Merkel spricht mit Tsipras Athen akzeptiert die "Troika"
13.02.2015, 05:22 Uhr
Jeroen Dijsselbloem nutzt das schnelle Medium Twitter, um über die Verhandlungen auf dem Laufenden zu halten.
(Foto: AP)
Die neue griechische Regierung verfolgt einen gewöhnungsbedürftigen Zickzack-Kurs: Nach dem Eklat beim Treffen der Finanzminister stehen die Zeichen eigentlich auf Sturm. Kurz darauf kommt Athen der Eurogruppe entgegen.
Das ohne Ergebnis beendete Treffen der Euro-Finanzminister mit der griechischen Regierung am Mittwoch hat im Inneren der Eurozone erhebliche Unruhe ausgelöst. Er sei sehr besorgt über die Lage und habe sich weitergehende Fortschritte gewünscht, erklärte zum Beispiel EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, nachdem die Parteien ohne Beschluss auseinandergegangen waren.
Doch die Sorge, dass die Fronten sich nun weiter verhärtet haben könnten, bleibt wohl vorerst unbegründet – keine 24 Stunden später kam wieder Bewegung in den Schuldenstreit mit Griechenland: Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras vereinbarten Gespräche auf Arbeitsebene, um das nächste Treffen der Eurogruppe am Montag vorzubereiten.
Eine Lösung der verfahrenen Situation scheint damit unverhofft näher gerückt. Athens neuer Regierungschef gab grünes Licht für eine Expertenmission und damit den Startschuss für konkrete Vorbereitungen für eine Fortsetzung des Hilfsprogramms. "Wir haben noch nicht die ganze Strecke zurückgelegt, aber eine wichtige Etappe", sagte der Linkspolitiker nach seinem Gipfel-Debüt in Brüssel.
"Es war sehr freundlich"
Ein Vertreter der griechischen Regierung bezeichnete die über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreitete Erklärung Dijsselbloems als positiven Schritt. Eingeleitet hatte die Entspannung Bundeskanzlerin Angela Merkel, indem sie Tsipras Entgegenkommen signalisierte. Europas Stärke sei es, auf Kompromisse ausgerichtet zu sein, "und Deutschland ist dazu bereit", sagte Merkel. Sie habe Tsipras zu Beginn des Gipfels auch im kurzen persönlichen Gespräch gesagt, dass sie zur guten Zusammenarbeit bereit sei, was er erwidert habe, wie die Kanzlerin am späten Abend ausführte. "Es war sehr freundlich." Wenn Griechenland eine Verlängerung des Programms wolle, dann wünsche sie sich den Antrag allerdings "möglichst bald".
Am Mittwochabend war ein Treffen der Euro-Finanzminister noch im Fiasko geendet, weil sich Athen gegen eine Prüfung durch die Experten der Gläubiger-Troika wehrte. Am Donnerstag sprang Tsipras dann überraschend über die Hürde, auch wenn er am Abend erklärte, die verhasste Troika "existiert nicht mehr". Beerdigt wurde indes nur der Begriff; die Experten der drei Institutionen Europäische Zentralbank (EZB), Internationaler Währungsfonds (IWF) und EU-Kommission bleiben an Bord.
Gleichzeitig gewährte die EZB der griechischen Notenbank mehr Spielraum für Notfall-Kredithilfen an ihre heimischen Geldhäuser. Laut Vertretern der griechischen Regierung und der Athener Notenbank wurde der Hilfsrahmen für griechische Banken um rund 5 Milliarden Euro auf nunmehr 65 Milliarden Euro erhöht. "Wir haben die Summe bekommen, um die wir gebeten haben", hieß es bei der Notenbank. Die sogenannten ELA-Hilfen (Emergency Liquidity Assistance) wurden bis zum 18. Februar, dem nächsten Treffen des EZB-Rats verlängert.
Neues Treffen mit der "Ex-Troika"
Die Sprecherin Dijsselbloems sagte, dass ein Treffen von Vertretern der griechischen Regierung sowie von EU-Kommission, EZB und IWF vermutlich schon am Freitag in Brüssel stattfinden werde. In Dijsselbloems Twitter-Nachricht wurden die drei Institutionen, die die Geldgeber Griechenlands repräsentieren und deren Delegationen Troika genannt werden, nicht namentlich genannt.
Ziel des Treffens ist laut Dijsselbloems Sprecherin, die Schnittmengen zwischen dem laufenden Hilfsprogramm und der Agenda der Regierung in Athen auszuloten. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sagte nach einem Gespräch mit den EU-Staats- und Regierungschefs, er sei "ziemlich optimistisch", dass es schon in den nächsten Tagen Kompromisse geben könne.
Einigung unter Zeitdruck
Die linksgerichtete Syriza-Partei von Tsipras war mit dem Wahlversprechen angetreten, die Vereinbarungen mit der Troika aufzulösen. Die neue Regierung Griechenlands will neben der Troika auch die Hilfsprogramme der internationalen Geldgeber loswerden. Deutschland als der größte Einzel-Kreditgeber der Euro-Zone pocht dagegen auf eine Einhaltung der Vereinbarungen.
Das aktuelle Hilfsprogramm der internationalen Geldgeber läuft nur bis zum 28. Februar. Danach könnte das Land zahlungsunfähig werden. Die Zeit wird auch deshalb knapp, weil unter anderem der Deutsche Bundestag und das finnische Parlament möglichen Hilfsprogrammen zustimmen müssen. Griechenland muss als Gegenleistung für Finanzhilfen in Höhe von 240 Milliarden Euro unter anderem seinen Haushalt in Ordnung bringen und Staatsbetriebe privatisieren.
Allerdings nehmen die Haushaltsprobleme für die griechische Regierung derzeit weiter zu. So blieben die Steuereinnahmen mit 3,49 Milliarden Euro im Januar rund eine Milliarde hinter den Vorgaben zurück, wie aus Daten des Finanzministeriums hervorgeht. Offenbar hatten viele Griechen in Erwartung eines linken Wahlsieges am 25. Januar Steuerzahlungen zurückgehalten.
Quelle: ntv.de, sla/AFP/dpa/rts