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Tierschutz im Visier Erhalt der Artenvielfalt

Um den rasanten Artenschwund in der Tier- und Pflanzenwelt zu stoppen, hat die Regierung erstmals eine Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt vorgelegt. Bis 2020 soll sich damit der Schutz für tausende bedrohte Arten in Deutschland verbessern. "Das ist international die ambitionierteste Strategie, die Sie finden werden", sagte Umweltminister Sigmar Gabriel am Mittwoch nach dem Kabinettsbeschluss. Von Umweltverbänden bekam er Lob.

Das mehrere hundert Seiten starke Paket formuliert 330 konkrete Ziele und 430 Maßnahmen, um die natürliche Vielfalt durch besseren Schutz der Lebensräume zu erhalten. Zum Beispiel soll bis 2020 der Status der Mehrzahl der bedrohten Arten auf der Roten Liste verbessert sein; in Deutschland gelten 28 Prozent der Farn- und Blütenpflanzen und 40 Prozent der erfassten Tierarten als gefährdet.

Zudem soll der Anteil der naturbelassenen Wälder bis 2020 von einem auf fünf Prozent steigen, die Kohlendioxid-Speicherkapazität von Mooren soll bis 2020 um zehn Prozent erhöht werden, indem sie wieder befeuchtet werden. In Städten soll für alle Bewohner fußläufig eine öffentliche Grünfläche erreichbar sein.

Gabriel führt für den Schutz der natürlichen Vielfalt auch wirtschaftliche Gründe an. "Es geht hier nicht nur um ein altruistisches Thema", sagte der Minister. So werde der Marktwert der aus "genetischen Ressourcen abgeleiteten Produkte" auf mindestens 500 Milliarden Dollar (richtig) geschätzt. Dabei geht es zum Beispiel um neuartige Flammschutzmittel, die aus der Erforschung von Mammutbäumen entwickelt wurden oder die Untersuchung des Galapagos-Hai, die zu verbesserten Flugzeugoberflächen geführt haben, wie Gabriel sagte.

Deutschland sei in Europa der größte Importeur von pflanzlichen Arzneistoffen; der Handel damit weltweit mache 20 Milliarden US-Dollar pro Jahr aus. Nicht zuletzt diene der Naturschutz in Deutschland dem Tourismus mit rund drei Millionen Beschäftigten, sagte der Minister.

Auch nach dem Kabinettsbeschluss erwartet er allerdings Konflikte bei der Umsetzung der Strategie. "Der Buschkrieg beginnt jetzt", sagte der SPD-Politiker. Dabei geht es zum einen um wirtschaftliche Interessen - etwa der Torfbauern, die die Moore nutzen -, zum anderen aber auch um politische Grundsatzfragen. Gabriel attackierte in dem Zusammenhang heftig eine Bundesratsinitiative unionsgeführter Länder, die das Ziel verfolge, Naturschutzstandards zu senken. Das sei "ein Skandal", sagte er.

"Kein fundamentalistischer Naturschutz"

Die Union im Bundestag signalisierte Unterstützung für die Strategie. Doch müsse man das "Zieldreieck" von ökologischem Nutzen, wirtschaftlicher Verträglichkeit und sozialer Verantwortung im Auge behalten. "Fundamentalistischer und statischer Naturschutz muss zu einem Auslaufmodell werden", erklärte CDU-Umweltpolitikerin Marie-Luise Dött.

Der Deutsche Naturschutzring und der WWF begrüßten die Initiative, warnten allerdings davor, das Programm zum "Papiertiger" werden zu lassen. Der WWF kritisierte zudem, dass es 15 Jahre gedauert habe, bis Deutschland seine Hausaufgaben machte.

Eigentlich hatte sich die Bundesrepublik bereits 1992 auf dem Erdgipfel in Rio dazu verpflichtet, bis 1994 ein solches Programm auszuarbeiten. "Wir sind enorm im Verzug", räumte Gabriel ein. Anlass der Vorlage ist nun die nahende UN-Konferenz zur biologischen Vielfalt im Mai 2008 in Bonn.

Quelle: ntv.de

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