Per aspera ad astra Licht- und Sitzprobe im neuen Opel Astra
09.07.2015, 10:50 Uhr
Der neue Astra ist geschrumpft, hat 120 Kilogramm Gewicht verloren, dafür aber an Raum gewonnen und auch optisch mehr zu bieten als der Vorgänger.
(Foto: Holger Preiss)
Opel steht mit dem Astra schon lange nicht mehr in der Reihe hinter dem VW Golf. Das, was die Rüsselsheimer jetzt aber mit der fünften Generation anbieten, dürfte manchen Premiumherstellern Falten auf die Stirn treiben. Denn hier gibt es Matrix-Licht, WLAN und ein Apple-Gefühl zum kleinen Preis.
Den lateinischen Spruch "per aspera ad astra" hat Opel für sein Volumenmodell, den Astra, in jeder Hinsicht wörtlich genommen. Denn frei übersetzt heißt das nichts anderes als "aus der Dunkelheit ins Licht". Nimmt man das Ranking der Mittelklassemodelle zur Grundlage, dann belegt der immer gern am VW Golf gemessene Rüsselsheimer in Europa nur noch den vierten, in Deutschland gar den fünften Platz.
Das könnte sich mit der fünften Generation des Astra ändern. Nicht nur, dass der Neue sich unter der Regie von Chefdesigner Kurt Beyer optisch zu einem echten Hingucker gemausert hat, er hat auch an Raum gewonnen, kann in allen erdenklichen Formen für das mobile Leben 2.1 konfiguriert werden und hat nach vorn eine ganz neue Strahlkraft zu bieten. Doch der Reihe nach.
Ein Auto auch zum Streicheln
Beyer hat dem neuen Astra eine Form gegeben, die ihn weiterhin als echten Opel ausweist, ihm aber Eigenheiten gibt, die man so noch nicht kannte. So wurde der Grill verschlankt und das Opel-Logo präsenter, in die Motorhaube wurden Falze gebügelt, eine prägnante Tornadolinie sorgt mit der Sichel über den Schwellern für ein Licht-Schatten-Spiel auf den Flächen und das Dach scheint - dank einer Applikation in der C-Säule - zu schweben, was wiederum die Coupé-Form unterstreicht. Auch am Heck wurde gefalzt, dass es eine Lust hat.
In der Summe ergibt sich so folgendes Bild: Der neue Astra wirkt hinten schlank, vorne breit. Ein Bild, das man sich durchaus bei einem modernen Auto wünscht. Beyer fügt hinzu: "Beim neuen Astra sind Flächen entstanden, die man nicht nur gerne ansieht, sondern auch gerne anfasst." Ein Auto nicht nur zum Fahren also, sondern auch zum Streicheln. Das möchte man auch im Innenraum. Hier greift das Design die immer wiederkehrende Sichelform der Lichtgrafik und des Außendesigns auf. Doch anders als an der Außenhaut, wo es um Standfestigkeit und Dynamik geht, bringen sie für das Interieur eine Leichtigkeit. Die Armatur wirkt im Vergleich zum Vorgänger breit, flach und angenehm schlank. Hinzu kommen wertigere Materialien, die ein haptisches Vergnügen schaffen.
Apple-Gefühl und WLAN-Hotspot
Auch die oft kritisierte Fülle an Tasten, Schaltern und Knöpfen ist verschwunden. "Wir wollten ein Apple-Gefühl erzeugen", so Beyer, "viel Glas und Klarheit in der Bedienung". Deshalb gibt es jetzt optional einen 7 oder 8 Zoll großen Touchscreen, über den per CarPlay das iPhone oder per AndroidAuto die Google-basierten Smartphones gespiegelt werden können. Und weil wir gerade dabei sind: Opel offeriert für den Astra das hauseigene System OnStar.

Zwei Ansichten des Innenraums: Oben die Basis, darunter die höchste Ausstattung Innovation.
(Foto: Holger Preiss)
Dahinter verbirgt sich ein WLAN Hotspot, der mit bis zu sieben Geräten gekoppelt werden kann. Bei einem Unfall wird ein SOS-Notruf aktiviert und sendet über Sensoren einen Bericht an einen Berater, der entsprechende Hilfsmaßnahmen einleitet. Ein Diebstahl-Notfallservice kann das Auto orten. Auf Wunsch ist eine Fahrzeugdiagnose möglich und es können Ziele durch den Servicedienst auf das Navi übertragen werden.
Das alles gibt es rund um die Uhr und kostet im ersten Jahr nichts. Danach wird ein Jahresbeitrag von 99 Euro für den Dienst fällig und die Datenflatrate muss mit einem entsprechenden Provider verhandelt werden. Die finanzielle Aufwendung, um OnStar ins Auto zu bekommen, hält sich ebenfalls in Grenzen. 450 Euro verlangt Opel für das System zusätzlich, in den Ausstattungslinien Dynamic und Innovation ist es bereits serienmäßig enthalten. Und wer lieber unsichtbar unter dem Radar fliegt, der deaktiviert es per Knopfdruck oder lässt es unangemeldet ruhen.
