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Molekulare Prothese Gen-Netzwerk gegen Gicht

Ein künstliches Netzwerk aus zusammengebauten Genen hilft gegen Gicht, zumindest bei Versuchen an Mäusen. Die sogenannte "molekulare Prothese" kann die Harnsäure regulieren.

Ein Ellbogengelenk, das von Gicht betroffen ist.

Ein Ellbogengelenk, das von Gicht betroffen ist.

(Foto: Nick Gorton, wikipedia)

Ein künstliches Netzwerk aus Genen könnte künftig der Stoffwechselerkrankung Gicht vorbeugen. Die "molekulare Prothese” kann die Konzentration der Harnsäure regulieren, die für die Krankheit verantwortlich ist. Das schreibt ein Schweizer Forscherteam um Martin Fussenegger von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich im Fachjournal "Nature Biotechnology”.

Die Wissenschaftler testeten die neue Methode an Mäusen. Sie pflanzten den Tieren ein zusammengebautes Gen namens UREX ein, das verschiedene Bausteine enthält. Diese kommunizieren untereinander. Ein Harnsäuresensor misst ständig die Konzentration im Blut. Überschreitet diese eine kritische Grenze, schlägt der Sensor Alarm: Er gibt die Information an einen anderen Gen-Baustein weiter. Dieser schüttet dann die richtige Dosis des Enzyms Urat-Oxidase aus, das den Säurespiegel normalisiert. Tatsächlich ging die Harnsäurekonzentration im Blut der Mäuse auf ein gesundes Niveau zurück, Kristalle in den Nieren der Tiere lösten sich auf.

Winziges Implantat

Grillhähnchen beispielsweise haben eine hohe Harnsäurekonzentration und sollten von Gichtkranken gemieden werden.

Grillhähnchen beispielsweise haben eine hohe Harnsäurekonzentration und sollten von Gichtkranken gemieden werden.

Das Implantat besteht aus einer Kapsel von 0,2 Millimetern Durchmesser. Darin befinden sich zwei Millionen Zellen, in denen wiederum das biologische Netzwerk steckt. Die Kapsel ist von einer Schutzschicht aus Algengelatine umgeben, damit das körpereigene Immunsystem sie nicht zerstören kann. Poren machen die Kapsel durchlässig – so kann der Säurespiegel gemessen und die Zellen mit Nährstoffen versorgt werden.

Dennoch kommt der Organismus nicht in Kontakt mit den künstlichen Genen, schreiben die Forscher. Es sei nicht notwendig, in das Erbgut eines Patienten einzugreifen. Das Implantat könne jederzeit ohne Nachwirkungen entfernt werden. "Bei unserer Methode korrigieren wir einen fehlerhaften Stoffwechsel und helfen dem Körper dabei, sich optimal selbst zu therapieren”, erläutert Fussenegger.

Typische Krankheit der Industrieländer

Etwa ein Prozent der Bevölkerung in Industrieländern leidet an Gicht. Ursache ist eine erhöhte Konzentration der Harnsäure im Blut. Ist der Spiegel zu hoch, bilden sich Harnsäurekristalle, die sich in den Gelenken ablagern oder Nierensteine bilden. Bei vielen Säugetieren bestimmt das Enzym Urat-Oxidase den Harnsäurespiegel. Dieses ist dem Menschen im Lauf der Evolution abhanden gekommen.

Es gibt verschiedene Gründe für einen erhöhten Säurespiegel: Genetische Veranlagung, Umwelteinflüsse, schlechte Ernährung. Dennoch spielt die Harnsäure eine wichtige Rolle im menschlichen Entgiftungssystem – sie fängt freie Radikale ein, die Hirnerkrankungen und neurologische Störungen hervorrufen können.

Quelle: ntv.de, dpa

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