Green IT Wie klimaneutrale Cloud-Services die Umwelt schonen
03.03.2021, 08:00 Uhr
"Green IT" spielt in der Cloud Technologie eine zunehmend wichtige Rolle
(Foto: imago/Rainer Weisflog)
Es ist so einfach und bequem: Wir surfen mit dem Handy im Internet, sprechen per Video-Call mit Freunden und Kollegen, speichern unsere Daten in der Cloud. Aber all das kostet Energie. Und zwar so viel Energie, dass Experten in der fortschreitenden Digitalisierung ein Problem für den Klimaschutz sehen. Nachhaltige, "grüne" IT-Technologien und klimaneutrale Rechenzentren sollen helfen.
Das Internet hat Experten zufolge einen ziemlich großen ökologischen Fußabdruck. Es wächst und wächst, der Datenverbrauch der Nutzer ebenso und damit auch der Energiebedarf der Server in den Rechenzentren von Google, Amazon und anderen Cloud-Computing-Großmächten. Ein Ende ist nicht abzusehen, im Gegenteil: Im Jahr 2030 könnte die Informations- und Kommunikationstechnik schon 20 bis 30 Prozent des globalen Energie-Bedarfs schlucken, berichtet das Wissenschaftsmagazin "Nature". Weil die nötige Energie zunächst unter großem industriellem Aufwand produziert werden muss, treibt die Digitalisierung letztendlich die CO2-Emissionen in die Höhe.

Die Nutzung von Cloud Services nimmt immer mehr zu, weshalb die Energieversorgung der Rechenzentren enorm steigt.
(Foto: imago images/Imaginechina-Tuchong)
Ein Beispiel für die Dimension des Energiebedarfs: Schätzungen zufolge braucht die digitale Währung Bitcoin pro Jahr mehr Strom als die gesamte Bevölkerung der Niederlande, nämlich etwa 119 Terawattstunden. "Die für Bitcoin aufgewendete Energie könnte alle Teekessel in Europa für fast vier Jahre zum Kochen bringen", so das Daten-Portal Statista.
Eine Herausforderung der Zukunft wird es deshalb sein, Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammenzubringen. "Green IT" könnte dabei helfen – mit klimaneutralen Cloud-Services, die dazu beitragen sollen, das digitale Leben umweltfreundlicher zu gestalten. Was das konkret bedeutet, ist: "Man sollte beispielsweise über eine gewisse Virtualisierung nachdenken. Das heißt: Nicht für jeden Service einen eigenen Server benutzen, sondern den Server auch virtuell laufen lassen. Das würde die Nutzung der Geräte effizienter machen", erklärt Carl-Ernst Müller vom Bundesdeutschen Arbeitskreis für umweltbewusstes Management im Interview mit ntv.de. Müller koordiniert das Projekt nachhaltig.digital, eine Kompetenzplattform für Nachhaltigkeit und Digitalisierung im Mittelstand.
Eine weitere Maßnahme: Server verbrauchen viel Energie und erzeugen dabei Wärme – diese Wärme ließe sich durch effiziente Kühlanlagen zurückgewinnen. "Wenn man effizienter geworden ist, kann man sich auch überlegen, woher die Energie kommt", sagt Müller. Regenerative Energiequellen wären im Sinne der Klimaneutralität ideal, also Wasser-, Wind- oder Solarenergie.

Klimaneutrale Energiequellen würden den ökologischen Fußabdruck erheblich mindern.
(Foto: imago images/Rupert Oberhäuser)
Bis 2050 soll Europa zum klimaneutralen Kontinent werden – der europäische Grüne Deal der EU-Kommission ist der Fahrplan, mit dem das Ziel erreicht werden soll. Auf dem Weg dorthin ist Kreativität gefragt. Ungewöhnliche Ideen und technische Lösungen, die sich auch vom Mittelstand umsetzen lassen. Ein Beispiel für diesen Ansatz ist die "Green IT Cloud", die von einem Dortmunder Unternehmen entwickelt wurde. Der Anbieter installiert Server im Turm von Windkraftanlagen, was mindestens einen smarten Vorteil hat: Strom für die Server-Aktivitäten wird direkt vor Ort zu 100 Prozent aus Windenergie bezogen und genau dort verbraucht, wo er erzeugt wird. Das macht die Green IT Cloud zur Zero-Emission-Lösung, die gleichzeitig günstiger ist. "Weil der Strom nicht erst über Stromleitungen geführt werden muss, wird von Gesetzes wegen keine Abgabe an die Verteilnetze fällig", erklärt Nachhaltigkeits-Experte Carl-Ernst Müller.
Ein wichtiger Vorteil ist auch, dass der Stahlturm der Windkraftanlage bereits existiert. Die Anlage wird durch die Server-Integration doppelt genutzt und spart so Bauaktivitäten, denn ein normales Rechenzentrum müsste erst irgendwo errichtet werden. Außerdem sei ein Stahlturm als Gehäuse für den Server ein guter Schutz gegen elektromagnetische Einflüsse und Datenschutzkonform, weil er in Deutschland steht, so Müller.
"Digitalisierung kann nur dann umweltgerecht gestaltet werden, wenn Anlagen und Infrastrukturen wie Rechenzentren auf eine CO2-freie Stromversorgung umgestellt werden", heißt es in der Umweltpolitischen Digitalagenda des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU). Bis 2030 sollen klimaneutrale und nachhaltige Rechenzentren geschaffen werden.
Neben der Hardware spielt aber auch die Software eine Rolle in Sachen Nachhaltigkeit. Ein Forscher-Team der Universität Birkenfeld hat Mitte Februar den "Blauen Engel für Software" vorgestellt – das erste Umweltzeichen für Ressourcen- und Energieeffiziente Softwareprodukte. Der Grundgedanke dahinter: Smartphone- oder PC-Programme können trotz gleicher Funktion einen deutlich unterschiedlichen Stromverbrauch haben. Je nachdem, wie sie programmiert sind.
Das neue Umweltzeichen für Software soll langfristig helfen, den Energieverbrauch der Informations- und Kommunikationstechnik zu reduzieren, denn mit dem Blauen Engel für Software werden künftig Produkte ausgezeichnet, die besonders sparsam mit Ressourcen umgehen und eine langfristige Hardwarenutzung unterstützen. Weitere Energiesiegel für Software könnten laut BMU-Digitalagenda folgen. Maßnahmen, die den ökologischen Fußabdruck der Digitalisierung schmaler machen könnten. Denn durch die Siegel erkennen selbst Laien direkt, ob die Software eines Produkts eher klimafreundlich oder klimaschädlich ist – und nebenbei: ob der Akku des Geräts länger halten wird.
Quelle: ntv.de