Mehr Leistung, weniger Sound Porsche 718 Cayman - eine Spaßbremse?
13.07.2016, 09:38 Uhr
Optisch sind Porsche Boxster und Cayman kaum auseinander zu halten.
Nach dem offenen Boxster schickt Porsche nun den geschlossenen Bruder Cayman mit aufgeladenen Vierzylinder-Motoren ins Rennen. Die offerieren mehr Leistung als die Vorgänger, bei weniger Verbrauch. Aber macht das auch noch Spaß?
Ein Vierzylinder im Porsche? Der Aufschrei, den es Anfang des Jahres bei der Präsentation der überarbeiteten Boxster- und Cayman-Modelle gab, ist längst verklungen. Zum einen setzt die Marketingabteilung alles daran, dem neuen Motor historische Bedeutung zuzumessen; nicht ohne Grund erinnert der Namenszusatz 718 an den erfolgreichen Vierzylinder-Sportler aus den 50er Jahren. Zum anderen konnte das Aggregat bereits im Boxster sein Können unter Beweis stellen, und niemand hat wohl ernsthaft erwartet, das Triebwerk könne im mindestens 51.623 Euro teuren Cayman seiner Aufgabe nicht gerecht werden.
Vorteil der Aufladung
Wie beim Roadster, stehen auch im geschlossenen 718 Cayman zwei Varianten des, aufgeladenen Vierzylinder-Boxermotors bereit, die jeweils 25 PS mehr mobilisieren als ihre Sechszylinder-Vorgänger: Im Nur-Cayman entwickelt ein Zwei-Liter-Aggregat 300 PS, der Cayman S kann auf einen halben Liter mehr Brennraum und einen Turbolader mit variabler Turbinengeometrie zurückgreifen, was ihm 350 Pferdchen unter die Haube zaubert. Ein Vorteil der Aufladung: Das Drehmoment von 380 respektive 420 Newtonmeter liegt schon bei rund 1900 Umdrehungen in Gänze an und sorgt für spürbar mehr Druck. Den Alltagsfahrer freut’s, er muss in der Stadt nicht mehr die Gänge ausdrehen, und kommt trotzdem zackig vom Fleck. Zumindest dann, wenn er den Sportmodus gewählt hat – im Normalbetrieb gönnen sich Motor und Doppelkupplungsgetriebe (PDK) einen kleinen Augenblick, ehe sie den Gasbefehl in Vorwärtsdrang umsetzen. Abhilfe schaffen der Sportmodus oder das manuelle Getriebe, das bei beiden Modellen serienmäßig ist.
Allerdings bringt der Verzicht auf das automatische Getriebe – das immerhin mit 2826 Euro veranschlagt wird - einen Sprintzeitverlust von zwei Zehnteln mit. Die Kombination aus PDK und Sport-Chrono-Paket für lediglich 1654 Euro holt genau diese Zeit noch einmal raus: Im Idealfall rennt der 718 Cayman in 4,7 Sekunden auf Tempo 100, der S ist eine halbe Sekunden schneller. Der Sport-Modus wiederum verkürzt nicht nur die Reaktionszeiten, er entlockt dem hinter Fahrer und Beifahrer montierten Motor auch einen deutlich kräftigeren Klang – an den kernigen Boxster-Sauger-Sound kommen die aufgeladenen Motoren allerdings nicht ran. Entschädigt wird man dafür an der Tankstelle: Dank der kleineren, aufgeladenen Motoren nimmt sich der Cayman im EU-Zyklus 6,9 Liter, der S 7,3 Liter. Wer allerdings etwas mehr Spaß will oder auch mal die Vmax von 275 beziehungsweise 285 km/h ausprobiert, muss einen deutlichen Aufschlag einkalkulieren.
Mehr Komfort im Unterbau
Neben den neuen Motoren fällt auch beim Cayman vor allem das komplett überarbeitete Fahrwerk positiv auf. Was nach einem Widerspruch klingt, ist den Porsche-Ingenieuren tatsächlich gelungen: Der neue Unterbau bietet zum einen mehr Komfort, was der 718 auch auf mitunter maroden Landstraßen eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat, und zeigt sich in Kombination mit der superdirekten Lenkung gleichzeitig noch verbindlicher, noch präziser. Für alle Caymans gibt es optional das PASM-Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern und einem Zentimeter Tieferlegung, der Cayman S lässt sich mit dem Sportfahrwerk nochmal einen Zentimeter näher an den Boden rücken und so zu noch mehr Querdynamik überreden.
So viel sich unter dem Blech auch getan hat, so dezent wurde das Kleid des Coupés angepasst. Nachgeschärft, betonen die Designer, hätten sie den Cayman, doch muss Otto-Normal-Passant schon zweimal hinschauen, um den 718 im Straßenverkehr als solchen zu erkennen. Am einfachsten geht das noch von hinten, wo ein neuer schwarzer Streifen zwischen den Rücklichtern auf die aktuelle Version verweist. Und auch innen haben Designer und Techniker ihr Potenzial noch nicht ganz ausgeschöpft. Die neue, knöpfchenreduzierte Mittelkonsole mit Unter-Glas-Tasten bekommt erst der Panamera, im Cayman dominiert noch die Schalterflut, und auch reichlich Hartplastik findet sich. Auf dem neuesten Stand ist dagegen das Infotainmentsystem. Der große Touchscreen gehört zur Standardausstattung, Navigation, WLAN-Funktion oder die tadellose Smartphone-Anbindung via Apple CarPlay können extra geordert werden.
Daneben hält die Preisliste aber noch viele weitere Möglichkeiten bereit, den Basispreis von 51.623 Euro für den Cayman beziehungsweise 64.118 Euro für den Cayman S – das sind übrigens jeweils rund 2000 Euro weniger als für den Boxster – in die Höhe zu treiben. Passionierte Fahrer dürften etwa mit der Sportabgasanlage, den Keramikbremsen, der Servolenkung Plus oder der Torque-Vectoring-Option mit mechanischer Hinterachs-Quersperre liebäugeln. Technikfreaks freuen sich über LED-Scheinwerfer, die Burmester-Soundanlage oder das elektronische Fahrtenbuch und komfortorientierte Kunden können Geld für Sitzheizung und -lüftung, Abstandstempomat, Spurhalteassistent und Rückfahrkamera ausgeben.
Quelle: ntv.de, Michael Gebhardt, sp-x