BX7 auf der IAA vorgestellt Borgward doch nur ein China-SUV?
16.09.2015, 18:07 Uhr
In der Seitenansicht erinnert der Borgward BX7 stark an einen BMWX3.
(Foto: Holger Preiss)
Die Erwartungen waren groß, als sich Borgward in Genf ganz ohne Auto auf einen Stand stellte und die Wiedergeburt der Traditionsmarke ankündigte. Jetzt ist das Auto auf der IAA zu sehen und man fragt sich, ob es nicht nur ein China-SUV mit gekaufter Historie ist.
Auf der IAA hat Borgward die Katze aus dem Sack gelassen, die in Genf das erste Mal maunzen durfte. Das sich mit dem legendären Markennamen schmückende Fahrzeug ist ein SUV. Doch statt der malerischen Namen von einst trägt der Borgward von heute das Kürzel BX7. Das ist wohl auch dem Umstand geschuldet, dass die deutsche Traditionsmarke mit dem Verkauf im kommenden Jahr zuerst in China starten will und sich die Kunden im Reich der Mitte wohl kaum mit Namen wie Isabella, Hansa oder Goliath hätte anfreunden können. Dann doch lieber eine Buchstaben-Zahlen-Kombination, wie sie die Konkurrenz der deutschen Edelmarken nutzt. Denen schließlich will man ja vorerst im Mutterland des Geldgebers Foton – einem chinesischen Hersteller von Vans, Trucks und Bussen – die Kundschaft abjagen.
Schlechter Zeitpunkt für Marktstart
Allerdings ist der Zeitpunkt für Borgward denkbar schlecht, um durchzustarten. Der Boom auf dem chinesischen Automarkt ist nämlich vorbei. Das ging so schnell, dass selbst die absatzstarken deutschen Premiummarken kalte Füße kriegen. Hinzu kommt, dass der Start einer neuen Marke auch zu Hochzeiten in China kein Selbstläufer ist. Den Beweis liefert Quoros. Die mit wirklich guten Fahrzeugen in den Verkauf gegangene Marke setzte im letzten Jahr gerade mal 7500 Autos ab. Dabei liegen die Jahreskapazitäten der Produktion bei sagenhaften 150.000 Stück. Nun mag der Vorteil sein, dass Borgward das Händler- und Vertriebsnetz von Foton nutzen kann. Eine Garantie ist aber auch das nicht.
Auch dann nicht, wenn der Ex-Daimler-Manager Ulrich Walker, der jetzt als Vorstand von Borgward tätig ist, vollmundig verkündet, dass mittelfristig 500.000 Fahrzeuge pro Jahr abgesetzt werden sollen. Dann allerdings nicht nur in China, sondern vor allem in den Schwellenländern und Europa. Um das zu erreichen, soll das Portfolio in Zukunft jährlich um zwei neue Modelle erweitert werden. Zuerst wird die SUV-Familie ausgeweitet, dann werden weiterer Segmente besetzt. Hierzulande soll der BX7 ab 2017 angeboten werden.
Kein flippiges Design
Optisch ist das Borgward-SUV eine Mischung aus den Konkurrenten, denen er gerne das Wasser abgraben möchte. Die Frontscheinwerfer erinnern an Mercedes, das Heck ist eine Mischung aus Porsche Macan, Audi Q5 und VW Touareg, wobei die Seitenlinie deutliche Anleihen bei BMW nimmt. Genau dort reiht sich der Wagen mit einer Länge von 4,70 Metern auch ein. Selbst den Kühlergrill mit den aufrechten Lamellen gibt es in fast identischer Form schon bei der General-Motors-Marke Buick. Nur ist er da nicht so wuchtig. Nun sind diese optischen Zitate nicht verwerflich. Sie könnten aber verhindern, dass der Borgward sich einen wiedererkennbaren Platz im Straßenbild erkämpft und auch das ist für die immer individuellere Autofahrergemeinde ein Ausschlusskriterium.
Unter der Haube sollen zunächst zwei Aggregate für den Vortrieb sorgen: ein 2,0 Liter großer Turbo-Benziner mit 224 PS und ein Plug-in-Hybrid, bei dem zum Vierzylinder-Benziner noch ein Elektromotor an der Hinterachse zum Einsatz kommt, der seine Kraft aus einem Lithium-Ionen-Akku mit 13,2 kWh schöpft. Die Systemleistung steigt so auf 401 PS, wobei der Normverbrauch – dank 55 Kilometern elektrischer Reichweite – auf 2,3 Liter sinken soll. Die Kraftübertragung des Verbrenners übernimmt ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Neun Fahrmodi stehen für den Plug-in-Hybrid bereit, unter anderem ein spezielles Offroad-Programm.
Assistenzsysteme, aber kein Innenraum
Beim Fahrwerk setzt Borgward auf McPherson-Federbeine an der Vorderachse und auf eine Multilenker-Hinterachse. Dazu kommt eine adaptive Lenkung, die situationsabhängig immer das richtige Maß an Servounterstützung bereitstellt. Auch bei den Assistenzsystemen orientiert man sich an europäischen Standards. Da gibt es neben einem Kollisionsassistenten mit aktivem Bremseingriff einen Notbremsassistenten mit Fußgängererkennung, der seine Arbeit erst bei Geschwindigkeiten über 70 km/h versagt. Ebenfalls an Bord ist ein Spurhalteassistent und ein Abstandsregeltempomat, der seine Aufgabe bis Tempo 200 erfüllt.
Auch für das Infotainment verspricht Borgward einiges. Das zentrale Display hat eine Bildschirm-Diagonale von 12,3 Zoll, wobei sich der Fahrer mit dem Touchscreen oder per Drehrücksteller durch die Menüs hangeln kann. Auch ein Concierge-Service, wie ihn BMW und Opel anbieten, ist geplant. Selbstverständlich kann man auch per App auf das Fahrzeug zugreifen. Auf diesem Weg lässt sich der Benzinstand prüfen, das Auto öffnen und verriegeln oder eine Route direkt in das Navigationssystem übertragen.
Wie sich der Wagen im Innenraum anfühlt, kann an dieser Stelle leider nicht gesagt werden, denn die Chinesen hielten die Türen geschlossen, als der Autor vor Ort war. Aber selbst wenn die versprochenen Ledersitze mit Rautensteppmuster passabel sind und keine Lücken zwischen den Verkleidungsteilen klaffen, wird es ein Borgward BX7 nicht leicht haben, sich auf dem Markt zu etablieren. Einzig über den Preis könnte hierzulande etwas zu machen sein. Wo der liegen wird, ist reine Spekulation. Gerüchteweise soll das Einstiegsmodell mit Frontantrieb für etwa 26.000 Euro zu haben sein. Ob das so sein wird, werden wir erfahren, wenn es Borgward tatsächlich in anderthalb Jahren auf den deutschen Markt schafft. Bis dahin darf man in jedem Fall skeptisch bleiben.
Quelle: ntv.de