Praxistest

Zweiköpfiger Drache für wenig Geld Ssangyong Korando - die SUV-Alternative?

Die Grundidee für das Design des Korando stammt aus der Feder von Giugiaro.

Die Grundidee für das Design des Korando stammt aus der Feder von Giugiaro.

(Foto: Holger Preiss)

Die Autowelt ruft nach SUV. Auch der kleinste koreanische Autobauer Ssangyong hat ein solches am Start: den Korando. Ein wuchtiger Kandidat, der mehr zu bieten hat als man glaubt, aber auch zur Bescheidenheit erzieht, wie der n-tv.de-Praxistest beweist.

Wenn von deutschen Autoexperten SUV verglichen und empfohlen werden, ist in der Regel kein Ssangyong Korando darunter. Warum? Nun, das mag an dem steten Auf und Ab der Marke in Deutschland liegen, die gefühlt fast so viele An- und Abtritte hatte wie VW Modelle unter dem Konzerndach. Dabei fährt mit dem Korando der kleinste Autobauer Koreas unter eigenem Logo seit 2003, mehr oder weniger erfolgreich, über deutsche Straßen. Doch erst seit 2010 gibt es den Korando als eine Art Lifestyle-Geländewagen mit selbsttragender Karosserie.

Flottes Kleid und Bescheidenheit

Das Heck bietet in der Ansicht etwas viel Fläche.

Das Heck bietet in der Ansicht etwas viel Fläche.

(Foto: Holger Preiss)

Das seinerzeit für das SUV geschneiderte Kleid stammt aus der Feder von Giugiaro, eben jenem Designer, der schon dem ersten Golf und dem DeLorean das Kostüm anpasste. Vor zwei Jahren wurde der Korando  weiter an gängige europäische Geschmäcker angepasst. Dabei fallen vor allem der schlanke, schwarze Kühlergrill und die breiten, niedrigen Lufteinlässe ins Auge, die von den elegant geschwungenen Scheinwerfern und den Nebelleuchten flankiert werden. Das Heck ist nicht ganz so stimmig ausgefallen, stehen die Rückleuchten durch ihren Zug in den Kotflügel doch etwas weit auseinander und geben damit am Hinterteil sehr viel Fläche frei. Die zwei chromverblendeten Endrohre stehen hingegen sehr dicht zusammen, was dem gewünschten Hinweis auf die Dynamik des Koreaners etwas zuwiderläuft.

Nichtsdestotrotz ist der Korando optisch in sich stimmig und bringt, zumal wenn er auf großen 18-Zöllern mit 225er Reifen daherkommt, eine ordentliche Wucht mit. So richtig spürt der Fahrer die erst, wenn er sich im rollenden Verkehr zum Beispiel neben einem BMW X3 wiederfindet, der in der Höhe die 1,67 Meter auch nicht überschreitet. Ein erhabenes Gefühl, denn auf Mitbewerber wie den Nissan Qashqai, der nur 1,59 Meter in der Höhe misst, oder den  Kia Sportage (1,63 Meter) blickt man schon ein wenig herab. Ohne dabei aber überheblich zu werden, denn dazu ist ein Korando nicht angetan. Vielmehr zwingt er seine Insassen zur Bescheidenheit.

Es gibt nicht alles, aber viel

Die Belegung der Tasten erfordert das Studium des Handbuches.

Die Belegung der Tasten erfordert das Studium des Handbuches.

(Foto: Holger Preiss)

Nicht, dass es ihnen wirklich an etwas fehlen würde. Nein! Aber alles bekommen sie eben auch nicht. So fehlt in der Optionsliste des Korando ein Navi. Gibt es nicht! Auch ein Lichtsensor, Spur- und Abstandswarner oder eine Einparkhilfe für vorne sucht man vergebens. Dafür erfreut das Korea-SUV seine Käufer zu einem Preis ab 26.990 Euro mit einem 2,0-Liter-Diesel-Triebwerk und Allrad. In der Austattungslinie Quartz verfügt der Testwagen zudem über einen Tempomat, ein Audiosystem mit MP3, CD-Spieler, Bluetooth und sechs Lautsprecher. Die Außenspiegel sind elektrisch einstellbar, werden aber erst in der nächsthöheren Ausstattung auch elektrisch angeklappt. Dafür lassen sich alle vier Seitenfenster per Knopfdruck bewegen, wobei nur das des Piloten eine Automatik hat.

So gesehen, findet der Steuermann des Korando vieles, was ihm auch andere Hersteller bieten. Allerdings ist die Technik in ein schon fast etwas retro anmutendes Ambiente integriert. So leuchten alle Displays in Monochrom und die Belegung der Tasten erfordert unbedingt das Studium des Handbuchs. Besonders verwirrend ist der Umstand, dass ausgehende Telefonate über Bluetooth nur über einen zusätzlichen Druck auf die grüne Telefonannahmetaste an die Freisprecheinrichtung übertragen werden. Außerdem muss der Anruf, wenn es nicht gerade der Letzte war, über das Smartphone selbst gesteuert werden, was echt lästig ist. Auch das sich Songs vom Smartphone erst über einen mehrfachen Druck der CD-Taste abspielen lassen, ist gewöhnungsbedürftig. Ansonsten ist die Anordnung der Knöpfe durchaus ästhetisch. Die Rundinstrumente sind gut ablesbar und die Armatur ist im oberen Bereich mit weichgeschäumter Plastik überzogen, die durch etwas mehr Struktur wertiger wirken würde.

Viel Platz und heiße Lenden

Die Holzeinlagen werten das Innenleben deutlich auf.

Die Holzeinlagen werten das Innenleben deutlich auf.

(Foto: Holger Preiss)

Sehr schön hingegen sind die Holzeinlagen. Sie geben dem Innenleben des Korando im Zusammenspiel mit den gut gepolsterten Sitzen, die auch für lange Fahrten taugen, etwas Solides. Nicht ganz so gelungen ist die Sitzheizung, die sich über ihre zwei Stufen – "Lo" und "Hi" – egal in welcher Stellung eher als Pobrutzler, denn als -wärmer erweist. Wer sie länger anlässt, egal in welcher Stufe, muss schon ein Freund von heißen Lenden sein.

Für die Reise ist auch die Rückbank geeignet. Zum einen, weil die Rückenlehne sich im Neigungswinkel verstellen lässt, zum anderen, weil der Korando mehr Platz für Knie und Kopf im Fond bietet als ein Teil der Konkurrenz. Dabei macht es gar nichts, dass die Sitzflächen nur mit Stoff bespannt sind, denn auch der hinterlässt einen richtig guten Eindruck. Keinen guten Eindruck macht die wie ein Lämmerschwanz wackelnde Verkleidung der Höhenverstellung des Fahrersitzes und der Hebel zum Öffnen der Motorhaube, der bei Benutzung das Gefühl vermittelte, als wolle er gleich in der Hand des Bedieners bleiben. Auch die Druckpunkte der Tasten könnten etwas straffer sein.

Freude an Motor und Fahrwerk

Mit 487 Liter bietet der Kofferraum reichlich Platz und auf Wunsch eine plane Fläche.

Mit 487 Liter bietet der Kofferraum reichlich Platz und auf Wunsch eine plane Fläche.

(Foto: Holger Preiss)

Straff wie das Fahrwerk, das nicht so bretthart daherkommt wie bei anderen SUV-Kollegen, aber trotzdem eine für diese Klasse extrem sportliche Fahrweise zuließe, wenn denn die Lenkung einen Tick direkter wäre. Auf Kopfsteinpflaster bügelt das Fahrwerk die Unebenheiten locker weg, und neigt auch beim Überrollen von Querfugen und Gullideckeln nicht zu Poltereinlagen. Allerdings fängt es dort im Innenraum mächtig an zu Knarzen und zu Klappern. Ein Problem, dass auch andere Hersteller haben. Im leichten Gelände ist der Koreaner dank des sich zuschaltenden Allrads bei Traktionsverlust gut unterwegs. Wer es ganz hart mag, kann den Vortrieb über beide Achsen bis zu einer maximalen Geschwindigkeit von 40 km/h sperren, um dann den Böschungswinkel von 22,6 Grad vorn und 28,3 Grad hinten auszureizen.

Vor allem im Zusammenspiel mit dem inzwischen aus eigener Entwicklung stammenden 2-Liter-Diesel, der 149 PS generiert und ordentliche 360 Newtonmeter bei Bedarf über ein fluffig schaltendes Sechsganggetriebe auf die Achsen verteilt, macht der Korando echt Spaß. Auf asphaltierter Strecke, nur über die Vorderräder angetrieben, bringt es das knapp 1,7 Tonnen schwere SUV in 10,9 Sekunden auf Tempo 100. Etwas länger dauert es, wenn alle Plätze besetzt sind und die 486 Liter im Kofferraum voll ausgereizt sind. Dennoch vermittelt der Koreaner nicht das Gefühl, als würde er aus dem letzten Loch pfeifen.

Bequem geht es in der zweiten Reihe des Ssangyong Korando zu.

Bequem geht es in der zweiten Reihe des Ssangyong Korando zu.

(Foto: Holger Preiss)

Wer auf freier Strecke richtig aufs Gas tritt, wird die Tachonadel auch bei voller Beladung erst  an der 180 zum Stillstand bringen. Das ist keine Geschwindigkeit für den Rundkurs, reicht aber für flottes und unkompliziertes Vorankommen. Zumal es bei einer durchaus angemessenen Lautstärke passiert, wobei angenehm wenige Windgeräusche den flotten Lauf trüben. Anders sieht es beim Verbrauch aus. Wer den Koreaner richtig tritt, landet schnell bei 8,6 Litern auf 100 Kilometer. Im Schnitt genehmigt sich der Diesel 7,2 Liter, was soweit in Ordnung geht, als dass es lediglich einen Liter von den Herstellerangaben abweicht.

Fazit: Im Segment der SUV ist der Korando preislich nur noch vom Dacia Duster zu schlagen. Wer sich allerdings mit dem Kauf des Koreaners trägt, sollte neben einer Probefahrt auch die Knöpfe, Schalter und Hebel ausprobieren. Über Fahrwerk und Motor muss man sich was die Langlebigkeit betrifft keine Gedanken machen. Vielleicht aber über die Abdeckung des doppelten Ladebodens. Auch die sollte man sich genauer ansehen, da sie lediglich über zwei Nasen, die im Boden versinken, in Passform gebracht wird. Wer nach dieser akribischen Prüfung immer noch der Meinung ist, dass der Korando sein Auto ist, darf sich eines gerüttelten Maßes an Fahrspaß und der Aufmerksamkeit anderer Verkehrsteilnehmer sicher sein. Denn Fahrzeuge des zweiköpfigen Drachen - nichts anderes bedeutet Ssangyong – sind immer noch Exoten auf deutschen Straßen.

DATENBLATTSsangyong Korando e-XDi200
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,41 / 1,83/ 1,67 m
Leergewicht (DIN)1672 kg
Radstand2,65 m
Sitzplätze5
Ladevolumen486 / 1312 Liter
Motor4-Zylinder Turbodiesel-Motor mit Common-Rail-Hochdruck-Direkteinspritzung und 1998 ccm Hubraum
Getriebe6-Gang Handschalter
Wattiefe300 mm
Böschungswinkel (v/h)22,6 / 28,3 Grad
Leistung110 kW/ 149 PS
KraftstoffartDiesel
AntriebAllrad permanent
Höchstgeschwindigkeit180 km/h
max. Drehmoment360 Nm  bei 1500 - 2800 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h8,5 Sekunden
Normverbrauch (außerorts/innerorts/kombiniert)5,4 / 7,6 / 6,2 Liter
Testverbrauch7,2 l
Tankinhalt57 Liter
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
157 g/km / EU5
Grundpreis26.990 Euro
Preis des Testwagens26.990 Euro

Quelle: ntv.de

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