Harnstofflösung im Tank Was Dieselfahrer zu Adblue wissen müssen
13.07.2021, 10:53 Uhr
Zusatztank an Bord: Hier wird Adblue nachgefüllt.
(Foto: Swen Pförtner/dpa/dpa-tmn)
Wenn es ums Tanken geht, ist bei modernen Diesel-Pkw nicht nur Treibstoff gemeint. Auch die Harnstofflösung Adblue muss regelmäßig nachgefüllt werden, damit die NOx-Grenzwerte eingehalten werden. Aber was ist Adblue eigentlich, wie tankt man das nach, was kostet es und was tun bei einer Fehlbetankung?
Dank neuer technischer Verfahren sollen Diesel die Abgasnormen nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch auf der Straße erfüllen. Gängiges Verfahren, um den Stickoxidausstoß von Dieselfahrzeugen in den Griff zu bekommen, ist der Einsatz sogenannter SCR-Systeme - die mit Adblue funktionieren. Was ist das?
Was ist Adblue?
Adblue ist der Handelsname für eine wässrige Harnstofflösung, die Fahrer von Diesel-Pkw mit SCR-Katalysator zusätzlich zum Treibstoff regelmäßig tanken müssen. Entsprechend ausgerüstete Fahrzeuge sind dazu mit einem Zusatztank ausgestattet. Die Lösung besteht aus 32,5 Prozent Harnstoff und 67,5 Prozent demineralisiertem Wasser. Inhaber der eingetragenen Marke Adblue ist der Verband der Automobilindustrie (VDA). Weltweit gibt es Lizenznehmer, die Adblue herstellen, darunter Chemieriesen wie Yara und BASF.
Wozu dient Adblue?
Die Harnstofflösung wird eingesetzt, um den Ausstoß von Stickstoffoxiden zu reduzieren. Dabei wird die Lösung per Einspritzverfahren in den Abgasstrom eingeleitet. Unter Hitze entsteht Ammoniak, das in einem nachgeschalteten SCR-Katalysator bis zu 90 Prozent der Stickstoffoxide (NOx) zu unschädlichem Stickstoff (N2) und Wasser (H2O) verwandelt. Die zugrundeliegende Reaktion nennt sich selektive katalytische Reduktion (kurz: SCR). Erst durch die NOx-Nachbehandlung - teils setzen Hersteller auf Doppellösungen mit einem NOx-Speicherkat - erfüllen Diesel-Pkw die Werte nach den Abgasnormen Euro 6. Aktuell liegt der NOx-Grenzwert bei 80 mg/km. Nach VDA-Angaben unterschreiten moderne Diesel-Pkw diesen um 80 Prozent und mehr.
Wie hoch ist der Verbrauch?
Es verhält sich wie mit dem Treibstoff - wer viel Gas gibt, der muss auch öfter Adblue nachfüllen. Auch vom Fahrzeuggewicht und anderen Faktoren hängt der Verbrauch ab. Der ADAC nennt einen Richtwert: Mit rund drei bis fünf Prozent des Kraftstoffverbrauchs müssen Autofahrer demnach rechnen. Bei einem Verbrauch von 6 Litern Diesel auf 100 Kilometer sind dies 1,8 bis 3,0 Liter Adblue - auf 1000 Kilometer. Da die Adblue-Zusatztanks im Fassungsvermögen je nach Typ stark variieren, kommt man mit einer Füllung mal 5000, mal 15.000 Kilometer weit.
Wie tanke ich Adblue nach?

Adblue macht den Diesel sauberer. Stickoxide werden mit dem Zusatzprodukt minimiert.
(Foto: imago images/Andreas Haas)
Das Nachfüllen der Harnstofflösung ist so einfach wie Sprittanken. Bei neueren Diesel-Modellen liegt die Tanköffnung neben dem Kraftstoffeinfüllstutzen. Doch sind Adblue-Zapfsäulen selten. Nach Angaben des Zentralverbands des Tankstellengewerbes (ZTG) gibt es in Deutschland knapp 1000 Tankstellen, an denen Pkw-Fahrer Adblue tanken können (932; Stand 31. Dezember 2020). Oft wird auch im Rahmen der Serviceintervalle nachgegossen, oder man kauft Adblue in Gebinden und füllt es selbst nach. Tankstellen und Verkaufsstellen lassen sich zum Beispiel über Smartphone-Apps wie "Findadblue" aufspüren. Wichtig: Auf dem Produkt sollte neben dem Markennamen Adblue vermerkt sein, dass es die Norm ISO 22241 erfüllt.
Wann muss ich spätestens tanken?
Muss nachgefüllt werden, meldet sich der Bordcomputer mittels Warnanzeige oder -geräusch. Die Mindestmenge liegt mal bei einem Zehntel des Adblue-Tanks, mal bei 2400 Kilometern Adblue-Restreichweite. Wird ein gewisser Füllstand unterschritten, kann der Motor häufig nicht mehr gestartet werden. Über die Cockpitanzeige kann in der Regel der aktuelle Füllstand des Harnstofftanks abgelesen werden.
Was kostet Adblue?
Die Harnstofflösung gibt es in Werkstätten, Discountern, im Zubehörhandel und an der Tankstelle in verschiedenen Gebindegrößen zu kaufen. Die Preise schwanken dabei beträchtlich. Teils bekommt man den Liter schon unter einem Euro, manchmal werden knapp fünf Euro verlangt. Grundsätzlich sind kleine Flaschen teurer als große Gebinde, aus denen Halter selbst nachtanken können. Damit dabei nichts daneben geht, gibt es Befüllschläuche, die mit Druckausgleich funktionieren. Wer an der Tankstelle Adblue zapft, tankt ebenfalls recht günstig und vermeidet dabei Abfall in Form der Adblue-Einwegflaschen. Hinweis: Da Adblue den Kraftstoffverbrauch leicht senkt, können sich die Kosten relativieren.
Was tun bei Fehlbetankung?

Eine Fehlbetankung ist unwahrscheinlich - das Diesel-Zapfrohr passt nicht in den Adblue-Stutzen.
(Foto: imago images/Manfred Segerer)
Dieselkraftstoff in den Adblue-Tank zu füllen, ist fast unmöglich, da die breiten Diesel-Zapfrohre nicht in den kleinen Harnstoff-Einfüllstutzen passen. Zudem ist der Adblue-Stutzen in der Regel mit einem blauen Deckel markiert. Verwechslungsgefahr besteht nicht. Und doch landet die Harnstofflösung manchmal im Treibstofftank. Dann gilt: Die Zündung keinesfalls einschalten. Denn sonst muss nicht nur der Tank gründlich gereinigt werden. "Wurde der Motor angelassen oder dieses versucht, sind grundsätzlich auch Einspritzdüsen oder Einspritzinjektoren zu erneuern", warnt der ADAC. Die Folgen können ähnlich kostspielig werden wie eine Fehlbetankung mit Benzin.
Ist Adblue giftig oder drohen sonstige Schäden?
Die geruchlose und farblose Flüssigkeit ist nicht giftig. Doch Vorsicht im Umgang ist angesagt: Nach Angaben des ADAC kann sie auf Augen, Haut und Atemwege reizend wirken. Also schnell mit Wasser abwaschen. Gleiches gilt, wenn beim Nachtanken etwas daneben geht und aufs Blech tröpfelt. Der Harnstoff kann bei längerer Einwirkung zu Schäden auf Lacken und Kunststoffen führen.
Können SCR-Katalysatoren nachgerüstet werden?
Das Kraftfahrt-Bundesamt hat ab 2019 diverse SCR-Systeme für Euro-5-Diesel von BMW, Mercedes, Volvo und des VW-Konzerns genehmigt. Nur VW und Daimler hatten Zuschüsse für die Umrüstung zugesagt. Die Umrüstung ändert zwar nichts am Euro-5-Status, sagt Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher beim Verkehrsclub Deutschland. Doch fallen entsprechend nachgerüstete Fahrzeuge nicht mehr unter Diesel-Fahrverbote in Städten - wenn die Umrüstung in den Fahrzeugpapieren eingetragen ist.
Allerdings sei das Angebot mittlerweile wieder geschrumpft: "Die Nachfrage war zu gering, es hat sich für die Hersteller nicht gerechnet." Bei Neuwagen stellt sich die Frage mittlerweile nicht mehr: "SCR-Systeme haben alle", sagt Müller-Görnert. Für neue Diesel, die "größtenteils auf dem Niveau der Benziner sind", sei das Problem mit den Stickoxiden "gegessen".
Quelle: ntv.de, Stefan Weißenborn, dpa