Unterhaltung

Gary Oldman wird 60 Der britische Rowdy

Kaum wiederzuerkennen: Anfang März bekam Gary Oldman den Oscar für seinen Winston Churchill in "Die dunkelste Stunde".

Kaum wiederzuerkennen: Anfang März bekam Gary Oldman den Oscar für seinen Winston Churchill in "Die dunkelste Stunde".

(Foto: picture alliance / Jack English/)

Gerade hat er einen Oscar bekommen, für seine Rolle als Winston Churchill. Dabei galt Gary Oldman einst als Prototyp des Antihelden und brutalen Schurken. Er hat legendäre Charaktere gespielt, bis er auf Hollywoods schwarze Liste kam.

Die Royal Academy of Dramatic Arts legte Gary Oldman einst nach einem Vorsprechen nahe, sich doch einen anderen Beruf zu wählen. Der Engländer kommentierte das später süffisant mit der Bemerkung, sein Werk spreche ja wohl für sich. Er musste das der königlichen Akademie also nicht noch unter die Nase reiben.

Man kann diese Geschichte im Rückblick nur mit einem Kopfschütteln quittieren. Denn Oldman gehört - wie so viele britische Schauspieler vor ihm - zu den besten Darstellern seiner Generation. Und seit Anfang März kann sich Oldman auch endlich Oscarpreisträger nennen. Lange genug hat es gedauert.

Dabei hat Oldman, der nun seinen 60. Geburtstag feiert, eine recht pragmatische Einstellung zu seinem Beruf. "Es ist nur ein Job, wirklich", sagte er einmal. Man habe finanzielle Verpflichtungen, man habe Kinder, man habe alles, was andere Menschen auch hätten. Und zufrieden ist er mit seiner eigenen Arbeit irgendwie auch nicht. Die meisten seiner Rollen hätte er besser machen können, sagte er einmal dem "Playboy".

Diese Aussage erstaunt umso mehr, als Oldman doch mit extremen Rollen berühmt wurde - seinen Durchbruch erlebte er 1986 nach erfolgreichen Jahren am Theater als selbstzerstörerischer Sex-Pistols-Bassist Sid Vicious in "Sid und Nancy". Schon da trug er dick auf. Gern wird bei dem Briten von einem "großen" Schauspielstil gesprochen, sein Name steht unter dem Wikipedia-Eintrag zu "Overacting".

Der Antiheld schlechthin

1992 gab Oldman den Dracula.

1992 gab Oldman den Dracula.

(Foto: imago/Cinema Publishers Collection)

Das mitunter brutale Exploitation-Kino der 70er-Jahre und die Autorenfilme des New Hollywood dürften einen tiefen Eindruck bei Oldman hinterlassen haben - "Apocalypse Now", "Der Pate 2" und "Badlands" zählt er zu seinen Lieblingsfilmen. Eine Rolle von Malcolm McDowell aus dem Jahr 1971 soll ihn überhaupt erst zur Schauspielerei gebracht haben. Kein Wunder also, dass er es seinen Vorbildern nachtat und sehr viel Leidenschaft und Intensität in den Beruf brachte.

Verdankt Oldman seinen Ruf den Rollen, die er bekam? Oder bekam er die Rollen, weil er einen bestimmten Ruf hatte? Wie dem auch sei, in den 90er-Jahren wurde er zum Antihelden schlechthin. Seine Charaktere standen stets am Abgrund, waren mal gebrochene Menschen, mal irre Gewalttäter und mal abgrundtief böse. Das ging von einem irischen Säufer in "Im Vorhof der Hölle" über den mutmaßlichen Kennedy-Attentäter Lee Harvey Oswald in "JFK - Tatort Dallas" bis zu der Titelrolle in "Bram Stoker's Dracula". Für den Franzosen Luc Besson spielte er in "Léon - Der Profi" den drogensüchtigen, korrupten Polizisten Norman Stansfield - völlig überdreht und durchgeknallt. Solche Figuren vergisst man nicht so schnell.

