Schilddrüsen-Fehlfunktion Fast jeder Dritte betroffen
20.07.2005, 13:08 UhrOft werden Schilddrüsenknoten in einem fortgeschrittenem Stadium entdeckt. Jeder Dritte in Deutschland habe entweder eine Schilddrüsenvergrößerung oder einen Kropf, erklärt der Arzt Mathias Beyer in Nürnberg.
In den meisten Fällen ist eine krankhafte Vergrößerung der Schilddrüse kein Grund zur Sorge. Doch immerhin 100.000 Menschen in Deutschland müssen jährlich daran operiert werden. Selten sind Veränderungen an der Schilddrüse nicht.
Prof. Lothar-Andreas Hotze, Betreiber der Internetseite Schilddruesenpraxis.de in Mainz-Kastel (Hessen), rät, beim regelmäßigen ärztlichen Körpercheck auch die Schilddrüse zu überprüfen. Eigentlich ist die Schilddrüse ein unauffälliges Organ: Sie liegt vor der Luftröhre unterhalb des Kehlkopfes. Laut Beyer ist es ihre Aufgabe, die Hormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) zu produzieren. Sie sind für das Körperwachstum und für die Wärmeproduktion sowie den Kalorienverbrauch zuständig.
Zur Herstellung der Hormone benötigt die Schilddrüse Jodverbindungen. Fehlt Jod dauerhaft, stellt die Schilddrüse so genannte Wachstumsfaktoren her, die zur Vergrößerung des Organs und zur Bildung von Bindegewebe und Knoten führen können. Jodmangel gilt daher als Hauptursache für eine Vergrößerung der Schilddrüse.
Besteht der Verdacht auf eine Größenzunahme der Schilddrüse, folgt als erstes eine Ultraschalluntersuchung. Damit lässt sich deren exakte Größe messen. Ebenso wird die Menge der Schilddrüsenhormone im Blut gemessen. Werden Knoten oder eine Überfunktion festgestellt, wird ein so genanntes Szintigramm gemacht: Dem Patienten wird eine schwach radioaktive Flüssigkeit gespritzt, die sich in der Schilddrüse anreichert. Aus der Stärke und Verteilung der Radioaktivität lässt sich auf die Aktivität der Knoten schließen.
"Heiße Knoten" produzieren mehr Hormone als eine gesunde Schilddrüse. "Sie sind praktisch nie bösartig", sagt Endokrinologe Beyer. "Kalte Knoten bergen das Risiko, dass sich Krebs gebildet hat", erklärt Hotze. Diese Befürchtung bewahrheite sich jedoch nur in drei bis fünf Prozent aller Knoten. Kalte Knoten produzieren weniger Hormone als das gesunde Organ.
Um das Krebsrisiko festzustellen, entnehmen die Ärzte in diesem Fall eine winzige Gewebeprobe. Ist die Sorge vor Krebs unbegründet, wird mit Hilfe vom Kombinationsmedikamenten aus Jod und dem künstlich hergestellten Schilddrüsenhormon Levothyroxin versucht, die Entstehung weiterer Knoten zu verhindern.
"Eine Operation ist notwendig, wenn der Knoten den Verdacht erregt, bösartig zu sein", erklärt Prof. Jochen Kußmann, Leiter der Chirurgischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses Wandsbek in Hamburg. Ängste vor einer solchen OP sind laut Kußmann aber nicht mehr angebracht.
Das Hauptrisiko einer Schilddrüsen-OP besteht heutzutage laut Kußmann in einer möglichen Sprachlosigkeit. Ein dauerhafter Schaden an den Stimmbandnerven sei bei einer Erstoperation in etwa einem Prozent der Fälle zu erwarten. "Es ist die große Kunst, das rauszumachen, was raus soll, und Stimmbandnerven und Nebenschilddrüsen drin zu lassen", sagt der Chirurg.
Quelle: ntv.de