Ein Mensch für Menschen Adieu, Karlheinz Böhm
30.05.2014, 14:29 Uhr
Die Ausbildung von Mädchen lag Karl-Heinz Böhm besonders am Herzen.
(Foto: dpa)
Mit 86 Jahren blickte Karlheinz Böhm auf ein erfülltes Leben zurück. Nun stirbt er nach einer Film- und Lebenskarriere, die ihresgleichen sucht. Sein Herz gehörte seit über 30 Jahren dem Land Äthiopien und seinen Bewohnern.
Eine Unterhaltungs-Show und eine Wette änderten sein Leben - und das vieler anderer Menschen: Als Karlheinz Böhm 1981 bei Frank Elstners "Wetten, dass..?" auf dem Sofa saß, war er voll von Eindrücken, die er bei einem Kenia-Aufenthalt gesammelt hatte. Er war emotional, aufgebracht und fragte sich sicher, wie er so weitermachen könne wie bisher, nach dem vielen Leid, der Armut und dem Hunger, den er gesehen hatte. Und so kam es zu der nachhaltigsten Wette im deutschen Fernsehen: "Ich wette, dass nicht einmal jeder dritte Zuschauer eine Mark, einen Franken oder sieben Schilling für notleidende Menschen spenden würde." Er sollte getäuscht werden - ein Millionenbeitrag wurde gesammelt und Karlheinz Böhm, der als "Kaiser Franz Josef" an der Seite von Romy Schneider in der Rolle der "Sissi" große Berühmtheit erlangte, verabschiedete sich aus dem Filmgeschäft und widmete sein Leben den Armen und Ärmsten.
Sein Leben stand nun im Zeichen von "Menschen für Menschen", der Äthiopienhilfe, die jahrzehntelang einen Fels in der Brandung darstellte, wenn es um sinnvoll angewandte Spendengelder ging und die in den letzten Jahren leider aber auch für negative Schlagzeilen sorgte. Davon wird Böhm - zum Glück in dem Fall - nicht mehr allzu viel mitbekommen haben, denn er litt seit Jahren an Alzheimer. Er selbst zog sich aus der Öffentlichkeit zu einem Zeitpunkt zurück, an dem er wohl merkte, dass er zu schwach wurde, um sich noch zu zeigen. Auch die Familienquerelen unter den sieben Kindern aus vier Ehen dürften ihm nicht gefallen haben, als es darum ging, ob man den Vater wirklich so abschotten sollte. Dies sind jedoch nur Vermutungen, und letzten Ende bleibt von Karlheinz Böhm etwas anderes, Wichtigeres in Erinnerung: seine Arbeit für die Bedürftigen, für die er sein Glamour-Leben ohne Wenn und Aber aufgab.
Von 1948 bis in die 1970er-Jahre hinein war er sehr erfolgreich als Schauspieler, nicht zuletzt durch den Erfolg der "Sissi"-Trilogie. Aber auf die Rolle des schönen Mannes, Liebhabers, Kaisers festgelegt zu sein machte ihn nicht glücklich. Er suchte nach neuen Inhalten.
Bereits 1960 jedoch, als er "Augen der Angst" drehte - ein Film, der heute unter Cineasten als Klassiker gilt -, verschreckte er Fans und Kritiker, weil der Film als zu bedrückend galt. Weitere Filme in Hollywood folgten, doch keiner sollte zünden, und so kehrte er, sicher frustriert, nach Deutschland zurück. 1970 wurde er dann von Rainer Werner Fassbinder für "Martha" vor die Kamera geholt, einen Film, der sich in Form eines Psychothrillers mit der Institution Ehe auseinandersetzte.
Ehen an sich hatte der Schauspieler genug: Er war drei Mal verheiratet, bevor er 1991 seine letzte Frau, Almaz - eine aus Äthiopien stammende Agrarexpertin - traf und mit ihr noch zwei weitere Kinder bekam. Mit ihr teilte er die Leidenschaft für Äthiopien, sie war seine rechte Hand in der Stiftung "Menschen für Menschen", bis sie ihren Vorsitz abgab und sich nur noch um ihren kranken Mann kümmern wollte.

Mit seiner Frau Almaz (l.v.) und Ex-Frau Gudula Blau bei der Premiere des Films "Mister Karl" (2008).
(Foto: dpa)
Typen vom Schlage eines Karlheinz Böhm gibt es nicht mehr allzu häufig. Er wurde vom ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler beispielsweise als "stiller Held" bezeichnet, und das trifft den Kern wohl am besten. Denn seit seiner lauten Aktion in einem Fernsehstudio, wo er es geschafft hatte, die Menschen aufzurütteln und ihnen bewusst zu machen, dass der samstägliche TV-Abend mit der Familie auf dem Sofa und dem Bier in der Hand und Schnittchen auf dem Couchtisch nicht selbstverständlich ist, hat er viel erreicht.
Er hat Unglaubliches geleistet
Vor allem hat er nicht nur geredet, sondern gehandelt, sein ganzes Leben umgekrempelt. Mit den 1,2 Millionen DM flog er nach "Wetten, dass...?" zügig nach Äthiopien und gründete seine Hilfsorganisation. Er verbrachte seitdem mehrere Monate im Jahr im Land und machte auf weitere Themen aufmerksam - wie die Benachteiligungen der Frauen, die er für eines der Grundübel der Armut hielt. Frank Elstner hat Karlheinz Böhms Auftritt bei "Wetten, dass..?" am 16. Mai 1981 noch in guter Erinnerung. Er erinnere sich an diese Ausgabe, "als wenn es gestern gewesen wäre", so der Show-Master. "Seitdem habe ich eine herzliche Verbindung zu Karlheinz Böhm gehalten, ich war auch zweimal in Äthiopien. Er hat Dinge geleistet, zu denen ich nicht fähig gewesen wäre."
Karlheinz Böhm, der in Äthiopien ehrfürchtig-freundschaftlich "Mister Karl" genannt wurde und dem ein Denkmal ("Karl Square") in Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens, gesetzt wurde, muss, auch wenn die juristischen Querelen um "zweifelhaftes Finanzgebaren" seiner Organisation noch nicht ausgefochten sind, auf jeden Fall als einer in Erinnerung bleiben, der zu den Guten gehört.
Quelle: ntv.de