
Bis nach Jordanien soll es mit dem über 20 Jahre alten BMW 520i gehen.
(Foto: BMW)
Wer ein gebrauchtes Auto kauft, muss einiges beachten. Um so mehr, wenn der Wagen an einer 6000 Kilometer langen Rallye über Stock und Stein teilnehmen soll. Wie zum Beispiel ein BMW 520i touring der Baureihe E34. Auch hier braucht es eine Tiefenprüfung.
Abenteuerreisen brauchen in der Regel Zeit. So auch die Langstreckenrallye Allgäu – Orient 2017. Ein Event, das sechs jungen Menschen - unterstützt von BMW - die Möglichkeit gibt, mit einem 5er bis nach Amman in Jordanien zu fahren. Bis dahin ein eher unspektakuläres Unterfangen, denn warum sollte man mit einem Bayern der oberen Mittelklasse nicht mal locker 6000 Kilometer bewältigen? Der Haken an der Geschichte ist, dass die Fahrt mit einem mindestens 20 Jahre alten 5er und abseits befestigter Straßen bewältigt werden muss.
Um genau zu sein, gilt Folgendes: Keines der Autos der 111 Teams darf jünger als 20 Jahre oder teurer als 1111 Euro sein. Es gibt keine Übernachtungen in Luxushotels, sondern für höchstens 11,11 Euro pro Person, am besten aber kostenlos im Zelt am Wegesrand oder im eigenen Wagen. Autobahnen sind ebenso tabu wie moderne Navigationsgeräte. Das schließt die Routenführung über das Smartphone ein. Erlaubt sind hingegen alle Nebenstraßen und die gute alte Klappkarte. Die Älteren von uns erinnern sich.
Gesucht wird ein E34

Das Steuergerät weist eine andere Laufleistung als der Tacho aus. Eigentlich ein Ausschlusskriterium für den Kauf.
(Foto: BMW)
Angesichts des Regelwerks ist die Auswahl der Autos nicht ganz unwichtig. Gesucht werden drei BMW 520i touring der Baureihe E34. Seinerzeit galt der Bayer als robuster und komfortabler Langläufer. Beweis dafür ist, dass man in den einschlägigen Börsen einen 520i touring der Baujahre 1992 bis 1996 kaum mit einer Laufleistung unter 300.000 Kilometern findet. Allerdings waren die 6-Zylindermodelle mit 150 PS auch sehr beliebt und sind keine Seltenheit. Nach dem 525tds war der 520i mit knapp 31.000 verkauften Einheiten das zweitbeliebteste Modell der Reihe.
Damit die Abenteurerreise für die Teilnehmer mit einem Altersdurchschnitt von 28 Jahren nicht bereits an der nächsten Kreuzung endet, hat BMW den Fachmann Axel aus der Classic-Abteilung freigestellt, um beim Kauf beratend zur Seite zu stehen. Er kennt die Baureihe aus dem Effeff. "Wirkliche Schwachstellen hat der 520i nicht", sagt Axel. Was man bei älteren Modellen vor allem findet, ist Kantenrost. Defekte resultieren in der Regel aus simplem Verschleiß, denn alles, was sich bewegt, unterliegt Reibung und nutzt sich früher oder später ab. Deswegen gilt es beim Kauf eines 20 Jahre alten E34 ebenso wie bei allen anderen Autos dieser Altersklasse, die Lager, Aufhängungen und Bremsen einer besonderen Inspektion zu unterziehen.
Objekt der Begierde ist 22 Jahre alt
Einer der drei BMWs, den die Teilnehmer im Internet entdeckt haben, ist ein 1995er Baujahr mit einer Laufleistung von 280.000 Kilometern, der laut Verkäuferangaben in einem fabelhaften Zustand sein soll. Allerdings sollen auch 2000 Euro dafür gelöhnt werden. Praktischerweise steht der Wagen nicht weit von München. Bei der Ankunft stellt sich heraus, dass es sich gar nicht um einen Profiverkäufer handelt, sondern um einen Familienvater und seinen Sohn. Beide erweisen sich nach einem kurzen Gespräch als ausgemachte Autofans, die auch mit Informationen zum Fahrzeug nicht geizen.
