BMW 4er Cabrio Eher Gleiter als Kurvenbeißer
30.01.2014, 12:34 Uhr
Ab März gibt es das BMW 4er Cabrio zu Preisen ab 46.300 Euro.
Wie man Neues und Vertrautes sinnvoll miteinander vereint, demonstriert BMW mit dem 4er-Cabrio. Die Ziffer einer erst jüngst gestarteten Baureihe wird mit dem bekannten Metall-Klappdach versehen, womit sie sich bewusst von den offenen Versionen der 1er und 6er-Reihe abhebt.
Die Idee, künftig die sportlichen und emotionalen Modelle mit geraden Ziffern, die eher erdverbundenen Baureihen mit den ungeraden zu betiteln, ist noch relativ jung. Vergangenes Jahr setzte das 4er Coupé den Anfang der neuen Ziffernlogik. Folgerichtig erscheint nun das 4er Cabrio, das die Klappdach-Version des vormaligen 3ers ersetzt. Der Konzern kann die geänderte Zählweise für eine stärkere Differenzierung der Modellreihen nutzen. Bei den Mittelklasse Coupés der deutschen Hersteller ist die Situation nämlich recht unübersichtlich, was den Vergleich der Verkaufsvolumina erschwert.
Von 3er Coupé und Cabrio wurden während der Laufzeit der Baureihe weltweit rund 630.000 Fahrzeuge verkauft. Etwa 40 Prozent davon waren Cabrios, zunächst mit Stoff-, später mit Metall-Faltdach. Zuletzt überwog der Anteil der Cabrios den der geschlossenen Modelle sogar. Eine Neuordnung der Baureihen, so wie BMW sie jetzt vollzieht, hat es auch bei der inländischen Konkurrenz gegeben. Was bei Audi heute A5 Cabrio heißt, war früher ein offener A4, bei Mercedes steht "E-Klasse-Cabrio" für ein Fahrzeug, dessen Größe der C-Klasse näher steht. Darum ist der Vergleich der Kundenakzeptanz so schwierig.
Audi beispielsweise konnte im vergangenen Jahr in Deutschland innerhalb der A5-Familie rund 25 Prozent Cabrios an den Mann und die Frau bringen. Das E-Klasse-Coupé von Mercedes kam zwar nur auf rund die Hälfte des absoluten Fahrzeug-Volumens, dafür entschieden sich aber 58 Prozent für ein Cabrio. Der 3er BMW wiederum, der bei den deutschen Kunden sowohl den A4 von Audi als auch die Mercedes C-Klasse deutlich überflügeln konnte, kam mit dem auslaufenden Cabrio nur noch auf rund vier Prozent Anteil. Nach den Prognosen des Herstellers dürfte in der neuen 4er-Reihe das Cabrio auf einen 40-prozentigen Anteil kommen.
Die großen Erwartungen, die BMW in den 4er setzt, sind auch an einer anderen Zahl abzulesen: Rund 40 Prozent vom weltweiten Absatz werden mutmaßlich in die USA gehen. Von den drei großen deutschen Premium-Marken stehen die Bayern dort am besten da. Von den weltweit 1,96 Millionen produzierten BMW wurden 2013 dort 376.000 Autos abgesetzt.
Technische Hürde genommen
Analog zum 2er Coupé, das die Abmessungen der Stufenheckversion des 1ers übertrifft, bietet auch das 4er Cabrio Zuwachs an allen Fronten. Bedeutsam für Käufer und Insassen sind aber zwei andere Neuigkeiten: Erstmals bietet BMW fürs Offenfahren eine Nackenheizung an (wie sie Mercedes und Audi schon seit einiger Zeit haben). Die Ausströmer sind allerdings nicht in den Kopfstützen, sondern im oberen Teil der Rückenlehne untergebracht. Als Sonderausstattung kostet der Halsföhn 400 Euro. Darüber hinaus ist die Bedienung des Verdecks ist jetzt auch beim Fahren möglich. Stoffdach-Cabrios beim Fahren zu öffnen und zu schließen, ist bekanntlich längst eine Selbstverständlichkeit, doch bei mehrteiligen Metalldächern gab es in der Vergangenheit häufig technische Hürden.
