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Elbfischer sterben aus Immer weniger Aale

Der Aal windet sich, als Gernot Quaschny ihn aus dem gelben Wasserbehälter nimmt. Grau glänzt die Haut am Rücken des 75 Zentimeter langen Blankaals. Der Bauch ist weiß. Und obwohl der Aal als Fisch sprichwörtlich stumm sein müsste, gibt er leise, quäkende Töne von sich. "Lass mich frei, hat er gesagt", scherzt Quaschny. Der 45-Jährige aus Hohengöhren ist einer von fünf hauptberuflichen Elbfischern in Sachsen-Anhalt. Bundesweit fischen an der Elbe rund 20 Berufsfischer.

Der Fisch, den sie am liebsten in ihren Netzen finden, ist der Aal. "Brotfisch der Elbfischer", nennt ihn Quaschny. Doch die Zahl der Aale sinkt. Auch der Beruf des Flussfischers gilt mangels Nachwuchs als gefährdet.

"Die Flussfischerei ist fast vom Aussterben bedroht", sagt Quaschny. Die schwarze Schiebermütze tief in die Stirn gezogen, steht er in seinem Kahn und erklärt, was den Aalen im Gegensatz zu anderen Fischarten zu schaffen macht: Parasiten und Kormorane, die auf die Fische Jagd machen sowie die Überfischung junger Aale in den Meeren. Wie viele seiner Kollegen bewirtschaftet Quaschny zusätzlich zur Elbfischerei mehrere Seen, um von der Fischerei leben zu können.

Obwohl wegen der gestiegenen Wasserqualität die Zahl der Fischarten in der Elbe stetig steigt, gibt es nicht überall an der Elbe noch Fischer: In Sachsen und Schleswig-Holstein findet man diesen Berufszweig nicht mehr, wie die zuständigen Fischereibehörden mitteilen. In Hamburg sind dagegen noch fünf Berufsfischer an der Elbe registriert. Brandenburg hat seit den 90er Jahren wieder sieben hauptberufliche Elbfischer. Auf insgesamt 104 Fischarten sei der Bestand in der Elbe inzwischen angewachsen, sagt der Leiter des Elbfischereibüros Bleckede in Niedersachsen, Axel Schlemann. Am Mittellauf der Elbe gebe es immerhin wieder rund 50 Fischarten.

Im Einzugsbereich des Elbfischereibüros zwischen Hamburg und Schnackenburg (Niedersachsen) bestreiten noch drei Fischer ihren Lebensunterhalt mit der Flussfischerei. Die Zukunft der Elbfischer hänge vor allem davon ab, ob die Elbvertiefung und der Bau von Wasserkraftwerken realisiert werden, erklärt Schlemann. "Diese Projekte würden deutlich negative Auswirkungen auf Wanderfischarten haben." Als dritten entscheidenden Faktor nennt auch er den Aal. Wenn die Elbe in ihrem jetzigen Zustand bleibe und der Aalbestand wachse, sehe er dagegen noch Wachstumspotenzial in der Flussfischerei, etwa in Kombination mit touristischen Angeboten als Zusatzverdienst.

Elbfischer Quaschny hat sich als Helfer der Wissenschaft ein zweites berufliches Standbein aufgebaut. "Ich fange Aale für das Institut für Binnenfischerei Potsdam. Die Wissenschaftler vermessen und markieren die Tiere und können so ihre Wanderung verfolgen." Auch werden regelmäßig junge Aale in der Elbe ausgesetzt, damit die Bestände wieder wachsen. Wenn der 45-Jährige andere Wanderfische wie Lachse, Quappen oder Neunaugen fängt, wiegt und vermisst er auch diese. Die Informationen gibt er an Forschungsinstitute weiter. "Es besteht ein riesiges Interesse an solchen Daten", sagt er.

Im Kahn hat er eine Messlatte liegen, die aussieht wie ein rotbrauner Plastikblumenkasten mit Zentimetermaß. Drinnen zappelt ein 15 Zentimeter langer Aal. "In fünf Jahren kann er wiederkommen", sagt Quaschny und wirft den Fisch wieder ins Wasser. Sein ausgewachsener Artgenosse dagegen muss sich noch gedulden. "Der wird erst markiert, dann kann er freigelassen werden", erklärt Quaschny.

Julia Klabuhn, dpa

Quelle: ntv.de

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