"Kommerziell und militärisch" Dubai lädt zur Flugzeugmesse
16.11.2013, 12:03 Uhr
Amtshilfe für Order und Arbeitsplätze: Das Pentagon unterstützt Boeing und schickt einen B-1B-Bomber nach Dubai.
(Foto: U.S. Air Force / Senior Airman Benjamin Stratton)
Auf dieser Airshow begegnen sich Welten. In Dubai drängeln sich Luxusjets zwischen Großraumfliegern und chinesisch-pakistanischen Kampfflugzeugen. Das Pentagon schickt einen Bomber, Airbus die A400M. Die Messe soll Verträge liefern, Jobs garantieren und nebenbei einen Großflughafen ankurbeln.

Der Schirmherr der Airshow: Der Herrscher von Dubai sowie Vize-Präsident und Ministerpräsident der Vereinigten Arabischen Emirate Scheich Mohammad bin Raschid Al-Maktoum (Archivbild) interessiert sich für Flugzeuge.
(Foto: REUTERS)
Mit Macht drängt eine junge Luftfahrtmesse in den Markt der großen Traditionsveranstaltungen: In den Vereinigten Arabischen Emiraten laufen die Vorbereitungen für die "Dubai Airshow" auf Hochtouren. Erwartet werden knapp 1000 Aussteller mit rund 150 verschiedenen Flugzeugtypen aus nahezu allen Größenklassen und Einsatzgebieten - vom Großraumflieger bis zum Luxusjet. Die viertägige Veranstaltung beginnt am 17. November und dürfte nach Veranstalterangaben bis zu 60.000 Fachbesucher anziehen.
Erstmals findet die 1986 begründete Leistungsschau komplett auf einem eigens eingerichteten Ausstellungsgelände am neuen Großflughafen "Dubai World Central" statt. Luftfahrtexperten rechnen mit richtungsweisenden Großaufträgen: In den vergangenen Jahren hat sich die Airshow in Dubai zu einem der wichtigsten regionalen Treffen der Branche entwickelt. Für Luftfahrtkonzerne und Nischenanbieter, Airlines, Dienstleister und Luxusausstatter geht es hier um Prestige, Kontakte und nicht zuletzt um die Marktanteile der Zukunft.
Auch wenn andere Messen sehr viel älter sind: Ort und Zeitpunkt der Veranstaltung in Dubai sind geschickt gewählt. Der Branchentreff am Golf folgt der großen Pariser Luftfahrtschau in Le Bourget jeweils im Abstand von sechs Monaten. Ein halbes Jahr später sehen sich die meisten Besucher dann auf der Berliner ILA in Deutschland wieder.
Die Dubai Airshow bietet sich damit als idealer Treffpunkt an, um an erste Vorgespräche anzuknüpfen. Hier lassen sich diskrete Verhandlungen fortsetzen oder von langer Hand angebahnte Großaufträge unter Dach und Fach bringen. Hinter dem Veranstalter stehen einflussreiche politische Kräfte - und ein größerer Plan: Das kleine, aber ölreiche Emirat Dubai ist darum bemüht, sich als Messe- und Logistikstandort in einer aufstrebenden Region zwischen Nord- und Südhalbkugel zu etablieren. Schon jetzt kreuzen sich hier am Golf nicht nur die neuen Verkehrsströme zwischen den Wirtschaftszentren der Schwellenländer. In Dubai und den angrenzenden Emiraten sitzen vor allem auch zahlreiche finanzstarke Kunden der Luftfahrtindustrie.
Der Veranstaltungsort steht damit symbolisch für größere Verlagerungen innerhalb der Branche. Die wichtigsten Absatzerfolge feiern Hersteller wie Boeing oder Airbus längst nicht mehr mit Kunden aus dem traditionellen Transatlantikverkehr zwischen den USA und Europa. Fluggesellschaften wie Qatar Airlines oder Emirates zählen für Boeing und Airbus zu den wichtigsten Großkunden, die sich auch für zukunftsweisende Prestigeprojekte schnell begeistern lassen.
Keine Demokratie, keine Proteste
Die einflussreichen Machthaber in Abu Dhabi, Dubai, Bahrain, Katar und Saudi-Arabien fliegen nicht nur selbst gerne, sie bemühen sich auch seit Jahren mit viel Aufwand, die großen Luftverkehrswege in die Region zu lenken und den Standort Dubai als zentrales Transit-Drehkreuz zu etablieren. Der Name ist dabei Programm - "Dubai World Central" ist Teil einer größeren Strategie: Die großzügig entworfene Flughafen-Infrastruktur soll dabei helfen, den bislang sehr einseitig ausgerichteten Emiraten am Golf wirtschaftliche Bedeutung über das Ölzeitalter hinaus zu sichern.

