Praxistest

Range Rover Sport SVR Der Donnergott unter den SUV

Auf der Nordschleife hat der Range Rover Sport SVR unter Beweis gestellt, was er für ein Kerl ist. Aber reicht das auch in der alltäglichen Praxis?

Auf der Nordschleife hat der Range Rover Sport SVR unter Beweis gestellt, was er für ein Kerl ist. Aber reicht das auch in der alltäglichen Praxis?

(Foto: Holger Preiss)

Muss ein SUV sportlich sein? Nein, natürlich nicht. Aber wenn es diese Gangart beherrscht und dann noch mit einem V8-Kompressormotor daherkommt, erwartet man schon eine gewisse Dynamik. Der Range Rover Sport SVR verspricht das jedenfalls mit lautem Getöse.

Vier Endrohre und ein langer Dachspoiler zieren das Heck des Range Rover Sport SVR.

Vier Endrohre und ein langer Dachspoiler zieren das Heck des Range Rover Sport SVR.

(Foto: Holger Preiss)

Es gibt Autos, die sind nur für Männer, sagt der Chauvinist. Und dennoch, empirische Studien des Autors belegen, dass Frauen das tiefe, aus dem Unterleib aufsteigende Grummeln eines V8 tatsächlich nur goutieren, aber in den seltensten Fällen genießen können. Das heisere Husten beim Beschleunigen eher müde belächeln und das schussartige Spratzen, wenn die Automatik bei der Gaswegnahme über acht Gänge runterschaltet, mit einem gestressten Rollen der Augen kommentieren. Anders, wenn die Herren der Schöpfung einen Range Rover Sport SVR besteigen.

Noch bevor ein Fuß in den Innenraum gesetzt wird, werden die Ausmaße bewundert. Aus gutem Grund, denn selbst im Winter trägt der 4,85 Meter lange Muskelprotz auf seinen 21 Zoll großen Alufelgen 275er Gummis. Die Dachlinie wird mit einem weit über das Heck gezogenen Spoiler verlängert. Darunter - geschickt versteckt - der Scheibenwischer und die Wischdüsen. Etwas weiter unten vier mächtige Endrohre, die scheinbar pur und ohne Verblendung aus dem Stoßfänger ragen. So pur wie der Sound, der auf Knopfdruck in der Mittelkonsole bei jeder Gangart brachial ins Spiel geführt werden kann.

Um keinen Preis dezent

Das ist das Kraftwerk des Range Rover Sport SVR: ein 5.0 Liter V8 Supercharged.

Das ist das Kraftwerk des Range Rover Sport SVR: ein 5.0 Liter V8 Supercharged.

(Foto: Holger Preiss)

Wirklich dezent kann dieses Monster nicht. Will und soll es aber auch gar nicht. Der V8 Supercharged ist mit seinen 550 PS immer da. Selbst bei geschlossenen Drosselklappen lässt er keine Zweifel darüber aufkommen, welche unbändige Kraft da lauert. Auf Wunsch katapultiert das Aggregat satte 2,3 Tonnen in 4,7 Sekunden auf Tempo 100. Wobei die 640 Newtonmeter beim Ampelstart gut dosiert und im Verhältnis 50:50 auf die Achsen geworfen werden. Natürlich sollte man das Lenkrad nicht fahrig in den Händen halten, sondern schon zupacken.

Welche Wucht aber wirklich in dem Rennpanzer steckt, merken Insassen und Pilot erst, wenn aus Tempo 120 heraus beschleunigt wird und dafür dem Spaßgerät – den Gangschalter auf Sport gekippt - so richtig auf den Kopf getreten wird. Dann gibt es - umrahmt vom Donner aus den Diffusoren - einen ordentlichen Schlag ins Kreuz. 50 Millimeter abgesenkt, schießt der Bolide im SUV-Format brüllend nach vorn und hält auf freier Strecke erst bei 260 km/h inne.

Integralsitze gibt es im Range Rover Sport SVR nicht nur in der ersten Reihe.

Integralsitze gibt es im Range Rover Sport SVR nicht nur in der ersten Reihe.

(Foto: Holger Preiss)

Spannend ist auch zu beobachten, mit welch unverwüstlicher Ruhe der Range Rover Sport SVR um die Kehren fliegt. Trotz des schon oben erwähnten Gewichts gibt es hier kein Schieben, keinen Zug zur Seite und auch keinen verwerflichen Druck auf Vorder- oder Hinterachse. Der Autor versichert an dieser Stelle, dass er in dieser Gewichtsklasse noch kein Fahrzeug unter den Füßen hatte, das bei sportlicher Fahrt derart ausgewogen zu bewegen war. Nicht umsonst hält der Muskel-Range mit 8 Minuten und 14 Sekunden den Rekord bei der Umrundung der Nordschleife bei den SUV im Serientrim.

Leichtfüßig wie ein Kompakter

Allerdings lässt sich der Dicke - dank geschwindigkeitsabhängiger elektromechanischer Lenkung - in der Stadt leichtfüßig wie ein Kompakter bewegen. Oft schmiegt sich der Kapitän sogar wohlig in die 16-fach elektrisch verstellbaren Integralsitze, die im Fall des Testwagens mit schwarz-weißem Oxford-Leder überzogen waren, und steuert sein Schiff einhändig durch die Wogen des Stadtverkehrs. Ja, tatsächlich hat der SVR integrale Sportsitze, die mehr an einen Rennwagen, denn an ein SUV erinnern.

Die Sportskanone kann auch ganz anders. Ein zweistufiges Verteilergetriebe mit Untersetzungsmöglichkeit verspricht den problemlosen Gang durch schweres Geläuf. Dank der adaptiven Fahrwerkssteuerung, einer höhenverstellbaren Luftfederung und der sogenannten "Terrain Response2"-Steuerung passt der SVR die Fahrprogramme dem Untergrund automatisch an. Interessant ist, dass sich die Mischung aus Luxus, Offroad und purer Dynamik in der Summe nicht widerspricht. Jedenfalls nicht in den Augen eines Mannes.

Der Ladeboden wird mit Band und Haken befestigt. Die Rückbank lässt sich nicht plan umlegen.

Der Ladeboden wird mit Band und Haken befestigt. Die Rückbank lässt sich nicht plan umlegen.

(Foto: Holger Preiss)

In denen einer Frau schon. Spätestens, wenn die Praxiswerte überprüft werden. Da steht zum Beispiel der Testverbrauch von 14,7 Liter über 100 Kilometer. Natürlich kann das auch noch mehr werden. Wer den Lauf häufig beschleunigt oder sich permanent in der Stadt bewegt, darf mit deutlich über 15 Liter Super Plus rechnen. Aber nun machen wir uns mal nichts vor, wer 126.000 Euro für ein Auto bezahlt, der hat auch 100 Euro, um den Tank für mindestens 500 Kilometer Reichweite zu füllen. Dieses Argument ist also schnell widerlegt und auch mit Blick auf die erwähnte Leistung durchaus akzeptabel.

Kleine Hakeleien

Anders verhält es sich mit ganz praktischen Dingen. Da es nicht nur für die erste Reihe Integralsitze gibt, sondern auch die Sitzplätze im Fond damit ausgestattet sind, ist es nicht möglich, den Kofferraum mit einer planen Fläche von 784 Liter auf 1761 Liter zu erweitern. Fraglich ist auch der Umstand, dass der doppelte Ladeboden mit einem Band, an dessen Ende ein Haken ist, in die Kante des Heckklappeneinschlusses eingehängt wird. In Anbetracht des Gesamtpreises des Fahrzeuges und eines elektrisch öffnenden Kofferraumdeckels wären hier eigentlich Gasdruckdämpfer oder wenigstens Scharniere zu erwarten, wie man sie von anderen Premiumherstellern in dieser Klasse kennt.  

Die Optik der Bedienelemente auf dem 12,3 Zoll großen Touchscreen ist super. Leider reagiert es auf Befehle etwas langsam.

Die Optik der Bedienelemente auf dem 12,3 Zoll großen Touchscreen ist super. Leider reagiert es auf Befehle etwas langsam.

(Foto: Holger Preiss)

Auch bei der Konnektivität passt sich der Range Rover Sport SVR dem Zeitgeist an. Wer das "InControl Connect"-Paket für 850 Euro extra geordert hat, der macht seinen Rennpanzer zum 3G-Hotspot, der mit bis zu acht Endgeräten verbunden werden kann. Hinzu kommt, dass bestimmte Apps vom Smartphone über den 12,3 Zoll großen Touchscreen in der Mittelkonsole gesteuert werden können. Das ist super und sieht auch grafisch toll aus. Nur leider lassen die Reaktionszeiten der Hardware bei der Ausführung der Befehle zu wünschen übrig. Über das Display wird zum Beispiel auch die Sitzheizung auf allen Plätzen gesteuert, selbstredend das Navi und das Audiosystem, das seine 825 Watt über 19 Lautsprecher auswirft. Wer also den kernigen V8-Sound nicht mehr hören möchte, der kann sich auch schwere Bassläufe auf die Ohren geben lassen.

Werfen wir einen letzten Blick auf die zusätzlichen Feature, die zum Teil sehr hilfreich, aber nicht gerade preiswert sind. Da wäre zum einen das Vollfarb-Head-Up-Display. Das projiziert nicht nur die Geschwindigkeit und Verkehrszeichen in die Frontscheibe, sondern auch die wichtigsten Navigationsdaten. Kostenpunkt 1300 Euro. Den Spurhalteassistenten samt Verkehrszeichenerkennung gibt es für 720 Euro und – sehr empfehlenswert – einen Kollisionswarner für hinten in Kombination mit einem Warnsystem für den "Toten Winkel" gibt es für 620 Euro extra. Dass elektrisch anklappbare Außenspiegel mit 300 Euro extra zu berappen sind, erklärt sich nicht, und ob es beleuchtete Einstiegsleisten mit Schriftzug für 800 Euro extra und statt der serienmäßigen 3-Zonen-Klimaautomatik eine 4-Zonen-Klimaregelung für 650 Euro sein muss, liegt im Auge des Betrachters. Auch die wirklich schöne Außenfarbe in Estoril Blue für 2200 Euro darf man als Sparfuchs zur Disposition stellen.

Fazit: Die Entwicklung des Range Rover Sport SVR verantwortet das Team der Special Vehicle Operations von Jaguar Land Rover und die Jungs haben hier ganze Arbeit geleistet. Wer auf der Suche  nach einem extrem sportlichen Alleskönner ist und den Sound eines V8 über alles stellt, der muss den SVR in die engere Wahl ziehen. Vorausgesetzt er hat mindestens 126.400 Euro parat und kann mit den ganz kleinen Einschränkungen im Transportbetrieb leben. Andernfalls ist der Einstieg in die "Monster"-Klasse auch schon für die Hälfte des Geldes möglich. Für den Vortrieb sorgt dann ein 3.0 Liter TDV6 Turbodiesel mit 258 PS. 

DATENBLATTRange Rover Sport SVR
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,85 / 2,22 / 1,78 m
Radstand2,92 m
Leergewicht (DIN)2333 kg
Sitzplätze5
Ladevolumen784 - 1761 Liter
Motor5.0l V8 Supercharged SVR
Getriebe8-Stufen-Automatikgetriebe
Systemleistung405 kW/ 550 PS
KraftstoffartSuper plus
Tankinhalt105 Liter
AntriebAllradantrieb
Höchstgeschwindigkeit260 km/h
max. Drehmoment680 Nm bei 3500 - 4000 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h4,7 s
Normverbrauch (Stadt, Land, kombiniert) je 100 km18,3 / 9,8 / 12,8 l
Testverbrauch14,7 l
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
298 g/km
EffizienzklasseG
Bodenfreiheit27,8 cm Geländeniveau
21,3 cm Standard-Bodenfreiheit
Wattiefe85 cm
Wendekreis12,5 m
Grundpreis126.400 Euro
Preis des Testwagens136.610 Euro

 

Quelle: ntv.de

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