Fies: Oldman als Drexl Spivey in "True Romance".

Fies: Oldman als Drexl Spivey in "True Romance".

(Foto: imago/United Archives)

Wühlt man sich durch Oldmans Filmografie dieser Jahre, stellt man erstaunt fest, wo er überall dabei war. Selbst kleine Rollen wie die des brutalen Zuhälters Drexl Spivey in "True Romance" eignete er sich an und machte sie unvergessen. Oft ist er dabei kaum wiederzuerkennen - wie sein Mason Verger in "Hannibal". Er gehört zu den wandlungsfähigsten Darstellern des Kinos und soll bei keinen zwei Rollen denselben Akzent verwenden. Oldman gilt es zu entdecken, immer wieder aufs Neue. Der Brite, der sich selbst als schüchtern bezeichnet, liebt die Freiheit, die ihm die Masken seiner Filmfiguren verleihen.

In "Das fünfte Element" war Oldman Jean-Baptiste Emanuel Zorg, der Boss eines Wirtschaftsimperiums, der sich mit dem Bösen verbündet hat.

In "Das fünfte Element" war Oldman Jean-Baptiste Emanuel Zorg, der Boss eines Wirtschaftsimperiums, der sich mit dem Bösen verbündet hat.

(Foto: imago/United Archives)

Oldman hat viele Filme gedreht, darunter waren etliche Nebenrollen, aber auch Mist. "Air Force One" oder "Lost in Space" sind allenfalls durchschnittliche Actionkost. Seine Rolle als Unternehmer Zorg, der in Bessons Kultfilm "Das fünfte Element" mit dem absolut Bösen paktiert, kritisierte Oldman später selbst. Später eckte er im liberalen Hollywood an, weil er die politische Richtung des Films "Rufmord - Jenseits der Moral" kritisierte. Seine Karriere kam für mehrere Jahre ins Stocken, er stand auf der schwarzen Liste der Filmmetropole. Hinzu kamen immer wieder Alkoholprobleme, die er aber mittlerweile überwunden hat, und ein turbulentes Privatleben: Fünfmal hat er geheiratet, darunter war eine eineinhalbjährige Ehe mit Uma Thurman, über die beide ein Schweigeabkommen geschlossen haben sollen.

Zweite Karriere mit Potter und Batman

Im neuen Jahrtausend hat sich vieles davon geändert, Oldman startete geradezu eine zweite Karriere. Mit den "Harry Potter"-Filmen und seinen Auftritten als Jim Gordon in der "Dark Knight"-Trilogie von Christopher Nolan kam er groß zurück. Sein irres Image hatte er allerdings abgelegt: Als gutmütiger Sirius Black gehört er zu den Vertrauten des heldenhaften Zauberlehrlings Potter, als Polizist Gordon zu jenen des Superhelden Batman.

Doch es war eine andere, zutiefst britische Rolle, mit der er endgültig in den Schauspiel-Olymp aufstieg: Oldman gab 2011 den Agenten George Smiley in der John-le-Carré-Verfilmung "Dame, König, As, Spion". Oft hat er betont, wie stressig und schmerzhaft diese Figur für ihn gewesen sei, weil sie so ruhig und subtil angelegt ist. "Es gibt da keine Maske", sagte Oldman, "man ist sehr entblößt". Der sonst so extreme Schauspieler, der oft überagierte, zeigte hier eine ganz andere Seite und reihte sich ein in die Riege der ganz großen Briten im Schauspielgeschäft.

Dass es damals mit dem Oscar nicht klappte, kann er nun verschmerzen - Anfang des Monats bekam er endlich den Academy Award für seinen Winston Churchill in "Die dunkelste Stunde". In gewisser Weise schloss sich damit ein Kreis. Nachdem er mit Sid Vicious seine Filmkarriere begann, steht er nun mit Churchill ganz oben. Vom punkigen Bürgerschreck zum Symbol britisch-bürgerlichen Understatements - Oldman hat viele Seiten.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen