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In Tansania beobachtet Affen sterben an Immunschwäche

Nach über einem Jahrzehnt der Beobachtung haben Forscher herausgefunden, dass auch Schimpansen einer von Viren ausgelösten Immunschwäche zum Opfer fallen können.

Die Untersuchungen fanden im tansanischen Gombe-Nationalpark statt.

Die Untersuchungen fanden im tansanischen Gombe-Nationalpark statt.

(Foto: picture-alliance / dpa)

Entgegen der weit verbreiteten Lehrmeinung sterben auch Schimpansen an den Folgen einer von Viren ausgelösten Immunschwäche. Das berichten Forscher, nachdem sie eine freilebende Population von Schimpansen in Tansania über fast ein Jahrzehnt hinweg beobachtet haben. Die Gruppe um Brandon Keele von der University of Alabama in Birmingham (USA) untersuchte zudem Kot- und Urinproben sowie gestorbene Tiere auf Hinweise der Affen-Immunschwäche. Diese wird von rund 40 verschiedenen SI-Virenstämmen (simian immunodeficiency virus) ausgelöst. Bereits zuvor war bekannt, dass zwei dieser Virenstämme vor weniger als 100 Jahren auf den Menschen übergegangen waren und bei ihm die Immunschwäche Aids auslösten. Keele und seine Kollegen berichten im Journal "Nature" über ihre Ergebnisse.

Vorarbeit von Jane Goodall

Die Beobachtungen fanden im tansanischen Gombe-Nationalpark statt. Indirekt hatte die berühmte Affenforscherin Jane Goodall den Grundstein zu der aktuellen Untersuchung gelegt, denn zusammen mit ihren Helfern beobachtete sie die Schimpansen von Gombe (Pan troglodytes schweinfurthii) über lange Jahre, so dass die Tiere seit langem an den Menschen gewöhnt sind und sich gut beobachten lassen. Die Forscher nahmen 94 Schimpansen in ihre Studie auf. Infizierte Tiere (insgesamt 17) hatten ein 10- bis 16-fach höheres Risiko für einen vorzeitigen Tod im Vergleich mit nicht infizierten Affen (insgesamt 77). SIV-infizierte Affenmütter brachten zudem weniger Kinder zur Welt, die darüber hinaus eher starben als die Nachkommen gesunder Schimpansinnen. Keines der Jungen infizierter Mütter wurde älter als ein Jahr.

Weniger CD4-Immunzellen

Bei der Autopsie gestorbener, infizierter Affen zeigte sich durchweg eine verringerte Zahl von CD4-Immunzellen, die von den Viren dezimiert werden. Genau dies wird auch bei der menschlichen Variante der Immunschwäche beobachtet. CD4-Zellen dirigieren weitere Teile des Immunsystems, wenn sie ausfallen, wehrt sich der Organismus viel schwächer gegen zahlreiche Krankheitserreger. Der Schluss: Ein großer Teil der Schimpansen bekommt Affen-Aids und stirbt vorzeitig an den Erregern – alles Parallelen zum Menschen.

Affen sind neben Aids auch durch Ebola bedroht.

Affen sind neben Aids auch durch Ebola bedroht.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

"Keele und seine Kollegen sind die ersten Forscher, die dies in freier Wildbahn beschreiben", erklärt Robin Weiss vom University College in London in einem begleitenden "Nature"-Kommentar. 18 Prozent der Tiere waren infiziert, die autopsierten Exemplare zeigten Krankheitszeichen wie Menschen bei Aids. "SIV ist offensichtlich weniger virulent als HIV im Menschen", schreibt Weiss. "Aber warum?" Womöglich liege die Erklärung in einer langen Koevolution von Viren und Affen, in deren Verlauf sich ein weniger gefährlicher Erreger herausgebildet habe. Beim Menschen und HIV ist dieser Prozess noch nicht so weit, und daher rafft der Erreger derzeit rund zwei Millionen Menschen im Jahr hinweg.

Die östliche Unterart

Die Gombe-Schimpansen gehören zur östlichen Unterart der Schimpansen (Pan troglodytes schweinfurthii). Die westliche Unterart Pan troglodytes troglodytes, die jenen SIV-Stamm trägt, aus dem HIV hervorging, zeigt indes keine Aids-artigen Zeichen einer Immunschwäche. Weiss stellt daher die Frage, ob die SI-Viren von den westlichen auf die östlichen Schimpansen Afrikas übergegangen sein könnte, deren Organismus damit nun schlechter zurechtkommt.

Die neuen Resultate sind ein wichtiger Hinweis für die Medizin: Schimpansen könnten womöglich doch als Modellorganismus dienen, um das Fortschreiten von Aids zu untersuchen. Studien in großem Umfang werden sich damit indes nicht veranstalten lassen: Schimpansen sind bedroht und sie müssen aufwendig gehalten werden. Ideale Labortiere sind sie daher nicht. Zusätzlich zur Bedrohung durch Aids und Ebola könnten die großen Affen in der Natur auch noch das Risiko haben, durch den engen Kontakt mit den Menschen deren Krankheiten zu bekommen, schreibt Weiss. "Relativ ungefährliche humane Infektionen könnten sich für Schimpansen als ernste Pathogene erweisen."

Quelle: ntv.de, dpa

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