimmte Themen besonders interessiert, sollte sich die Kasse danach aussuchen. Im Netz findet man entsprechende Vergleichsmöglichkeiten. Auf krankenkasseninfo.de kann man beispielsweise nach individuellen Schwerpunkten gewichten, auf krankenkassen.de gibt es einen guten Überblick über die einzelnen Leistungskataloge.
Die Kasse zu wechseln ist einfach: Man kündigt der alten Versicherung und meldet sich bei der neuen an. Kassen, die nicht auf bestimmte Regionen oder Berufsgruppen beschränkt sind, dürfen niemanden ablehnen. Aber auch wenn der Wechsel aus irgendeinem Grund scheitert, steht man nie ohne Schutz da. Die alte Versicherung bleibt dann bestehen.
Die Kündigungsfrist beträgt zwei Monate zum Monatsende. Wer zum 31. Januar kündigt, kann also ab dem 1. April beim neuen Anbieter sein. In der Regel muss man mindestens 18 Monate bei einer Kasse bleiben, bevor man wieder wechseln darf. Wenn die Versicherung einen Zusatzbeitrag einführt oder ihn anhebt, hat man aber ein Sonderkündigungsrecht. Darüber muss einen die Kasse informieren, mindestens einen Monat bevor die erste Zahlung fällig ist. Danach hat man einen Monat Zeit, die Kündigung abzuschicken. Auch hier gilt aber die Wechselfrist von zwei Monaten, so lange muss man den neuen Beitragssatz auf jeden Fall bezahlen.
Dass die meisten Kassen ihre Kunden erst Mitte oder Ende Dezember über den Zusatzbeitrag informiert haben, ist übrigens kein Problem: Der Beitrag wird erst drei Tage vor Monatsende eingezogen, in den meisten Fällen dürfte die Frist damit gewahrt sein.
Quelle: ntv.de