So ist die Verdeck-Konstruktion bei den Klappdächern insgesamt viel schwerer als bei Stoffhauben. Beim 4er Cabrio sind es alles in allem 230 Kilogramm. Das ist die Größenordnung eines V8-Motors. Wird diese Masse vom Schwerpunkt des Autos weg bewegt, kann die Fahrstabilität leiden. Bedingt durch das Gewicht sind auch die Verwindungsreaktionen der Dachteile und der sie haltenden Mechanik größer, wenn das Fahrzeug über holperiges Pflaster gleitet oder eine geneigte Piste hinauf oder hinunter muss. Um bewegungsbedingte Fehlfunktionen ausschließen zu können, hat BMW die maximale Fahrgeschwindigkeit, bei der das Dach geöffnet oder geschlossen werden kann, auf 18 km/h begrenzt. Das ist zwar kaum mehr als ein gut trainierter Jogger erreicht, aber um etliches besser, als stoppen zu müssen, um das Dach zu bewegen.
Laut BMW werde das dreiteilige Metallklappdach die Kunden zudem mit einer deutlich verbesserten Geräuschdämmung und durch den "absorbierenden Himmel" beeindrucken. Der fühlbare Komfortgewinn des komplett verkleideten Dachhimmels mit zusätzlicher Innenbeleuchtung gehe einher mit umfassender Wintertauglichkeit. Zum Wegklappen und Verstauen brauchen die Elektromotoren 20 Sekunden, genau so lange dauert es, die Teile wieder unter der Kofferraumklappe hervor zu holen. Neu ist in diesem Zusammenhang auch eine Beladehilfe, die es ermöglicht, das Dachpaket anzuheben, um darunter Gepäck zu verstauen. Rund 150 Liter Volumen benötigt das gefaltete Dach, so dass von ursprünglich 270 Litern Kofferraum noch 220 zur Verfügung stehen.
Beim Windschott wird hingelangt
Nicht inklusive ist das Windschott, für das 360 Euro extra verlangt werden. Gut angelegtes Geld, denn bei gleichzeitig geschlossenen Seitenscheiben sind die vorderen Insassen gut gegen Zugluft geschützt. Zumindest bei den Geschwindigkeiten, die das strenge US-Tempolimit zuließ, konnte kein störender Hauch im Innern wahrgenommen werden. Wem 360 Euro allein für ein faltbares Plastiknetz zu teuer erscheinen, der kann den Frisurenschoner als Teil eines Comfort-Pakets ordern. Das beinhaltet unter anderem Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Einparkhilfe, Durchladesystem, automatisch abblendende Innenspiegel sowie Lordosenstütze für Fahrer und Beifahrer und kostet 3150 Euro.
Seinem Wesen nach ist das 4er Cabrio eher fürs gemütliche Cruisen als für bissige Kurvenjagden geeignet. Entspanntes Gleiten unter freiem Himmel, niedrige Drehzahlen und ein warmer Hauch an der Nackenpartie sind die Zutaten für einen erholsamen Nachmittag. Eine zurückhaltende Fahrweise ermöglicht es zudem, in die Nähe des Normverbrauchs von 7,5 Litern zu kommen (für den 435i mit Automatik). Gemessen an der gewichtigen Dachkonstruktion liegt die Fahrzeugmasse insgesamt in einem guten Mittelfeld. 1815 Kilogramm werden vom 435i in 5,5 Sekunden auf 100 km/h beschleunigt und bei 250 km/h abgeregelt. Zum Marktstart im März wird das 4er Cabrio in zwei Benzin- und einer Dieselvariante angeboten, die je nach Wunsch mit einem Sechsgang-Schaltgetriebe oder einer Achtgang-Automatik kombinierbar sind. Die 245 PS starke Version 428i ist auch als x-Drive, also mit Allradantrieb lieferbar.
Zunächst wird die Ausgabe mit dem Vierzylinder-Diesel (184 PS) das günstigste 4er Cabrio sein. Der Handschalter steht mit 46.300 Euro in der Preisliste und soll sich mit 5,1 Litern je 100 Kilometer begnügen. Das 306 PS starke Sechszylinder-Cabrio kostet 54.000 Euro und verbraucht als Handschalter 8,1 Liter. Das ist eine ordentliche Stange Geld, doch zieht man als Vergleich die offene Version des 335i von 2010 heran, so fällt der Preisanstieg mit 1650 Euro vergleichsweise moderat aus.
Quelle: ntv.de