Googles Zukunftsvision Project Ara Verrücktes Baukasten-Handy bald startklar
15.01.2015, 17:42 Uhr
Mit Project Ara kann man sein Handy selbst zusammenstecken.
(Foto: Google)
Ein Smartphone zum Selberbauen, bei dem jedes Gerät ein Unikat ist: Das ist die Vision hinter Googles Project Ara. In einem Pilotprojekt soll das Baukasten-Handy in diesem Jahr in den Verkauf gehen.
Ein wechselbarer Akku ist für viele Smartphone-Nutzer ein Muss. Doch Googles Project Ara geht viel weiter: Bei dem Baukasten-Smartphone kann vom Akku über den Arbeitsspeicher bis zur Kamera alles den eigenen Bedürfnissen angepasst werden. Bis die Ara-Phones flächendeckend in den Verkauf gehen, wird es zwar noch etwas dauern. In Puerto Rico plant Google nun aber ein Pilotprojekt für die zweite Jahreshälfte.
Zum Verkaufsstart sollen 20 bis 30 Module in zehn verschiedenen Kategorien verfügbar sein. Kunden sollen ihre Smartphones über den Ara-Marketplace und die App Ara-Configurator nicht nur selbst zusammenstellen, sondern die einzelnen Module auch selbst gestalten können, zum Beispiel mit einem individuell bedruckten Gehäuse oder ausgefallener Farbwahl. So entstehen Smartphones, die technisch perfekt auf die eigenen Bedürfnisse angepasst und zugleich optische Unikate sind. Die Basismodelle, sogenannte "Endoskelette", bestehen aus einem Aluminiumrahmen mit Display, Prozessor und Funkmodul.
Weil jedes Bauteil einzeln ausgetauscht und ersetzt werden kann, können Nutzer ihr Smartphone bei Bedarf außerdem einfach aufrüsten, ohne gleich ein neues Gerät kaufen zu müssen. Auch ein abgenutzter Akku kann bei Ara im Handumdrehen ersetzt werden. So entfallen die hohen Kosten für ein neues Smartphone, weniger Elektroschrott fällt an, die Umwelt wird entlastet. Die Lebensdauer der "Endoskelette" soll fünf bis sechs Jahre betragen. Laut "Venturebeat" sieht man bei Google in den Baukasten-Smartphones aber auch das Potenzial für die Entwicklung eines sekundären Marktes, in dem gebrauchte Teile wie Sammelkarten getauscht oder weiterverkauft werden können.
Handys aus dem Imbisswagen
Warum die Wahl ausgerechnet auf Puerto Rico fiel, erklärten die Projektmacher im Rahmen einer Entwicklerkonferenz am 14. Januar 2015. Die Nutzerbasis sei sehr divers, Einstiegsgeräte und Premium-Smartphones seien ähnlich weit verbreitet. Die meisten Puerto Ricaner nutzten zudem primär Smartphones, um ins Internet zu gehen - 77 Prozent der Internetnutzung gehe von mobilen Geräten aus. Die Netzbetreiber in Puerto Rico sind sowohl US-Unternehmen als auch lateinamerikanische Anbieter. Außerdem regelt die US-Netzbehörde FCC auch hier die Zulassung von neuen Smartphones. Bei einem Erfolg des Pilotprojekts wäre so gleich auch der Weg in die USA frei.
Laut Project-Ara-Chef Paul Eremenko wolle man aus den Erfahrungen in dem kleinen karibischen US-Außengebiet zudem Lehren für eine breitere Markteinführung ziehen und die Reaktion der potenziellen Käufer erforschen, wie "The Verge" schreibt. Die große Wahlfreiheit könne die Kunden auch überfordern, so Eremenko. Für das Versuchsprojekt arbeitet Google mit lokalen Mobilfunkanbietern zusammen. Zusätzlich sollen die Baukasten-Handys aus Transportern heraus verkauft werden, die an Imbisswagen erinnern und in denen sie auch getestet werden können.
Ob Ara in absehbarer Zeit auch nach Deutschland kommt, ist derzeit noch offen. Zwei Jahre hat das Team von Project Ara insgesamt Zeit, um ein marktreifes Gerät zu präsentieren, ein Jahr ist bereits um. Spätestens Anfang 2016 könnte Googles Baukasten-Smartphone also in den Verkauf gehen - vorausgesetzt, das Pilotprojekt läuft erfolgreich. Ara ist eins von Googles "Moonshot Projects" aus dem Forschungslabor "Google X". Hier tüftelt Google an ambitionierten Zukunftsprojekten, in denen die Grenzen des Möglichen ausgelotet und erweitert werden. Auch die Datenbrille Google Glass, Project Loon (Internetballons in der Stratosphäre) oder die selbstfahrenden Autos von Google zählen zu den X-Projekten.
Quelle: ntv.de, jwa