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Kein Abschied am Grab Wie Trauer gelingen kann

Die veränderten Bestattungsriten in Deutschland wirken sich nach Ansicht von Wissenschaftlern negativ auf den Trauerprozess aus. Immer öfter werde beispielsweise bei Beerdigungen der Sarg nicht mehr vor den Augen der Hinterbliebenen in die Erde gesenkt. Damit werde versucht, "aus falsch verstandener Humanität" die Wirklichkeit zu verschleiern, sagte der Mainzer Theologie-Professor Ansgar Franz bei einer Fachtagung über Bestattungskultur in Trier.

Immer häufiger werde auch das Innere des Grabes mit einem grünen Plastik-Grasteppich ausgelegt, damit die Erde nicht direkt zu sehen sei. "Wer sich den rituellen Abschied erspart, hat später Schwierigkeiten beim Trauerprozess", sagte Franz.

In einigen Gemeinden Deutschlands sieht die Friedhofsordnung nach Franz' Angaben bereits generell vor, den Sarg erst nach Verlassen der Angehörigen in die Erde zu lassen. Statt Erde würden oft Blumen auf den Sarg geworfen. "Die Blumen gehören auf das Grab, nicht in das Grab", sagte Franz am Rande eines Seminars über "Liturgie und Bestattungskultur". Mit solchen Versuchen, eine Bestattung vermeintlich erträglicher zu machen, werde der endgültige Abschied von einem Menschen "überspielt". Nicht ohne Grund hätten früher Angehörige das Grab sogar selbst zugeschaufelt.

Manche Hinterbliebene wollten sogar den Sarg des Toten nicht mehr bis zum Grab begleiten. Sie verabschiedeten sich in Trauer in der Kirche und gingen nach Hause. "Sie haben später immer das Gefühl, dass sie ihn stehen gelassen und nicht bis zu seinem letzten Ort gebracht haben", sagte Franz.

"Trauer gelingt nicht, wenn der Mensch versucht, dem Schmerz auszuweichen", sagte der Professor für Sozialpsychologie an der Universität Mainz, Randolph Ochsmann. Die Problematik Tod zu verdrängen, könne negative Folgen haben: "Es kann dazu führen, dass die Trauer sich verzögert oder verlängert."

Quelle: ntv.de

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