Aus Spaß wird "FUNstar" Skoda-Nachwuchs bastelt Showcar
01.05.2015, 20:15 Uhr
Die Skoda-Azubis sind stolz auf ihren "FUNstar".
Eigentlich sind Pick-ups Arbeitstiere und eher auf dem Bau, als auf dem Boulevard zu Hause. Nicht so der Pick-up von Skoda, der will schön und laut sein. So wollen es jedenfalls die Azubis, die ihn auf die Räder gestellt haben.
Ihr größter Traum wird wohl nicht in Erfüllung gehen, aber trotzdem sind sie stolz wie Bolle: 23 Auszubildende des Škoda-Werks in Mladá Boleslav haben ein Auto gebaut, keine Seifenkiste, sondern einen komplett straßentauglichen Mini-Pick-up. Und auch wenn es wohl niemals eine Serienfertigung geben wird, dürfte dem Wagen der Applaus Tausender gewiss sein.
"FUNstar"-Premiere am Wörthersee
Den soll er nämlich auf dem 34. GTI-Treffen am Wörthersee bekommen, wenn sich Volkswagen-Verrückte wie jedes Jahr um Himmelfahrt zum größten Automarken-Spektakel Europas treffen. Es wird die offizielle Premiere des Kleinlasters namens "FUNstar", dessen Frontpartie gerade noch an einen Škoda Fabia erinnert. Der tschechische Kleinwagen gab die Grundsubstanz für das ehrgeizige Projekt her, das die Führungsregie des Traditions-Herstellers mit Wohlwollen begleitet und bisher nur ein Vorbild hat: das von Škoda selbst.
Im Jahr 2014 nahm sich eine Azubi-Gruppe einen Škoda Citigo vor, schnitt das Dach ab, zog zwei Überrollbügel und einen fetten Spoiler ein – fertig war der "CityJet". Bei "FUNstar" steigen die zwei weiblichen und 21 männlichen Lehrlinge ein Segment höher ein. Und das mit gesteigertem technischem Aufwand. Allein die Rückleuchten sind Musterstücke der Filigrantechnik und beherbergen 320 Leuchtdioden.
Mehr als 80 Vorschläge für ein "Azubi-Car II" sammelt die Gruppe ein, bis feststeht, ein Pick-Up soll es werden. Škoda-Chefdesigner Jozef Kaban gibt Ratschläge, Produktionsvorstand Michael Oeljeklaus und Personalvorstand Bohdan Wojnar lassen sich seit November 2014 kontinuierlich über den Fortschritt berichten. Der hintere Dachteil und die Rücksitzbank des Fabias verschwinden. Seitliche Verstrebungen geben die nötige Stabilität, zusätzlich werden die B-Säulen verstärkt. Anbauteile müssen abgeschliffen werden, in die Fronthaube kommen Luftschlitze und die lackierten 18-Zoll-Felgen des Octavia RS geben einen kraftvollen Auftritt.
Ausbildung für den ganzen Konzern
"Die meiste Arbeit", sagt Azubi Karel, "hat das Verspachteln von Fugen und Spalten gemacht". So wie er sind die meisten hier um die 18 Jahre alt und sie wissen, dass die Mitarbeit an dem Azubi-Car eine Auszeichnung ist. "Wer hier mitarbeitet, hat vorher durch besondere Talente oder Leistungen auf sich aufmerksam gemacht", erklärt Carsten Brandes die Zusammensetzung der Gruppe. Der deutsche Diplom Ingenieur ist Leiter der Škoda-Akademie, die zurzeit mit mehr als 800 Schülern den Fachkräfte-Nachwuchs nicht nur für das Werk in Mladá Boleslav ausbildet. In der Motorenwerkstatt wird an Aggregaten aus dem ganzen Konzern geübt und geschraubt, Ziel ist es, die jungen Leute zu befähigen, auch an anderen Produktionsstandorten im Volkswagen-Imperium arbeiten zu können.
Der deutsche Marktführer exportiert seit Jahren nicht nur Autos, sondern auch Bildung: Das duale Ausbildungsprinzip seiner Heimat wird modifiziert in den abgelegensten Fertigungsstätten ausgesetzt. So werden beispielsweise auch bei Seat in Martorell dem Fachkräfte-Nachwuchs auf diese Weise die nötigen Kenntnisse vermittelt. Und der Erfolg kann sich sehen lassen, obwohl die Voraussetzungen anderswo in Europa oft nicht so gut sind wie in Deutschland. Die Standardisierung habe die Ergebnisse deutlich verbessert, sagt Carsten Brandes, "und ist gar nicht so weit weg von der Qualität in Deutschland".
Der Fantasie der jungen Leute sind bei der Realisierung ihres Projekts kaum Grenzen gesetzt. Als Motor kommt ein 1,2-TSI-Benziner mit 122 PS zum Einsatz. Als Getriebe dient ein modernes Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Die Ladefläche ist mit gebürstetem Edelstahl ausgekleidet und die sportliche Anmutung setzt sich im Interieur fort: Einzelne Elemente sind ebenfalls in den Farben Steel-Grey und Moon-White gestaltet. Auch ein Sportlenkrad und ein Resonator für die Abgasanlage dürfen nicht fehlen. Mit dem Soundsystem von 1.400 Watt hat sich die Musikleistung des vormaligen AzubiCars fast verdreifacht. Dass bei der Arbeit am FUNstar der "Fun", also Spaß, groß geschrieben wird, ist Programm und bei der ersten Präsentation des Showcars diese Woche unübersehbar. Mit viel Enthusiasmus und nicht weniger Selbstbewusstsein erläutern die jungen Leute ihre Vorbereitungen und Arbeitsschritte bis zum fertigen Produkt.
Die Škoda-Akademie bietet jungen Menschen eine drei- oder vierjährige Ausbildung in technischen Fächern mit dem Gesellenbrief oder dem Abitur als Abschluss. 880 Azubis in 13 verschiedenen Ausbildungsgängen sind derzeit im Tagesstudium eingeschrieben, davon 12,5 Prozent Mädchen. Im Aufbaustudium ergänzen 65 Mitarbeiter ihre bestehende Qualifizierung. Die Einrichtung ca. 60 Kilometer nordöstlich der tschechischen Hauptstadt Prag besteht bereits seit 1927. Seitdem haben dort knapp 22.000 Schülerinnen und Schüler ihre Ausbildung abgeschlossen.
Quelle: ntv.de