Neue Erkenntnisse Contergan hemmt Blutgefäße
18.05.2009, 06:00 Uhr Fast fünfzig Jahre, nachdem die Schädigung von Neugeborenen durch das Schlafmittel Contergan erst für Entsetzen und dann für Empörung sorgte, liefern britische Forscher eine weitere Erklärung für die verhängnisvollen Folgen seines Wirkstoffes Thalidomid. Eines seiner Abbauprodukte hemmt die Bildung von Blutgefäßen in einem empfindlichen Entwicklungsstadium, berichtet Christina Therapontos vom Imperial College in London in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften ("PNAS").
Thalidomid zerfällt im Körper in eine Vielzahl von Nebenprodukten, die zum Teil entzündungshemmende Wirkung haben, zum anderen das Wachstum von Gefäßen hemmen. Dies war bekannt und dies ist der Grund dafür, dass Thalidomid auch heute noch gegen Krebs oder gegen Lepra eingesetzt wird. Der genaue Beginn der Schäden allerdings, der zu Missbildungen bei Neugeborenen führte, war bisher ebenso unbekannt wie ihr chemischer Verursacher.
Abschaltung der Bildung von Blutgefäßen
Christina Theropontos experimentierte mit künstlichen Molekülen, die den verschiedenen Abbauprodukten ähneln. Sie fand, dass einer dieser Stoffe mit der Bezeichnung CPS49 während einer kurzen Entwicklungsphase die Bildung von Blutgefäßen in den knospenden Extremitäten der Embryonen von Hühnern und Zebrafischen fast völlig abschaltete. Dies geschah, bevor sonstige körperliche oder Erbgut-Veränderungen auftraten und betraf nur unreife Gefäße. Ausgewachsene Adern waren nicht betroffen. Auch Versuche mit menschlichen Zellkulturen aus Nabelschnurzellen bestätigten diese Beobachtung. Dieser Typ Zellen lagert sich normalerweise spontan zu gefäßähnlichen Geweben zusammen nicht jedoch unter dem Einfluss von CPS49.
Damit glauben die Forscher, endlich das 50 Jahre alte Rätsel der Thalidomid-Wirkung gelöst zu haben. Sie hoffen, damit einen Weg zu einer effektiveren Behandlung früher Krebsstadien mit Thalidomid oder CPS49 zu finden, aber ohne deren schädliche Wirkungen.
Durch das Medikament Contergan waren weltweit etwa 10.000 Kinder mit schweren Fehlbildungen geboren worden. Auch heute noch werden, vor allem in Afrika und Südamerika, Kinder mit diesen Schäden geboren.
Quelle: ntv.de, dpa