Beinfreiheit? Vielflieger-Stress? Jetlag? Mit ein bisschen Aufwand lässt sich ein Airbus A310 recht gemütlich einrichten.
(Foto: REUTERS)
Die Zeiten haben sich grundlegend geändert, und die Fluggesellschaften spüren das an der Nachfrage. Das große Wachstum im Fracht- und Passagieraufkommen verlagert sich immer mehr auf die Schwellenlandstrecken. Logistisch liegt das neue Drehkreuz am Golf in perfekter Lage auf halber Strecke zwischen Europa, Indien, Afrika und Asien.
Dubai hat aus dem Bauboom aus der Zeit vor der Finanzkrise gelernt. Mittlerweile geht es bei Großprojekten verstärkt um wirtschaftliche Tragfähigkeit. Baubeginn war 2002. Eine erste Teileröffnung als Frachtflughafen erfolgte 2010. Der Großflughafen am Golf bietet für Planer reichlich Vorteile: Hier gibt es weder Nachtflugverbote, noch Anwohnerproteste, noch irgendwelche Ausbauhindernisse. Streit um Flugrouten gibt es hier nicht. Und Geld ist in den ölreichen Staaten der Region noch immer reichlich vorhanden.
Nicht umsonst reisen neben den beiden Branchenriesen Airbus und Boeing auch Wettbewerber wie Bombardier, Dassault oder Embraer mit einer breiten Auswahl an Passagierflugzeugen an. Erwartet wird neben Flaggschiffen wie dem A380, dem derzeit größte Passagierflugzeug der Welt, und dem heiß diskutierten Boeing 787 "Dreamliner" auch der Suchoi "Superjet 100" aus Russland. Zahlreiche kleinere Flieger aus dem Segment der Kurzstrecken-, Business- und Luxusjets runden das Programm ab. Zahlungskräftige Interessenten können vor Ort etwa eine "Phenom 100" von Embraer, eine "Falcon 2000 LX" von Dassault oder eine "Global 6000" von Bombardier in Augenschein nehmen.
Luxusjets für Scheichs und Manager
Ein weiterer Faktor macht die Airshow auch für Rüstungsexperten überaus interessant: Die Nachfrage aus dem militärischen Sektor ist am Golf noch ungebrochen. Das lockt zahlreiche Anbieter von Kampfjets, Hubschraubern und Truppentransporter nach Dubai. Fast das gesamte Who-is-Who der Branche ist vertreten. In der an Spannungen und Konflikten alles andere als armen Golfregion besteht enormes Interesse an neuer Rüstungstechnologie. Für die großen Militärausstatter heißt das: Wer hier überzeugt, kann seine Produktionskapazitäten womöglich auf Jahre auslasten und dazu noch in Jahrzehnten von Upgrades und Wartungsaufträgen profitieren.
Und die Chancen stehen gut. Denn während die Verteidigungsetats in den westlichen Industriestaaten schrumpfen, fließen hier die Milliarden weitgehend ungebremst in den Ausbau und die Modernisierung der Streitkräfte. Ein Großauftrag zu rechten Zeit könnte auch in Europa so manches Rüstungsprojekt vor wirtschaftlichen Schwierigkeiten bewahren. Vom Geschäftserfolg am Golf hängen unmittelbar tausende Arbeitsplätze in den USA und Europa ab.
Die Ausstellerliste spricht Bände: Vor kundigen Augen zeigt Boeing zum Beispiel die C-17 "Globemaster III", einen vierstrahligen Militärtransporter, der vor der Ausmusterung steht und in einzelnen Einsatzanforderungen mittlerweile unter anderem gegen die A400M von Airbus antreten muss.

Mehr Piste, Passagier, Platz und Business als BER, FRA und MUC zusammen: So stellen sich die Planer das "Dubai World Center" vor (Computergrafik).
(Foto: REUTERS)
Ein ähnlicher Wettstreit dürfte sich im Segment der Kampfjets fortsetzen: Angemeldet in Dubai sind unter anderem die "Rafale" von Dassault, die "Super Hornet" von Boeing und die JF-17 "Thunder", eine pakistanisch-chinesische Koproduktion.
Damit bestehen für Beobachter auch Aussichten auf ein außergewöhnliches Zusammentreffen: Am Himmel über Dubai könnten diese Maschinen unter anderem auch dem US-Luftüberlegenheitsjäger F-22 "Raptor" begegnen. Im Begleitprogramm zur Messe dürften diese Kampfflugzeuge auch zeigen, zu welchen Flugleistungen sie in der Lage sind.
