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Streusandbüchse Brandenburg "Es gibt keine Versteppung"

Viele Brandenburger Bauern müssen ihre Felder bewässern.

Viele Brandenburger Bauern müssen ihre Felder bewässern.

(Foto: picture alliance / dpa)

Brandenburg gehört schon heute zu den trockensten Regionen Deutschlands. Hier liegen die durchschnittlichen Niederschläge rund 20 Prozent unter dem deutschlandweiten Mittelwert. Zudem gibt es eine Verschiebung der Niederschläge vom Sommer in den Winter. Nicht nur die Bauern, sondern auch Kleingärtner klagen über zu wenig Regen.

n-tv.de: Herr Prof. Gerstengarbe, droht Brandenburg die Versteppung?

Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe: Nein! Es gibt keine Versteppung in Brandenburg, Wir nehmen an, dass es in den nächsten Jahrzehnten besonders im Sommer zu noch geringeren Niederschlägen und durch die steigenden Temperaturen zu einer Erhöhung der Verdunstung kommen wird. Beides wird zum Absinken des Grundwasserspiegels führen. Dennoch kann man nicht von Versteppung reden, denn das, was man bisher in Brandenburg beobachten kann, unterscheidet sich erheblich davon, was beispielsweise in Steppengebieten in Mittelasien passiert.

Was sind denn die Kriterien für eine Versteppung?

Überschwemmungen im brandenburgischen Beeskow.

Überschwemmungen im brandenburgischen Beeskow.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit Versteppung wird ein Prozess bezeichnet, bei dem eine Landschaft wegen Wassermangels langsam austrocknet. Über das ganze Jahr hinweg fällt extrem wenig Niederschlag. Das führt dazu, dass sich die Vegetation einstellt und infolge dessen auch keine Tiere mehr in diesen Gebieten leben können. Einen solchen Prozess kann man in Deutschland nicht beobachten. Das was manchmal mit Versteppung verwechselt wird, sind die Auswirkungen von Dürreperioden.

Solche Dürreperioden können wir dennoch immer häufiger beobachten. Beunruhigt Sie das?

Nein, denn es gibt Maßnahmen, mit denen wir die Wasserbilanz auch in Brandenburg beeinflussen können. Wenn es in Zukunft im Winter, zumindest in einigen Regionen Brandenburgs, mehr Niederschläge als bisher geben wird, dann gibt es die Möglichkeit, dieses Wasser zum Beispiel durch Speichermaßnahmen für den Boden zu nutzen. Außerdem muss versucht werden, die Bauern zu überzeugen, den Winterniederschlag im Frühjahr versickern zu lassen. Zurzeit läuft noch ein Großteil des Niederschlages als Oberflächenwasser einfach ab, weil noch nicht genug Versickerungsflächen zur Verfügung stehen. Außerdem sollten die Meliorationsmaßnahmen, die zu DDR-Zeiten für riesige trockengelegte Flächen gesorgt haben, wieder rückgängig gemacht werden. So könnte der Grundwasserspiegel trotz der geringen Niederschlagswerte auch in Brandenburg auf einem guten Niveau gehalten werden.

Sandstürme können für Autofahrer gefährlich werden.

Sandstürme können für Autofahrer gefährlich werden.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Den geringen Niederschlägen stehen immer öfter Überschwemmungen in bestimmten Regionen gegenüber. Woran liegt das?

Das stimmt und hört sich zunächst paradox an. Wir beobachten, dass die sogenannten Vb-Wetterlagen zunehmen. Mit Vb-Wetterlage wird ein Tiefdruckgebiet bezeichnet, das aufgrund einer Troglage nicht direkt von Island, also von West nach Ost, über Europa zieht, sondern zunächst nach Süden abgelenkt wird. Das Tiefdruckgebiet zieht dann über Spanien und wird über dem Golf von Genua zusätzlich mit Feuchtigkeit angereichert. Auf dem Weg in Richtung Norden bleibt es aufgrund der Zirkulationsbedingungen zum Beispiel über dem Fichtelgebirge liegen und regnet sich quasi auf der Stelle ab. In der Folge kommt es zu solchen Hochwassern, wie wir sie beispielsweise 1997 an der Oder und 2002 an der Elbe hatten. Diese spezielle Wetterlage gibt es nur in dieser Region, die in etwa von der Donau bis zu Weichsel reicht.

Brandenburg wird wegen der Bodenbeschaffenheit oftmals als "Streusandbüchse" bezeichnet. Können Sie etwas zur Bodenqualität in Brandenburg sagen?

Tatsächlich gibt es im Osten des Landes vermehrt sandige und lehmige Böden. Die Bodenqualität hat sich jedoch in den letzten Jahren nach Untersuchungen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung für die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) nicht dramatisch verändert.

Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe arbeitet am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und ist Professor am Geographischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin.

Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe arbeitet am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und ist Professor am Geographischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin.

(Foto: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung)

Im April 2011 gab es einen verheerenden Sandsturm an der A19. Wie wird es in Zukunft mit Sandstürmen in Brandenburg aussehen?

Es ist wahrscheinlich, dass es in Zukunft auch in Brandenburg zu solchen Ereignissen kommen kann. In Brandenburg gibt es immer noch diese riesigen Ackerflächen mit sandigen Böden, die massiv von Winderosion bedroht sind. Die Kombination aus diesen Faktoren könnte zu ähnlichen Sandstürmen führen. Sie sind jedoch nicht als Zeichen des Klimawandels zu werten.

Mit Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe sprach Jana Zeh

Quelle: ntv.de

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