"Grünes" Meerestier Schnecke produziert Chlorophyll
19.01.2010, 18:45 Uhr
Die atlantische Nacktschnecke ist nicht vergleichbar mit ihrer europäischen Verwandten zu Lande (im Bild).
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die "solargetriebene” Meeresschnecke Elysia chlorotica produziert den zur Photosynthese nötigen grünen Blattfarbstoff Chlorophyll A nachweislich selbst. Damit vereint der äußerlich ohnehin bereits an ein Blatt erinnernde Organismus sowohl tierische als auch pflanzliche Merkmale in sich. Das berichtet eine Gruppe um Sidney Pierce von der University of South Florida im Journal "Symbiosis". Bereits vor dieser Untersuchung war bekannt, dass Elysia im Erbgut der Alge Vaucheria gewildert hat, derer Photosynthese-Fabriken sich das Tier bedient.
Die Schnecken faszinieren Forscher bereits seit langer Zeit. Die vor der Küste Nordamerikas lebende atlantische Nacktschnecke frisst Meeresalgen der Art Vaucheria litorea. Schon länger ist bekannt, dass das Tier aus den Algen deren kleine Photosynthese-Fabriken (Chloroplasten) herauslöst, sich selbst unter ihre Haut einlagert und während der rund zehn Monate ihres Lebens weiterbetreibt.
Tier erinnert an ein Blatt
Damit erscheint das rund drei Zentimeter kleine Tier grünlich und erinnert entfernt an ein Blatt. Zudem muss die Schnecke nur in ihrer Jugend fressen – und versorgt sich anschließend zum Teil mit Sonnenlicht über die "gekidnappten” Chloroplasten. Sie überleben also dank Sonnenlicht und Luft – wie eine Pflanze. Das ist erstaunlich, denn die pflanzliche Photosynthese-Maschinerie ist auch auf Proteine angewiesen, die auf die DNA im Zellkern der Alge zurückgehen.
Pierce und seine Kollegen zeigten nun, dass das Tier auch den Farbstoff Chlorophyll herstellt – mit diesem sammeln Pflanzen Lichtenergie für die Photosynthese. Von Zeit zu Zeit muss der ausbleichende Farbstoff nachgeliefert werden – dies können die Tiere selbst erledigen. Das zeigten die Forscher mit einem Experiment. Dafür wurden die Schnecken fünf Monate auf Diät gesetzt. In dieser Zeit sollte alles, was in ihrem Darm war, verdaut und ausgeschieden sein.
Farbstoff bei Sonnenanbetern sichtbar
Dann verabreichten Pierce und seine Kollegen den Tieren radioaktiv markierte Aminosäuren, die Bausteine vieler biologischer Verbindungen. Und tatsächlich fand sich später radioaktiv markiertes Chlorophyll in den Tieren. Der Farbstoff zeigte sich nur, wenn die Tiere ein Sonnenbad genommen hatten, nicht aber in dunkel gehaltenen Schnecken. Außerdem förderte eine genetische Untersuchung im Schneckengenom vier Erbanlagen zutage, die Enzyme zur Chlorophyll-Herstellung liefern.
Sowohl Pierce als auch eine Gruppe um Mary Rumpho von der Universität von Maine in Orono hatten schon zuvor pflanzliche Erbanlagen in der Schnecke gefunden. Diese Übertragung ist unter dem Namen horizontaler Gentransfer bekannt, kommt allerdings meist bei Bakterien vor. Der direkte Gentransfer zwischen höheren Organismen ist sehr selten.
Quelle: ntv.de, dpa