Kleiner Stern jetzt auch fürs Grobe Mercedes GLA - scharf oder hochgebockt
12.02.2014, 11:09 Uhr
Mit entsprechender Ausstattung kann man sich mit dem GLA auch in leichtes Gelände wagen.
Audi hat ihn und BMW hat ihn auch: den Kompakten im SUV-Format. Jetzt zieht Mercedes nach. Spät vielleicht, aber nicht zu spät. Denn der GLA erwächst aus der A-Klasse mit der DNA der G-Klasse. Eine interessante Kombination, die von Offroad bis Rennstrecke reicht.
Wenn die Familie wächst, freut man sich. Das gilt auch für die Autoindustrie. Bei Mercedes heißt der Grund zur Freude GLA, der jetzt als neues Mitglied der G- und der A-Klasse ins Rennen geschickt wird. Das G steht, wie in Stuttgart üblich, für Fahrzeuge mit Offroad-Charakter, das A bezeichnet die im vergangenen Jahr völlig gegen den Strich gebürstete und ordentlich verjüngte und dynamisierte Kompaktklasse. Insofern will der GLA in der Summe also ein Mittelklasse-SUV mit - und das bestimmt der Stern - Oberklasse-Genen sein.
Ein Gegner für Q3 und X1
Und noch etwas freut die Stuttgarter: Hat man doch endlich im Kompaktsegment jenes SUV, das die Ingolstädter mit dem Q3 und die Münchner mit dem X1 schon lange anbieten und das Nissan mit seinem Qashqai, der jüngst in die zweite Generation ging, ja irgendwie vor sieben Jahren erfunden hat. Analysten prophezeien dem GLA großes Potenzial. Mit 120.000 verkauften Einheiten pro Jahr wird gerechnet. Das wäre eine Zahl, die sich auch in Stuttgart sehen lassen kann. Dabei sieht der schwäbische Offroader viel weniger wie ein SUV als vielmehr wie eine dezent hochgebockte A-Klasse aus, die aber eben auch nichts von der schon erwähnten Schmissigkeit vermissen lässt.
Da fehlen weder die Powerdomes auf der Motorhaube noch der Diamantgrill mit dem wuchtigen Stern. Auch die breiten Lufteinlässe in der Frontschürze und die scharfen Sicken in der Seitenansicht bleiben erhalten. Lediglich die Dachlinie fällt nicht mehr so steil ab wie beim kompakten Bruder. Das wiederum bringt aber eine augenscheinliche Veränderung in der Heckpartie mit sich. Die gibt sich hier deutlich kräftiger und drängt den GLA tatsächlich in Richtung SUV, ebenso wie die breiten Seitenschweller und der angedeutete Unterfahrschutz, der von kantigen Endrohrblenden flankiert wird. Es ist ein wenig das Spiel der Elemente, das Mercedes hier probt. Kraxleroptik auf der einen Seite, pure Dynamik auf der anderen.
Echter Geländegänger
Und so hat der Kunde natürlich immer die Wahl. Wer ein tatsächlich auch für leichtes Gelände taugliches SUV haben will, der muss schon bei der Konfiguration seines GLA auf das Offroad-Komfortfahrwerk setzen. Damit hebt sich der Kompakte um 30 Millimeter für mehr Bodenfreiheit und einen größeren Böschungswinkel. Komplett wird das Ganze aber erst, wenn man sich dann auch für den permanenten Allradantrieb 4MATIC entscheidet, der zum einen, dank der hydraulisch aktivierten Lamellenkupplung, eine vollvariable Momentenverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse bietet. Zum anderen sind hier zusätzliche Offroad-Regelfunktionen und die Bergabfahrhilfe DSR serienmäßig enthalten. So aufgerüstet, marschiert der Stuttgarter locker über Geröll und überwindet auf einem Test-Loop mühelos Steigungen mit einem Neigungswinkel von bis zu 30 Prozent. In Tests, so versichert Mercedes, ging der GLA in dieser Ausstattung auch über 80-prozentiges Gefälle.
Mit 4MATIC steigen die Preise für den kleinen Diesel mit 136 PS bei 36.500 Euro ein. Für den großen Benziner mit 211 PS werden knapp 1000 Euro mehr fällig. Ansonsten beläuft sich der Einstiegspreis für den GLA 200 mit 156 PS und Sechsgang-Schaltgetriebe auf 29.300 Euro. Natürlich lassen sich die Preise mit Hilfe der Individualisierungs- und Zubehörliste in ganz andere Regionen treiben. Hier sind persönlichen Vorlieben bei einem entsprechend gut gepolsterten Geldbeutel keine Grenzen gesetzt.
Der GLA als emotionaler Dampfhammer
Absolutes Highlight der GLA-Individualisierung ist natürlich der 45 AMG, der mit etwas mehr als 55.000 Euro eröffnet. Ein für den Offroad-Bereich restlos untaugliches Fahrzeug, das aber mit Hilfe seines im Kompaktbereich brachialen Zweiliter-Vierzylinders mit 360 PS, der in Stuttgart als "stärkster Serien-Vierzylinder der Welt" angepriesen wird, zum "Emotionalinator" wird. Wobei die Herzfrequenz nicht nur von den wuchtigen 450 Newtonmetern gesteigert wird, die das Sieben-Gang-Sportgetriebe auf die Achsen wirft, den 4,8 Sekunden, die es bis auf Tempo 100 braucht oder den 250 km/h in der Spitze, sondern auch von dem heiseren, manchmal fast keuchenden Atem, den der AMG beim Kickdown mit Hilfe der serienmäßigen Klappensteuerung aus den Endrohren hustet. Wichtig ist aber auch, dass der Vierzylinder mit einem CO2-Ausstoß von 175 g/km bereits heute die 2015 in Kraft tretende Abgasnorm Euro 6 erfüllt.
Das Fahrwerk hat AMG 15 Millimeter unter normal gelegt, mit steiferen Achsschenkeln, steiferen Lagern in den Hinterachsträgern und einem starr mit der Karosserie verbundenen Fahrschemel auf Rennstrecke und Kurvenraub ausgelegt. Auf Wunsch kann AMG die Feder- und Dämpferabstimmung noch straffer machen. Allerdings dürften dann Straßenunebenheiten ungebremst vom Steiß bis in die Haarwurzel fahren. Denn das Sportfahrwerk ist von Hause aus schon kein Weichei.
Spaß über alle Motorisierungen

Heckschürze, Schweller, Spoiler. AMG verändert die Optik Richtung Rennstrecke.
(Foto: Holger Preiss)
An dieser Stelle muss aber erwähnt werden, dass es keines AMGs bedarf, um mit dem GLA Fahrspaß zu haben. Beim Boliden aus Affalterbach hat der nämlich spätestens beim Spritverbrauch seine Grenzen. Wer das Kraftwerk in den Grenzbereich fährt, der wird in der Verbrauchsanzeige fröhlich im zweistelligen Bereich kreiseln. Zweifelsfrei kann man auch anders fahren. Im Eco-Modus und bei Landstraßentempo waren es lediglich um die 8 Liter, die der Bolide verbrannte. Im Datenblatt liest man sogar von durchschnittlich 7,5 Litern.
Das ist auch der Verbrauch gewesen, den der durchaus potente GLA 250 nach einer ersten Testrunde anzeigte. Natürlich sind weder die Sprinteigenschaften noch die Tonalität mit dem aufgemotzten Bruder zu vergleichen. Dafür schält man sich nicht aus den mit sehr hohen Seitenwangen versehenen AMG-Rennsitzen, sondern je nach Wahl aus immer noch sportlichen, aber sehr bequemen Polstern. Die Gangschaltung des Automatikgetriebes verschwindet beim großen Benziner wieder aus der Mittelkonsole und landet Mercedes-typisch in der Lenkeinheit. Der Tacho ist jetzt nicht mehr mit Carbon hinterlegt und der Weg der Tachonadel reicht nur noch bis zur 230 statt bis zur 250. Insofern wird der 211 PS starke GLA fast zum Auto der Vernunft.
Noch vernünftiger und mit eingebauter Spaßgarantie ist man natürlich im 220 CDI unterwegs. Mit seinen 170 PS, ordentlichen 350 Newtonmetern Drehmoment und einem erfahrenen Durchschnittsverbrauch von 6,8 Litern kann ihm die hauseigene Konkurrenz kaum das Wasser reichen. Es sei noch einmal darauf verwiesen, dass Vernunft hier nicht mit langweilig verwechselt werden darf. Keine der hier erwähnten Motorisierungen zeigte auf Autobahn, Serpentinen oder Stadtverkehr irgendwelche Schwächen. Ganz im Gegenteil. Dank seines Drehmoments erwies sich gerade der Selbstzünder in den Bergen als ausgesprochen agil und eben entsprechend sparsam. Angesichts dieser Tatsache ist es also durchaus denkbar, dass die schon erwähnten Analysten recht haben und sich auch der GLA verkaufen wird wie geschnitten Brot. Denn innerhalb aller Familienmitglieder der A- und B-Klasse haben die Stuttgarter im vergangenen Jahr weltweit bereits 336.981 Einheiten abgesetzt. Und dabei liegt die Eroberungsrate bei über 50 Prozent - eben jener Käufer, die vorher ein anderes Auto gefahren sind.
Was die Käufer ab März bewegen wird, sich für einen GLA zu entscheiden, ist wahrscheinlich nicht die erhöhte Sitzposition. Die liegt insgesamt mit dem Offroadfahrwerk und der um 50 Millimeter höher gesetzten Karosserie bei maximal sieben Zentimetern. Auch der Kofferraum wird es nicht sein, der mit 235 Litern eher schmal bemessen ist. Nein, es wird die Emotionalität sein, die Mercedes mit dem GLA erzeugt. Optisch und auch fahrtechnisch.
Quelle: ntv.de