Von Kümmerern und Mönchen Der Basis-Wortschatz fürs Landleben
24.07.2016, 08:59 Uhr
So pflügte man früher, erklärt auf Seite 46.
(Foto: picture alliance / dpa)
Von der Stadt aus gesehen, ist das Landleben sehr geheimnisvoll. Wie wird Käse gemacht und welche Vorzüge hat das Texas Longhorn gegenüber dem Charolais? Antworten liefert die Illustratorin Julia Rothman in gleichermaßen klugen wie sympathischen Schaubildern.
Die US-Illustratorin Julia Rothman ist ein Stadtkind durch und durch. Doch ausgerechnet mitten in New York trifft sie ihre große Liebe, das Landei Matt. Es kommt, wie es kommen muss. Eh sich Rothman versieht, findet sie sich zu Weihnachten auf einer Farm in Iowa wieder. Über lange, menschenleere Straßen, vorbei an endlosen Feldern landet Rothman in einer Postkartenwelt.
Das Problem ist nur, dass sie zunächst kaum etwas aus den Gesprächen versteht, die ihre Nun-fast-schon-Verwandtschaft am großen Familientisch führt. Aber was tut man nicht alles um der Liebe willen. Rothman jedenfalls verlässt sich auf ihre Fähigkeiten und bastelt sich selbst ein Lehrbuch, das die Hürde zwischen Landei und Stadtkind überwinden hilft. Unter dem Titel "Auf dem Land" ist der charmante Leitfaden für die Basis-Kommunikation mit Landmenschen nun auch auf Deutsch erschienen.
In gleichermaßen einfachen wie ästhetischen Schaubildern führt Rothman ihre Leser über einen Bauernhof. Welche Bodenschicht enthält welche Nährstoffe? Wie sieht eine Fruchtfolge aus? Was sollte man auf den Kompost tun? Weiter geht es mit Scheunentypen, -toren und –vögeln, Ackermaschinen, Apfelsorten und Hühnerkammformen. Jedes Bild könnte man sich glatt als Plakat aufhängen. Ein Jahr lang arbeitete sie an den Zeichnungen, bevor diese in Schaubildern zusammengestellt wurden.
Kümmerer und andere Unbekannte
Vor allem bei den Haustieren gibt es jede Menge ergänzende Informationen, denn eine Ziege beispielsweise ist so viel mehr als eine Ziege. Es gibt Milchziegen, Fleischziegen und Wollziegen, es gibt Tiere mit besonders guten Eutern und welche mit besonders schön geschwungenen Hörnern. Und dass ein Mönch ein kastrierter Ziegenbock ist, erfährt der Leser natürlich auch.
Überhaupt das landwirtschaftliche Fachvokabular. Wo immer es möglich ist, bringt Rothman unter, was sie auf der Farm ihres Mannes gelernt oder sich inzwischen ambitioniert angelesen hat. Das kleinste und schwächste Ferkel eines Wurfs ist natürlich ein Kümmerer, und ein Ster? Das ist ein Würfel Stapelholz von einem Meter Kantenlänge.
Und während man Seite für Seite umblättert, schließlich sogar noch in Rezepte und Handarbeitstechniken eintaucht, ahnt man etwas von dem Vergnügen, dass Rothman bei der Assimilierung unter Landmenschen empfindet. Tatsächlich beginnt man sich auf den Moment zu freuen, in dem man eines Landwirtschaftsgerätes ansichtig wird und spontan ausrufen kann: Oh, ein Sternradschwader! Dann hat es man es wohl vom Stadtkind zum Landei geschafft. Dank Julia Rothman.
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Quelle: ntv.de