Exotenjäger, Bomber und vier Zwitter
Zwischen den Ständen der großen Flugzeugbauer tauchen auch neben den üblichen Namen auch Vertreter auf, die im Rahmen einer Messe auf den ersten Blick zunächst ungewöhnlich erscheinen. Denn neben der Luftwaffe der Vereinigten Arabischen Emirate, die den Veranstalter nach Kräften unterstützt, ist auch das Department of Defense, das Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten, mit bemerkenswert viel Material und Einsatz auf der Airshow vertreten. Noch immer verfügen die USA über den mit Abstand umfangreichsten Verteidigungsetat der Welt.
Die Last der Staatsverschuldung, der Haushaltsstreit und die Debatte um eine Anhebung der Schuldenobergrenze setzen der großzügigen Verteidigungsplanung allerdings mittlerweile Grenzen. Große Rüstungskonzerne wie Lockheed Martin, Boeing oder Northrop Grumman bekommen das durchaus zu spüren. Ihre Ertragsaussichten im Heimatmarkt trüben sich zunehmend ein. Das - so heißt es in der Branche - dürfte sich über kurz oder lang auch auf den Arbeitsmarkt auswirken.

Militärisches Multitalent: Der V-22 "Osprey" kann senkrecht abheben wie ein Hubschrauber, Truppen aufnehmen wie ein Transporter und schnell fliegen wie ein Flugzeug.
(Foto: REUTERS)
Kein Wunder also, dass die großen Militärflugzeughersteller nun auch am Golf nach neuen Großkunden suchen. Offensichtlich tun sie das mit wohlwollender Unterstützung staatlicher Stellen. Nach Dubai entsendet Washington nicht nur Kampfhubschrauber, Drohnen und ein elektronisches Frühwarnsystem, sondern stellt extra auch einen strategischen Langstreckenbomber B-1B "Lancer" und gleich vier Kipprotor-Hybriden vom Typ V-22 "Osprey" ab. Außenpolitisch lässt sich letzteres als Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Iran verstehen. Die ungewöhnlichen Maschinen waren zuletzt für einen möglichen Einsatz israelischer Spezialkräfte in der Diskussion.
"Die Zahl der angemeldeten Flugzeuge belegt die Stärke der Show, sowohl kommerziell wie auch militärisch", sagt Sharief Fahmy, Geschäftsführer des Messeveranstalters F&E Aerospace. "Das Ausstellungsprogramm der Dubai Airshow war immer schon beeindruckend, und dieses Jahr wird das nicht anders!"
Riesen-Airport im Wüstensand
Das Ausstellungsgelände am neuen Großflughafen könnte dazu beitragen, diese hoch gesteckten Erwartungen zu erfüllen. Wenn das gigantische Projekt erst einmal fertiggestellt ist, sollen in "Dubai World Central Al Maktoum International Airport" (IATA-Code: DWC) auf bis zu sechs überlangen Pisten die großen Fracht- und Passagierjets aus aller Welt starten und landen. Bei voller Auslastung kommt der Flughafen auf einen Frachtumschlag von 12 Millionen Tonnen pro Jahr und eine Zahl von 160 Millionen Passagiere.
In etwa sieben Jahren soll das neue Drehkreuz mit seinen gewaltigen Kapazitäten, riesigen Terminals und weit in die Wüste reichenden Ausbauflächen zum größten und verkehrsreichsten Flughafen der Welt aufsteigen. Geplant sind eine Metro-Anbindung ins Stadtzentrum, ein Messe- und Konferenzzentrum, ein Hochhausviertel mit zehntausenden Arbeitsplätzen und der direkte Frachtaustausch mit dem Seehafen in der Freihandelszone "Jebel Ali Free Zone" (JAFZ).
Bis dahin aber ist es allerdings noch ein langer Weg. Noch wird die Masse der Flüge über den mittlerweile stark überlasteten Stadtflughafen "Dubai International" (IATA: DXB) abgewickelt. Im neuen "Weltzentrum" läuft der Passagierverkehr - im Rahmen einer Teileröffnung - erst seit wenigen Wochen, das Interesse der Fluggesellschaft ist bislang eher mau. Von den geplanten Umschlagzahlen sind die Anlagen noch weit entfernt.
In der Strategie der Planer bildet die Dubai Airshow daher einen wichtigen Baustein: Das spektakuläre Messeprogramm soll nicht nur von der Fläche profitieren, sondern auch mehr internationale Aufmerksamkeit auf den neuen Großflughafen lenken.
Quelle: ntv.de