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Enormer Rückgang im Schwarzen Meer Schweinswale extrem bedroht

Schweinswale leben auch in der Ostsee.

Schweinswale leben auch in der Ostsee.

(Foto: picture alliance / dpa)

Eine Studie US-amerikanischer Wissenschaftler offenbart Erschreckendes: Die Zahl der Schweinswale im Schwarzen Meer schrumpft binnen eines halben Jahrhunderts um rund 90 Prozent. Ursachen sind Überfischung, Überdüngung und die Einschleppung fremder Arten.

Die Zahl der Schweinswale im Schwarzen Meer ist einer Modellrechnung zufolge in 50 Jahren um rund 90 Prozent geschrumpft. Darauf lasse die Analyse von Erbgutproben aus dem heutigen Bestand schließen, berichten Forscher in den "Proceedings" der Nationalen Akademie der Wissenschaften in den USA ("Pnas"). Hauptursache sei neben dem Walfang die kommerzielle Fischerei.

Ein Ostsee-Schweinswal im Fjord-Belt-Sealand im dänischen Kerteminde. (Archivbild von 2004)

Ein Ostsee-Schweinswal im Fjord-Belt-Sealand im dänischen Kerteminde. (Archivbild von 2004)

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Wissenschaftler um Michaël Fontaine von der Universität Paris-Süd hatten die genetische Vielfalt von Schweinswalen (Phocoena phocoena relicta) im Schwarzen Meer untersucht. Sie verwendeten unter anderem Erbgut aus den Mitochondrien, den Kraftwerken der Zelle, deren Erbgut nur von der Mutter stammt. Weil bei der Fortpflanzung keine Vermischung mit dem väterlichen Erbgut stattfindet, eignet sich mitochondriales Erbgut zur Bestimmung von Verwandtschaftsbeziehungen. Mit Hilfe von Computermodellen schlossen die Forscher aus den Erbgutproben von mehr als 60 Tieren auf Veränderungen der Population in den vergangenen Jahrtausenden.

Bedenklicher Rückgang

Die Daten ergaben, dass die Zahl der Wale vor höchstens 5000 Jahren massiv zunahm und dass es einen extremen Rückgang in den vergangenen 50 Jahren gegeben haben muss. Der wahrscheinlichsten Rechnung nach seien einst rund 300 der Tiere ins Schwarze Meer eingewandert, als dieses vor rund 8000 Jahren wieder eine Verbindung zum Mittelmeer bekam. Die Population sei dann auf rund 7500 Tiere herangewachsen. Für den Bestand der Unterart derzeit ergebe sich eine Zahl von etwa 700 Tieren. Herkömmliche Schätzungen gingen dagegen von einigen Tausend Individuen aus, der Unterschied lasse sich aber aus der Methode heraus erklären und stelle nicht die Ergebnisse als solche infrage, heißt es in der Studie.

Das Schwarze Meer sei ein geschundenes Ökosystem, dem unter anderem Überfischung, Überdüngung und die Einschleppung fremder Arten geschadet hätten, schreiben die Forscher. In den frühen 70-er Jahren seien allein von der Türkei aus jährlich mehr als 80.000 Schweinswale erlegt worden. Von 1966 an habe es in Bulgarien, Rumänien und der ehemaligen Sowjetunion und von 1983 an auch in der Türkei ein Fangverbot für Wale und Delfine im Schwarzen Meer gegeben. Illegal sei die Jagd aber weitergegangen, die Bestände rängen bis heute um Erholung. Eine weitere Ursache sei, dass sich immer wieder Schweinswale und Delfine in Fischernetzen verhedderten und ertränken.

Die Methode, aus dem Erbgut auf die Entwicklung einer Population zu schließen, lasse sich auch auf andere räumlich isolierte Tiergruppen anwenden, schreiben die Forscher. Ihre Analyse zeige, dass menschliche Aktivitäten einen klaren "Abdruck" in der genetischen Vielfalt von Tieren hinterlassen können.

Quelle: ntv.de, dpa

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