Von wegen Angst vor Regen Würmer fliehen vor Maulwürfen
23.10.2008, 09:53 UhrBei Erschütterungen winden sich Regenwürmer so schnell wie möglich aus der Erde ans Tageslicht. Die Tiere hätten Angst, bei einem Regenguss zu ertrinken, lautete lange Zeit die Vermutung der Forscher. Es sei eher die Furcht vor ihrem ärgsten Feind, dem Maulwurf, die die Würmer nach oben treibe, haben zwei Forschergruppen nun herausgefunden, deren Ergebnisse im Fachmagazin "Biology Letters" der britischen Royal Society und in "PLoS one" veröffentlicht wurden.
Ken Catania von der Vanderbilt-Universität in Nashville im US-Bundesstaat Tennessee hatte zunächst sogenannte "Wurmgrunzer" (englisch "Worm Grunters") in Florida begleitet. Diese Männer und Frauen rammen auf der Jagd nach dem besonders großen Erdwurm Diplocardia mississippiensis Holzpflöcke in den Boden und streichen mit Metallblättern darüber, heißt es in "PLoS one". Die damit erzeugten Vibrationen lassen die Würmer an die Oberfläche flüchten – wo sie aufgesammelt und später als Köder an Angler verkauft werden. Hunderte der Tiere kämen in zwölf Metern Umkreis um einen solchen Pflock zum Vorschein, ein "Grunzer" sammle am Tag tausende Würmer ein, stellte Catania fest.
Suche nach Sicherheit
Im Labor steckte der Biologe 50 der Regenwürmer in eine mit Erde gefüllte Box und setzte anschließend einen Maulwurf dazu. Sobald dieser anfing, Tunnel zu buddeln, seien Dutzende Würmer an der Oberfläche aufgetaucht und hätten sich auch dort noch panisch gewunden, heißt es in der Studie weiter. Maulwürfe kämen bei der Nahrungssuche nicht an die Oberfläche, erklärt Catania das Verhalten der Würmer. Die Flucht nach oben biete deshalb schnell Sicherheit – auch wenn dort andere Feinde und die Austrocknung drohten.
Der Biologe testete zudem die Reaktion der Würmer auf die von den "Wurmgrunzern" erzeugten Vibrationen. Die Tiere flüchteten an die Oberfläche, wanden sich dort aber "besinnungslos" in irgendeine Richtung – während sie sich bei einem Maulwurf als Ursprung der Erschütterungen gezielt von diesem wegbewegten.
Regen lässt Würmer kalt
Anschließend platzierte Catania einen Sprinkler über Boxen mit je 50 Würmern darin und simulierte eine Stunde lang heftigen Regen. In fünf solchen Versuchen seien lediglich drei Würmer an der Oberfläche erschienen, heißt es in der Studie. Die Boxen seien völlig überschwemmt worden – trotzdem seien alle Würmer wohlauf gewesen. Freilandversuche während heftiger Unwetter hätten bestätigt, dass die Tiere nicht von heftigem Regen nach oben getrieben werden. Allerdings könne dieses Ergebnis nicht auf alle Arten von Regenwürmern übertragen werden, gibt Catania zu Bedenken.
Auch die Forscher um Jayne Yack von der Carlton University in Ottawa in Kanada wiesen nach, dass sich Diplocardia-Würmer mit einem Pflock und einem Metallstück aus dem Boden "grummeln" lassen. Sie untersuchten aber nicht, ob Maulwürfe oder Regen Ursache des Effekts sind. Unter Regenwürmern mit Erschütterungen Angst und Schrecken zu verbreiten, hat nicht nur bei Anglern Tradition: Auch Möwen und eine Schildkrötenart nutzen den Effekt. Sie trampeln auf der Stelle, bis ihnen die Leckerbissen aus der Tiefe quasi zu Füßen liegen.
Quelle: ntv.de