Skoda Superb besser als Audi A6? Premium-Tscheche fürs kleinere Geld
14.09.2015, 08:58 Uhr
In der Seitenansicht sieht der Skoda Superb nicht nur wie ein Coupé aus, er erinnert auch stark an einen Audi.
(Foto: Holger Preiss)
Ein Raumriese war der Skoda Superb schon immer. Doch jetzt punktet der Tscheche auch mit Featuren, wie sie einst nur seinen Konzernkollegen vorbehalten waren. Letztlich führt das dazu, dass er im n-tv.de Praxistest nicht mal mehr den Vergleich mit dem Audi A6 scheuen muss.
Wenn man Skoda Superb hört, denkt man inzwischen: Ah, der Passat aus Tschechien. Allerdings reicht das bei der dritten Generation schon nicht mehr aus. Als der mit einem 2.0-Liter-Vierzylinder Diesel bestückte Wagen als Limousine vor der Tür stand, war nämlich der erste Gedanke: Der sieht aus wie ein Audi. Mit Blick auf die momentane designtechnische Entwicklung der Marke mit den vier Ringen könnte das unterdessen fast ehrenrührig sein. Angesichts von Zuverlässigkeit, Verarbeitung und Image aber ganz bestimmt nicht.
Ein Gefühl von Wertigkeit
Insofern besteigt man diesen Skoda auch gleich mit einem anderen Gefühl. Das wird auch mit dem Griff an Armatur, Türinnenverkleidungen und den unteren Teil der Mittelkonsole deutlich. Es gibt eigentlich keinen Platz, an dem billiges Plastik verarbeitet wurde. Weich geschäumt oder wenigstens angenehm griffig zeigt sich alles. Natürlich stammt auch die Armatur aus dem VW-Baukasten und ließ den Designern deshalb kaum Raum für Experimente. Alles bleibt sehr klar und funktional, wie im VW Passat.
Das kann man mögen oder nicht, Fakt ist, dass bei aller daraus resultierender Nüchternheit ein Vorteil entsteht: Alles ist genau da, wo es sein muss. Jede Verrenkung müsste konstruiert werden, damit sie überhaupt zustande kommt. Und weil man sich einfach nicht verknoten muss, ist die Muße umso größer, an den fein einrastenden Knöpfe zu drehen oder die angenehmen Druckpunkte der Tasten zu spüren. Ein kleines Highlight ist das LED-Leuchtband, das im Dunkeln den oberen Teil der Armatur und die darunter liegende Zierleiste trennt. Allerdings ist dieses optische Kleinod kein Bestandteil der Serienausstattung, sondern reiht sich mit 150 Euro in die auch bei Skoda inzwischen üppige Liste der optional zu erwerbenden Features ein.
Sanfter Langläufer
Zu denen gehört auch das adaptive Fahrwerk. Für 910 Euro ist das aber eine lohnenswerte und recht preiswerte Investition. Schließlich geht es hier darum, die 4,86 Meter lange Coupé-Limousine in fünf unterschiedlichen Fahrmodi über den Asphalt zu jagen. Eco spricht für sich, Normal muss auch nicht erklärt werden und bei Individuell ist jeder seines Glückes Schmied. Die wohl am häufigsten genutzten Fahrstufen dürften Comfort und Sport sein. Während das erste tatsächlich dafür sorgt, dass der große Tscheche wie eine Sänfte über Schlaglöcher, Kopfsteinpflaster und Querfugen gleitet, ist Sport eher die sanfte Dynamisierung des Riesen. Klar straffen sich Fahrwerk und Lenkung, aber nicht so, als müsse man jetzt die Sturmhaube und den Helm aufziehen. Wer tatsächlich etwas flotter ums Eck biegen möchte, sollte das allerdings tatsächlich im Sportmodus tun, denn in der Comfort-Stufe schwingt das Heck doch deutlich nach. Was bei einem Radstand von 2,84 Metern nicht verwundert, aber für etwas Unruhe im Fahrverhalten sorgt.
Natürlich ist der Superb kein Sportwagen und tritt auch gar nicht als solcher an. Selbst dann nicht, wenn die Gaskennlinie im Sportmodus ein wenig spitzer wird und die Lenkung sich strafft. Dafür ist der 2.0 TDI mit 190 PS, der im Bedarfsfall bereits ab 1900 Kurbelwellenumdrehungen 400 Newtonmeter mit ordentlicher Wucht auf die Vorderräder wirft, auch nicht gedacht. Vielmehr erfreut der launig brummende Diesel mit Sechs-Stufen-Automatik durch sanfte Gangwechsel und ordentliche Langlaufqualitäten. Nach dem Testzeitraum schlugen 6,6 Liter Diesel über 100 Kilometer im Drittelmix zu Buche. Das mag dem eingefleischten Selbstzünderfahrer üppig erscheinen. Ist es aber nicht, wenn man erwähnt, dass freie Autobahnstücken bei Gelegenheit mit Tempo 230 zurückgelegt wurden.
Reichlich Platz im Hotspot
Erfreulich, dass auch bei dieser Geschwindigkeit weder das Triebwerk noch die Roll- und Windgeräusche im Wageninneren aufdringlich wurden. Wer sich mit seinem Fahrstil etwas zurückhält, der sollte keine Probleme haben, den Tschechen mit knapp sechs Litern zu bewegen und mit einer Tankfüllung 1000 Kilometer hinter sich zu bringen. Eine Distanz, die auch bei den Insassen keine nennenswerten Spuren hinterlassen sollte. Der Platz im Fond ist beim Superb inzwischen so üppig, dass Kinder in der zweiten Reihe fragen: "Papa, kannst du mit dem Sitz etwas zurückfahren, du bist so weit weg!" Das kann der Vater natürlich nicht, denn dann kommt er mit den Füßen nicht mehr an die Pedale.
Auch mit anderen Annehmlichkeiten ist Kurzweil zu verbreiten. Zum Beispiel kann der Skoda zum WLAN-Hotspot gemacht werden. Bis zu sechs Geräte können sich koppeln, um zu surfen, Musik zu streamen oder Podcasts zu hören. Wer möchte, kann auch sein Smartphone mit Apple CarPlay, AndroidAuto oder MirrorLink auf dem großen Touchscreen in der Mittelkonsole spiegeln. Die finanzielle Aufwendung dafür beträgt 890 Euro. Das sind knapp 1000 Euro weniger, als für das Komplettpaket mit Navi bezahlt werden müssen. Zudem funktioniert es ausgezeichnet: Smartphone per USB mit dem Wagen koppeln, Verbindung bestätigen und schon hat man sein Handy-Navi am Start. Ziele, die bereits eingegeben wurden, erscheinen im Display und die Sprachausgabe erfolgt wie gewohnt über die Lautsprecher des Wagens.
Automatisch in die kleinste Lücke

Auch die Front des Superb ist mit den Bumerang-Blinklichtern mehr als gelungen.
(Foto: Holger Preiss)
Wer seinen Superb noch weiter in Richtung A6 aufwerten will, darf bei den Assistenzsystemen tief in ins VW-Regal greifen und selbstredend auch in die Tasche. Zu empfehlen ist in jedem Fall der Adaptive Abstandsassistent. Für 320 Euro sorgt der für eine konstante Geschwindigkeit und einen sicheren Abstand zum Vordermann. Wer es noch komfortabler möchte, der investiert 820 Euro für den Spurhalte-, Spurwechsel- und Ausparkassistent. Den Letztgenannten gilt es, wie den Parkassistenten für 610 Euro nur zu bewundern.
Selbst in kleinste Lücken kurbelt sich der "ewig" lange Skoda mühelos hinein und wieder hinaus. Besser kann man es selber nicht machen, eher schlechter. Den Spurhalteassistenten hingegen muss man mögen. Der greift nämlich sehr konsequent in die Lenkung ein und drückt den Wagen in die Spur zurück. Auch dann, wenn zum Beispiel der Blinker zu spät gesetzt wurde. Besonders unangenehm wird es bei hohen Geschwindigkeiten, wenn das System bei schneller Kurvenfahrt glaubt, der Pilot würde vom Pfad abkommen. Hier bringt die zackige Gegenlenkbewegung des Systems eine unangenehme Unruhe in die Bewegung des Fahrzeuges. Im lästigen Stop and Go hingegen ist das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten ein Traum, die dem noch dösenden Fahrer sicher an die Werkbank bringt.
Fazit: Wer auf das Statussymbol der vier Ringe verzichten kann und einfach ein Fahrzeug haben will, das in Technik und Ausstattung dem Ingolstädter in fast nichts nachsteht, der bekommt für 45.000 Euro ein Auto mit Lederausstattung, Rückfahrkamera und elektrisch öffnender Hecklappe sowie allen nennenswerten Extras. Betrachtet man das Platzangebot in Fond und Kofferraum, hat der sieben Zentimeter kürzere Superb sogar mehr zu bieten als der edle Konzernbruder. Allein der Kofferraum fasst mit 625 Litern fast 100 Liter mehr als die Limousine von Audi. Einen Wermutstropfen mag es für spitze Rechner dennoch geben. Laut der Analyse von Bähr & Fess Forecasts hat der Superb nach vier Jahren nur noch 43 Prozent seines Neuwertes. Das ist natürlich deutlich weniger als bei einem Audi A6. Für den werden aber bei gleicher Motorisierung ohne Extras bereits 44.000 Euro fällig.
DATENBLATT | Skoda Superb STYLE 2.0 TDI 6-Gang-DSG |
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) | 4,86 / 1,86 / 1,46 m |
Leergewicht (DIN) | 1555 kg |
Sitzplätze | 5 |
Ladevolumen | 625 - 1760 Liter |
Motor | Reihen-Vierzylinder mit Turboaufladung 1968 ccm Hubraum |
Getriebe | 6-Gang-DSG |
Systemleistung | 140 kW/ 190 PS |
Kraftstoffart | Diesel |
Antrieb | Frontantrieb |
Höchstgeschwindigkeit | 235 km/h |
max. Drehmoment | 400 Nm bei 1900 - 3300 U/min |
Beschleunigung 0-100 km/h | 7,7 s |
Normverbrauch (Stadt, Land, kombiniert) je 100 km | 5,4 / 4,0 / 4,5 l |
Testverbrauch | 6,6 l |
CO2-Emissionen (Normverbrauch) | 118 g/km |
Emissionsklasse | EU 6 |
Grundpreis | 37.050 Euro |
Preis des Testwagens | 44.880 Euro |
Quelle: ntv.de