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Immun gegen Krebstumore Nacktmulle hemmen den Kontakt

Die Zellen der Nacktmulle stellen ihr Wachstum bereits dann ein, wenn sich ein lockeres Netzwerk mit wenigen Zellkontakten gebildet hat. So haben Krebszellen keine Chance.

Der mausgroße Nager stammt aus Afrika.

Der mausgroße Nager stammt aus Afrika.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Nacktmulle haben einen Mechanismus entwickelt, der sie vor Krebstumoren bewahrt. Offensichtlich sind die Zellen des haarlosen Nagers besonders kontaktscheu, wie eine amerikanische Forschergruppe um Andrei Seluanov von der Universität Rochester (US-Staat New York) in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften ("PNAS") berichtet. Denn während menschliche Zellen und die anderer Säugetiere das Wachstum erst bei dichtem Kontakt untereinander einstellen und so der Tumorbildung vorbeugen, tun die Zellen des für seine Langlebigkeit bekannten Nacktmulls dies schon bei lockerem Kontakt, erklären die Forscher.

Ursache der Langlebigkeit?

In Zellkulturen hören Säugetierzellen auf, sich zu teilen, sobald sie eine dichte Schicht gebildet haben. Diese sogenannte Kontakthemmung gesunder Zellen ist ein sehr effizienter Mechanismus der Krebsvorsorge. Krebszellen hingegen wuchern auch bei engem Kontakt weiter und bilden mehrere übereinander liegende Schichten. Die Zellen des Nacktmulls wiederum sind noch vorsichtiger: Sie stellen ihr Wachstum schon dann ein, wenn sich ein lockeres Netzwerk mit wenigen Zellkontakten gebildet hat, berichten die Forscher. In dieser "frühen Kontakthemmung” vermuten Seluanov und seine Kollegen das Geheimnis der bemerkenswerten Langlebigkeit der Nager: Trotz ihrer geringen Körpermasse von durchschnittlich etwa 35 Gramm können die Tiere ein Alter von mehr als 28 Jahren erreichen.

Die unterschiedliche Empfindlichkeit der Zellen von Nacktmullen und anderen Nagern wird über verschiedene Signalwege gesteuert, vermuten die Forscher. Die verantwortlichen Eiweiße in der Zellwand – so genannte Membranproteine – scheinen bei den Nacktmullen besonders empfindlich. Zudem haben sich die Tiere einen doppelten Schutzschild zugelegt: Zwei verschiedene Membranproteine reagieren bei unterschiedlichen Zelldichten und stoppen das Zellwachstum oder führen sogar zum Zelltod. Bei den meisten Nagern löst vor allem das sogenannte p27 eine Kontakthemmung aus. Bei den Nacktmullen aber ist dem p27- noch der p16-Signalweg vorgeschaltet, der schon bei geringen Zelldichten reagiert.

Ein Modell für die Krebsforschung

Seluanov und seine Kollegen sehen daher in den Nacktmullen einen bedeutsamen Modellorganismus für die Krebsforschung. Langlebigkeit ist üblicherweise mit einem erhöhten Krebsrisiko verbunden. Die nähere Erforschung der frühen Kontakthemmung der Nacktmulle könnte den Weg für die Entwicklung neuer Therapien zur Behandlung und Vorbeugung von Krebserkrankungen ebnen, betonen die Forscher.

Nacktmulle sind nicht nur durch ihre Langlebigkeit auffallende Lebewesen: Die haarlosen Nagetiere leben in großen unterirdischen Kolonien in den Halbwüsten Ostafrikas, die ähnlich einem Insektenstaat aufgebaut sind: Es gibt eine Königin, die sich fortpflanzt. Strenge Arbeitsteilung regelt das Leben der restlichen Mitglieder eines Staates. Zudem werden sie – fast nackt, mit großen Zähnen und kaum erkennbaren Augen – häufig als die hässlichsten Tiere der Welt bezeichnet.

Quelle: ntv.de, dpa

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