Da ist zum Beispiel der Tachostand. Hier vermutet der Sohn - der kurz vor seiner Prüfung zum Kfz-Meister steht -, dass die tatsächliche Laufleistung bei 400.000 Kilometern liegen könnte, der Tacho also zwischenzeitlich manipuliert wurde. Jedenfalls ist das den Daten des Steuergerätes zu entnehmen, das die Fahrleistung ebenfalls abspeichert. Die Offenheit der Verkäufer spricht für sie, die Absicht, das Fahrzeug zu kaufen, gerät hingegen ins Wanken. Doch so schnell will Axel das Thema nicht ad acta legen und startet den 5er. Ohne zu zögern springt er an und schickt den typischen Reihensechszylinder-Klang durch die Endrohre.
Diese Prüfung wäre also bestanden. Auch die verschlissenen Fahrwerkskomponenten hat der angehende Kfz-Meister bereits ausgewechselt: Stoßdämpfer, Tonnenlager und Querlenker sind neu. Auch die Lichtmaschine und der Kühler. Zudem hat das Auto einen aktuellen TÜV. Ein Luxuselement des alten 5er bleibt aber ohne Funktion: die Klimaanlage. Keine Seltenheit. Viele Gebrauchtwagenbesitzer sparen an dieser Stelle, denn die Reparatur kann gemessen am Zeitwert des Wagens sehr teuer werden. Aber alles reden über das Auto reicht nicht: Axel kriecht ins und unters Auto, inspiziert den Motor, die Kühlung und Achsen, kontrolliert Bremsen und Elektrik. Nach einer gefühlten Ewigkeit ist die statische Prüfung abgeschlossen. Aber jetzt schon über den Kauf zu verhandeln, wäre verfrüht. Erst eine Probefahrt kann den bis dahin guten Eindruck abschließen.
Probefahrt macht den Test rund
Ganze zwei Stunden steuern Axel und die Rallye-Teilnehmer den 22 Jahre alten 520i über Straßen und Feldwege rund um München, um Stoßdämpfer und Manschetten zu prüfen. Schließlich muss der Wagen etwa 300 Kilogramm an Gepäck und Ersatzteilen über 6000 Kilometer schleppen. Auch die Schaltung soll geprüft werden. Bewusst hatte man sich schon im Vorfeld für ein manuelles Getriebe entschieden. Erfahrungsgemäß sind die Automaten nicht so stabil, als dass die Sicherheit bestünde, dass sie eine Reise in den Nahen Osten über Stock und Stein überstehen würden.

Der zweifache DTM-Champion Marco Wittmann beweist, dass es sich mit einem E34 auch ganz famos driften lässt.
(Foto: BMW)
Am Ende wird bei einer Tasse Kaffee der Kaufvertrag unterschrieben. Für 1500 Euro geht der 520i touring an das Rallyeteam. Axel jedenfalls ist zuversichtlich, dass der Bayer die Reise ohne größere Probleme überstehen wird. Um den Teilnehmern noch mal ein gutes Gefühl zu geben, trifft man sich in Garchingen auf der BMW-Teststrecke mit dem zweifachen DTM-Champion Marco Wittmann. Als der mit den Teilnehmern im Touring um die Kurven geht und sogar noch einige Drifteinlagen einbaut, sind alle überzeugt, dass dieses Auto die Reise überstehen wird.
Muss es auch, denn am Ende der dreiwöchigen Fahrt, die am 07. Mai startet, wird es nicht nach Deutschland zurückkehren, sondern in Jordanien für einen guten Zweck verkauft. Nicht als Ganzes, sondern in Einzelteilen, versteht sich. Und noch etwas: Die Sieger, die sich immerhin gegen 110 Teams durchsetzen müssen, gewinnen ein Kamel. Das Wüstenschiff ist im Orient mehr wert als jedes Auto und wird natürlich ebenfalls an Bedürftige abgegeben.
Quelle: ntv.de