Unterhaltung

Silberhochzeit bei Boerne und Thiel Die Nacht des Jägers

Bringt Boerne das Sezieren des Schweinekopfes irgendwie weiter?

Bringt Boerne das Sezieren des Schweinekopfes irgendwie weiter?

(Foto: dpa)

Das erfolgreichste "Tatort"-Team der Republik feiert 25. Jubiläum und der jüngste Fall entpuppt sich als dem Anlass entsprechend gelungen. Ökos in Rage, ein mordender Freizeit-Superheld in Strumpfhosen und Frank Zander als Lude, kurzum: ein ziemlicher "Hammer".

Der Mann, der den Linienbus durchs nachtschlafene Münster steuert, ist eigentlich schon auf Feierabend eingestellt, bis ihm eine unschöne Überraschung förmlich vor die Füße geworfen wird. Mitten auf der Fahrbahn liegt plötzlich eine Leiche. Säureverätztes Gesicht, schwerste Verletztungen, literweise Blut. Der Tote ist Dr. Wolfgang Öhrie, ortsansässiger Bauunternehmer. Es ist eines seiner aktuellen Projekte, das in der Stadt für Aufruhr sorgt. Die geplante "Waikikioase" gibt sich aus als Wellness- und Erlebnisbad, in Wirklichkeit geht es dort jedoch deutlich handfester zu. Das Ganze soll als Großpuff mit Flatrate-Vögeln für klingelnde Kassen sorgen.

Im Großen und im Ganzen haben sie allen Grund zum Tanzen!

Im Großen und im Ganzen haben sie allen Grund zum Tanzen!

(Foto: dpa)

Kaum hat Boerne mit etwas Verspätung entdeckt, dass der Schädel des Opfers auch noch mit einem Hammer bearbeitet worden war, gibt es schon das nächste Opfer. Auf einem Parkdeck gerät Zuhälter Bruno Vogler (Frank Zander) in die Fänge des Hammermanns (Milan Peschel) und starrt kurz darauf mit gebrochenem Blick an die Parkhausdecke. Der Mörder, das stellen Boerne und Thiel bei Ansicht der Überwachungskamera-Aufzeichnungen fest, trägt Strumpfhosen und Cape und Maske; sein Vorbild, so findet Comic-Fan Alberich bald heraus, ist der gezeichnete Rächer der Enterbten, "The Hunter". Für Thiel und Boerne beginnt die Arbeit.

Der feine Grad der Komik

Zum 25. Mal ermittelt das Odd Couple in Sachen Sonntagskrimi, das erfolgreichste unter den zahlreichen "Tatort"-Teams. Satte 12,5 Millionen Zuschauer sahen die letzte Folge "Die chinesische Prinzessin", zusammen mit dem Vorgänger "Summ summ summ" die stärksten Quoten der letzten beiden Dekaden. Doch so beliebt das Duo ist, so oft steht es auch in der Kritik. Was die einen saukomisch finden, ist den anderen zu viel Klamauk. Axel Prahl kennt das Problem: "Das rechte Maß zu finden ist eine Kunst, die niemand beherrscht. Dem einen ist es fast noch zu wenig Humor, und den anderen ist es schon zu viel, " so der Thiel-Darsteller im Interview mit der "Augsburger Allgemeinen".

Nun ist Regisseur Lars Kraume nicht eben für leichte Komödien bekannt. Seine Krimis wie etwa die Frankfurter Fälle "Der Tote im Nachtzug" oder "Es ist böse" boten ebenso schnörkel- wie kompromisslose Krimikost, realistisch und zuweilen schonungslos. Ausgerechnet ihm gelingt nun das Kunststück, Lacher und Leichen, Blut und Boulevard, Komik und Knochenbrüche in perfekte Balance zu bringen.

Vor den Kulissen des herbstlich-nebulösen Münsters gibt Kraume seiner Story einen äußerst atmosphärischen Grundton. Der chronische Beef seiner beiden Helden wird diesmal mit lässigem Händchen in den Storyverlauf eingewoben, und während man sich gerade noch vor Lachen aufs Knie haute, geht kurz darauf schon die Hand vor die Augen - säureverätzte Leichen, riesige Blutlachen und eingehauene Schweineköpfe geben dem Ganzen einen, im besten Sinne, ekligen Touch.

Kein Krimi ohne Klischee

Natürlich kommt auch Kraume nicht ohne Klischees aus: Da gibt es kiffende Demonstranten mit Palästinensertuch, einen korrupten Stadtrat (Stephan Schwarz), zotige Zuhälter mit geschmackloser Wohnung und Botox-Gespielinnen im Doppelpack.

Überhaupt der Lude: Nach dem holprigen Kieler Cameo von Frank Schätzing vor Kurzem zeigen die Münsteraner, wie man es besser macht. Hatten die im Vorjahr den angejahrten Roland Kaiser als Schlageronkel vor die Kamera gestellt, darf hier nun der legendäre Frank Zander zeigen, was er drauf hat. Und der "Ur-Ur-Enkel von Frankenstein" entpuppt sich als echter Glücksgriff, seinem großmäuligem Zuhälter Vogler hätte man gern etwas länger bei der Arbeit zugesehen. Stattdessen bekommt der dann leider ziemlich zügig mit dem eisernen Hammer der Rache eine Stirngravur verpasst.

Stimmig, stimmungsvoll und dabei spannend ist das, was Lars Kraume hier äußerst kurzweilig unter einen Hut bekommen hat. Die Toten, und derer sind es am Ende vier, werden mit morbider Liebe zum Detail inszeniert, der Klamauk ist in Sachen Timing und Ausmaß bestens gesetzt und das Finale in den schwindelnden Höhen eines Baukrans bringt letztlich sogar so etwas wie Action ins sonst so beschauliche Städtchen.

In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch zur Silberhochzeit, Thiel und Boerne, auf die nächsten 25 Fälle.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen