Mit Folkerts, aber ohne Drehbuch Der Ludwigshafener "Tatort" im Schnellcheck
26.02.2017, 21:45 Uhr
Spiel dich frei, Ulrike!
(Foto: imago/STAR-MEDIA)
Theater, Theater, der Vorhang geht auf: Ulrike Folkerts geht scriptbefreit in ihren 65. Fall und muss sich mit tödlichen Croissants und einer Schar vogelwilder Amateur-Schauspieler herumschlagen. Regisseur Axel Ranisch dürfte dabei den größten Spaß gehabt haben.
Das Szenario
Eigentlich wollte Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) mit Kollege Peter Becker (Peter Espeloer) nur einen kurzweiligen Abend im Theater verbringen, doch der Ausflug ins Ludwigshafener Mundarttheater "Babbeldasch" wird plötzlich zum Kriminalfall. Hauptdarstellerin und Theaterleiterin Sophie Fettèr (Marie-Luise Mott) stirbt während der Vorstellung an einem allergischen Schock, der Mohnstreusel auf ihrem Croissant erweist sich als tödlich. So wird aus dem Stück "Die Oma gibt Gas" flugs "Die Chefin ist hin" - die Ludwigshafener Kommissare beginnen ihre Ermittlungen. Lena Odenthal geht dabei undercover zu Werke, Kollegin Johanna Stern (Lisa Bitter) stellt den Kinderwagen mit den Zwillingen im Büro ab und übernimmt schließlich die Ermittlungen. In den Kreis der Amateurtheater-Riege aufgenommen, bekommt Frau Odenthal schnell einen Eindruck davon, wie konfliktbeladen hier alle miteinander verbandelt sind.
Die eigentliche Botschaft
Tja …
Darüber wird in der Mittagspause geredet
Wohl eher nicht darüber, wie unterhaltsam die ganze Chose war. Nicht wenige Zuschauer dürften bereits gegen 20.23 Uhr zum ersten Mal auf das Zeiteisen geguckt haben, um festzustellen, dass nicht etwa eine halbe Stunde, sondern erst acht Minuten vergangen sind. Experimente in allen Ehren, und dass der "Tatort" sich einem solch freigeistigen Ansatz öffnet, einen Amateur-Cast quasi ohne Drehbuch einen Film machen zu lassen, zeugt von einem progressiven Spirit, für den der SWR sich Applaus verdient. Nur - spannend war das beileibe nicht, der Fortgang der Dinge zäh, der skurril-humoristische Unterton oftmals Richtung Groteske kippend.
Der Plausibilitätsfaktor
Was den Fall angeht ein leidlich konventionell konstruiertes Stück - in Sachen Stilmittel tobt sich Regisseur Axel Ranisch hier ganz im Sinne seines Film-Dogmas aus. Dabei dreht sich dieser werkimmanente Ansatz vom freien Spiel, vom rauschhaften Acting in einer einzigen Einstellung derart um sich selbst, dass die Frage erlaubt sein muss: Wozu dann überhaupt Zuschauer? Wer Spaß daran hat, Laiendarstellern beim Radebrechen und auf den Boden gucken zuzuschauen, für den wird sich doch sicher ein Sendeplätzchen im Kulturkanal oder im Programmkino finden. Ranischs "Sehr gutes Manifest" stellt Film und Darsteller in den Fokus, den Zuschauer braucht es dabei vielleicht nicht einmal. Der Spaß an der Sache ist zentral auf den Schauspieler, die Schauspielerin zugeschnitten ist und nicht auf das Publikum. Natürlich gibt es wunderbare Filme, die auch ohne vorgeschriebene Zeilen auskommen - Ranischs "Alki Alki" mag solch ein Wurf sein - aber so etwas wie etwa Rosa von Praunheims "Bettwurst" ist nur schwer zu toppen und im Cast des Amateurtheaters Hemshofschachtel findet sich leider weder eine Luzi Kryn noch ein Dietmar Kracht.
Die Bewertung
Kein Drehbuch. Keine Wertung.
Quelle: ntv.de