Matrix-Licht für 1000 Euro
Aber zur Lichtgestalt wird der neue Astra noch durch eine andere Innovation, die man bisher nur aus dem Premiumsegment kennt: das Matrix-Licht. Das von Opel Intellilux getaufte Licht arbeitet mit je acht Leuchtelemente pro Scheinwerfer. Die sind mit einer Frontkamera gekoppelt, die dafür sorgt, dass außerhalb geschlossener Ortschaften aufgeblendet wird und ab einer Geschwindigkeit von etwa 50 km/h die Länge des Lichtstrahls und die Verteilung des Lichtkegels automatisch der Verkehrssituation angepasst werden.
Erkennt die Kamera entgegenkommende oder vorausfahrende Autos, werden einzelne LED gezielt deaktiviert und die betroffenen Fahrzeuge ausgeblendet. Der Rest der Straße und das Umfeld bleiben erleuchtet. Wer also nicht das Standard-Halogen- oder -Xenonlicht haben will, bekommt für 1150 Euro eine Erleuchtung in die Mittelklasse-Limousine, die es anderswo bis dato nur in der Oberklasse der Premiumhersteller gibt. Nur zum Vergleich: Bei Audi kostet das Matrixlicht um die 7500 Euro.
Premium-Sitze und Premium-Luft

Im Fond finden jetzt auch langbeinige Menschen Platz. In die Rückenlehne des Vordermannes sollte man die Knie aber nicht bohren.
(Foto: Holger Preiss)
Und noch etwas soll nicht unerwähnt bleiben: Im neuen Astra stimmen jetzt auch Fahrzeuglänge und Platzangebot überein. In der vierten Generation konnte der Rüsselsheimer seinen Längenvorsprung nicht in Raumvorteil umsetzen. Das macht der neue Fünftürer deutlich besser. Obwohl um fast fünf Zentimeter in der Länge auf 4,37 Meter sowie in der Breite um 3,4 und in der Höhe um 2,6 Zentimeter geschrumpft, bietet er deutlich mehr Platz – vor allem im Fond. Dazu tragen auch die schmaleren Sitze bei, in die man aber tunlichst nicht seine Knie bohren sollte, weil das dem Platzhalter ziemlich sauer aufstoßen könnte. Ansonsten machen die Polster bei der ersten Sitzprobe einen sehr guten Eindruck.
Für Langstreckenfahrer hat Opel auch bei seinen AGR-Sitzen nachgelegt. Die sind nicht nur von der "Aktion Gesunder Rücken" zertifiziert, sondern bieten nun auch Massage- und Belüftungsfunktionen. Und wer es hinten richtig kuschelig mag, der kann für die zweite Reihe jetzt auch eine Sitzheizung bestellen. Und noch eine Premium-Option muss an dieser Stelle Erwähnung finden. In der Mittelkonsole befindet sich nach dem Verschwinden der vielen Knöpfe ein multifunktional zu besetzender Raum. Hier findet entweder ein Handyhalter Platz oder ein "Air-Wellness Duftzerstäuber". Für 50 Euro extra gibt es im Astra gute Luft auf Knopfdruck.
Das Kofferraumvolumen liegt mit 370 Litern auf Wettbewerbsniveau, aber immer noch 20 Liter unter dem des Golf VII. Und damit auch endlich mal gemeckert wird: Der Absatz zwischen Ladekante und Kofferraumboden ist mit etwa 25 Zentimetern extrem hoch und einen doppelten Ladeboden gibt es im Augenblick noch nicht. Wer hier also öfter Wasserkästen transportiert, der wird ordentlich aus der Tiefe schöpfen müssen.
Astra mit Sauger ab 17.260 Euro
Persönlich können sich Astra-Interessenten auf der IAA in Frankfurt ab dem 15. September ein Bild vom neuen Opel machen. Wer jetzt schon bestellen möchte, kann auch das tun, sollte aber mindestens 17.260 Euro bereithalten. Dafür gibt es dann einen neu entwickelten 1,4-Liter-Saugmotor, der an ein manuelles Fünfganggetriebe gekoppelt ist und 100 PS leistet. Allerdings muss man sagen, dass der Einsteiger die Käufer hierzulande kaum befrieden wird. Der deutsche Käufer wird eher den Dreizylinder, der sich schon im Adam und Corsa bewährt, den Vorzug geben.
Der leistet 105 PS, ist ebenfalls manuell über fünf Gänge zu bedienen und kostet ab 17.960 Euro. Noch interessanter sind die Vierzylinder-Benziner, die bei 1,4 Litern Hubraum und mit Turboaufladung 125 oder 150 PS zur Verfügung stellen. Verteilt wird die Kraft hier über eine manuelle Sechsgangschaltung oder eine sechsstufige Wandlerautomatik für die stärkere Motorisierung. Hier starten die Preise bei 21.100 Euro und enden bei 24.000 Euro. Allerdings ist man mit diesen Motoren schon in der höheren Ausstattung Edition. Die Dieselaggregate beginnen bei 20.260 Euro. Dafür gibt es einen 1,6 CDTI mit 95 PS, wer möchte, kann mit dem gleichen Hubraum noch 110 oder 136 PS bekommen.
Alle Selbstzünder sind mit einem manuellen Sechsganggetriebe verbandelt, lediglich der stärkste Diesel kann ab 26.205 Euro mit einer 6-Gang-Wandlerautomatik geordert werden. Alles in allem macht der Astra in der fünften Generation einen sehr guten Eindruck. Wie er sich fährt und ob der geschrumpfte Radstand die Fahrdynamik nachhaltig beeinflusst, wird im September an dieser Stelle berichtet werden.
Quelle: ntv.de