Seats dezenter Kampfstier Leon Cupra kocht nicht nur GTI ab
08.07.2014, 11:21 Uhr
Wer zweimal hinguckt, erkennt die feinen Details des Seat Leon Cupra, die ihn als das auszeichnen, was er ist: ein Kraftpaket.
(Foto: Holger Preiss)
Nach dem WM-Aus haben die Spanier immer noch ein Trumpf im Ärmel. Der taugt zwar nicht für den Rasen, hat aber seine ganz besonderen Vorzüge auf dem Asphalt. Der Seat Leon Cupra ist ein spanischer Kampfstier, der nicht nur einen GTI von der Piste fegt.

Am Heck gibt es den Schriftzug, das Cupra-Logo und zwei ovale Endrohre. Und die nicht nur für die Optik.
(Foto: Holger Preiss)
Bei der Fußballweltmeisterschaft sind die Spanier mit ihrem viel gerühmten Tiki-Taka-Spiel nicht zum Zuge gekommen. Schlimmer noch: Sie sind ausgeschieden. Eine Katastrophe für die fußballverliebte Nation. Doch dafür haben sie straßensportlich gesehen ein echtes Ass im Ärmel, das auf seine Weise weltmeisterlich unterwegs ist: den Seat Leon Cupra 280 mit Performance Paket. Diese unscheinbare Kampfmaschine im Kompaktformat hat es als Fronttriebler in nur 7:58:44 Minuten einmal um die Nordschleife des Nürburgrings geschafft. Damit hat er die Bestzeit in seiner Klasse gleich mal um zehn Sekunden verbessert. Allerdings wurde diese Zeit vor knapp vier Wochen vom Renault Megane R.S. 275 Trophy-R um vier Sekunden unterboten. Der wird aber nur in einer auf 250 Stück limitierten Auflage in Frankreich angeboten und kostet 45.000 Euro. Dennoch, eins ist Fakt: Noch vor wenigen Jahren waren Zeiten unter acht Minuten allein Hochleistungssportwagen vorbehalten.
Der kehlige Hauch des Stiers
Nun ist man aber als Normalsterblicher, selbst wenn man sich entscheidet, die 34.310 Euro für einen Seat Leon Cupra 280 auszugeben, eher seltener auf der Rennstrecke unterwegs. Dass man es aber könnte, merkt man bereits, wenn der Zündschlüssel nach rechts gedreht wird. Das Zweiliter–TSI-Triebwerk bläht sich kurz auf. Die Zeiger von Tacho und Drehzahlmesser drehen einmal bis Anschlag durch. Etwas verhalten, aber dennoch kehlig haucht es aus den zwei großen ovalen Diffusoren am Heck. Die zwei Sekunden Glück wären perfekt, wenn Seat seinem Athleten einen Start-Stopp-Knopf statt des Schlüssels spendiert hätte.
Aber egal. In den straffen Sportsitzen, die es wahlweise auch mit zweifarbigen Lederbezügen für 1200 Euro gibt, hat der Pilot die Wahl zwischen vier Fahrmodi: Komfort, Sport, Cupra und Individuell. Wer es wissen will, der setzt natürlich auf Cupra. Bis dahin sind es genau drei Drücker auf den Knopf mit der Rennfahne und die Nadel des Drehzahlmessers schnellt an die 3000. Die Gaskennlinie verdichtet sich und das im Komfort-Modus durchaus spürbare Turbo-Loch hat hier keine Chance mehr. Wer hier den Pin aus dem Stand durchtritt, spürt das wütende Reißen von 350 Newtonmetern an den Vorderrädern. Und obwohl die elektronischen Helferlein später eingreifen als normal, flackert die ESP-Leuchte wie eine Disco-Beleuchtung. Dank dessen und der Vorderachs-Differentialsperre verabschiedet sich der spanische Stier aber nicht aus der mit dem abgeflachten Volant vorgegebenen Spur, sondern schießt wie an der Schnur gezogen nach vorne weg.
Kawasaki Z1000 abgekocht
Der Flug an die 100-km/h-Marke dauert genau 5,7 Sekunden. In weniger als 20 Sekunden hat sich das Doppelkupplungsgetriebe sauber über die sechs Gänge geschoben und der 1421 Kilogramm leichte Cupra fliegt über Tempo 200. Das alles macht besonders viel Spaß, wenn die Autobahn offen und der "Schwarze Mann" auf seiner Kawasaki Z1000 den Fight sucht. Mit 142 PS bei 10.000 Umdrehungen ist das eine echte Kampfmaschine. Doch im direkten Vergleich mit dem Cupra siegte bei 240 km/h in der Kurve der Verstand. Mit der Geschwindigkeit wollte sich der Biker dann doch nicht in die Kehre wagen. Für den Cupra kein Problem. Dank der extrem straffen und feinnervig arbeitenden Progressivlenkung und dem ausgezeichnet abgestimmten Fahrwerk mit Dynamic Chassis Control, kurz DCC, sind solche Geschwindigkeiten kein Problem. Der Vorschub des Cupra endet übrigens bei den üblich abgeregelten 250 km/h.
Was man sich wünschen würde, wäre etwas mehr Ton. Klar, der Soundaktor arbeitet im Sport- und Cupra-Modus deutlicher als im Komfort, aber so richtig bringt er das, was in ihm steckt, akustisch nicht zum Tragen. Er ist der aus der Bibel stammende und so oft zitierte "Wolf im Schafspelz". Allerdings ist er kein falscher Prophet. Seine Botschaft ist klar: Wer mit mir den Kampf sucht, muss schon einiges unter der Haube haben, um zu gewinnen. Aber nicht nur akustisch hält sich ein Cupra zurück. Auch die äußeren Insignien der Potenz sind dezent. Große Lufteinlässe mit wabenförmigen Grilleinsätzen in der Front sichern die Kühlluft für Treibwerk und Bremsen und schaffen eine Distanz zu den weniger kraftvollen Konzernbrüdern. Weiterhin hebt sich der spanische Stier durch seine schwarzen Außenspiegelkappen, den Cupra-Schriftzug am Heck und das Cupra-Logo an Front und Heck ab. Auch an den Einstiegsleisten prangt das Cupra-Signé. Auffälligstes äußeres Zeichen ist noch die roten Hochleistungs-Bremsanlage von Brembo, deren Sättel durch die Leichtmetallfelgen scheinen, die mit 225er Gummis bespannt sind.
Sparsam und dezent
Nichtsdestotrotz bleibt der Cupra in all seinen Details dezent. Er ist alles, aber kein Angeber, obwohl er es sich leisten könnte. Dezent ist auch der Verbrauch. Abseits der im Datenblatt angegebenen 6,6 Liter, an die wahrscheinlich eh keiner glaubt, gibt sich der Cupra 280 doch sehr genügsam. Wer den Spanier mit sanftem Fuß bewegt, der wird im Komfort-Modus mit knapp 7,5 Litern Super auskommen. Wer das Leistungsspektrum des Öfteren ausreizt, muss mit mindestens 10,4 Litern rechnen und im Schnitt standen beim Test-Cupra 8,9 Liter auf der Uhr. Jetzt kann man Zeter und Mordio schreien, aber das sind für eine Rennmaschine wie den Cupra Bombenwerte.

Über Platzprobleme muss hier niemand klagen, aber über zu wenig Ablageflächen.
(Foto: Holger Preiss)
Auch die Werte bezüglich der Alltagstauglichkeit gehen in Ordnung. Mit fünf Türen ist der Zustieg in den Fond kein Problem. Kinder finden in der zweiten Reihe gut Platz und auch Erwachsene müssen nicht klagen. Klar, der Cupra ist – und das erwähnten wir bereits – fahrwerkstechnisch auf Sport ausgelegt. Das bedeutet, dass selbst wer im Kofort-Modus fährt, es nicht vermeiden wird, dass Querfugen und Schlaglöcher auch mal deutlich hallo sagen werden. Alles in allem muss aber niemand Angst haben, dass er seine Bandscheiben nach längerer Fahrt einem Arzt vorstellen muss.
Der Kofferraum fasst 380 Liter und wer die 60/40 teilbare Rückbank ganz umlegt, bringt es auf 1150 Liter. Allerdings hat, wer hier auf den doppelten Ladeboden verzichtet, einen sehr tiefen Abgang. Schwere Sachen müssen also weit abgesenkt und wieder herausgehievt werden.
Es fehlt an Ablageflächen
Auch im Innenraum ist nicht alles optimal auf die Reise ausgerichtet. Die Türinnenverkleidungen bieten kaum Platz für Flaschen und wenn, dann muss man die maximal 0,5-Liter-Buddeln arg in die schmalen Seitentaschen zwängen. Auf eine Mittelkonsole für die Reisenden in der zweiten Reihe wurde ganz verzichtet und auch eine Durchreiche für den Ski-Sack wird der Pistenfreund schmerzlich vermissen. Insgesamt geizt der Cupra mit Ablageflächen. Denn auch vorn ist das Fach unter der Mittelarmlehne so schmal bemessen, dass nicht einmal die Sonnenbrille samt Etui darin verschwinden kann.
Dafür bietet Seat optional einige nennenswerte Features, die preislich im Rahmen liegen und durchaus für ein beschwingtes und entspanntes Fahrvergnügen geordert werden sollten. Dazu gehört zum einen das Seat-Soundsystem für 290 Euro und das Navi für schlanke 440 Euro mit TMC. Richtig angenehm ist aber das Fahrasssistenzpaket II für 560 Euro. Dahinter verbirgt sich eine automatische Distanzregelung und City-Notbremsfunktion. Ein wirklich hilfreiches System, das einen sogar entspannt im Stau fahren lässt, weil es bis zum Stillstand abbremst. Die Funktion arbeitet immerhin bis zu einer Geschwindigkeit von 160 km/h. Darüber hinaus wird der Pilot aber selbst in die Pflicht genommen.
Fazit: Wer optisch dezent und dennoch schnittig der GTI-Gemeinde mal das Heck zeigen möchte, der wird die Ausgabe von 34.310 Euro nicht bereuen. Mit allen beigefügten Zugaben bringt es der spanische Kraftprotz auf 38.205 Euro gut angelegtes Geld. Denn der Cupra ist ein Garant für Fahrspaß und echte Rennperformance, die jedoch optisch und akustisch dezent ausgelebt wird. Wer sich allerdings überlegt, eine solche Kampfmaschine als Familienkutsche zu fahren, der sollte noch einen Moment warten. Wenn man die Rauchzeichen aus Spanien nämlich richtig deutet, könnte es in Bälde einen Cupra ST geben. Sportlicher ginge Kombi in der Kompaktklasse dann kaum noch.
DATENBLATT | Seat Leon Cupra 280 |
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) | 4,27 / 1,81 / 1,43m |
Leergewicht (DIN) | 1421 kg |
Sitzplätze | 5 |
Ladevolumen | 380 / 1150 Liter |
Motor | Reihen-Vierzylinder Benziner mit Turboaufladung, 1984 ccm Hubraum |
Getriebe | 6-Automatikgetriebe |
Leistung | 206 kW/280 PS |
Kraftstoffart | Super |
Antrieb | Frontantrieb |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h |
max. Drehmoment | 350 Nm 1750 - 5600 U/min |
Beschleunigung 0-100 km/h | 5,8 s |
Normverbrauch (innerorts, außerorts, kombiniert) | 8,7 / 5,5 / 6,6 l |
Testverbrauch | 8,9 l |
CO2-Emissionen (Normverbrauch) | 149 g/km |
Emissionsklasse | EU 5 |
Grundpreis | 34.310 Euro |
Preis des Testwagens | 38.205 Euro |
Quelle: ntv.de