Vip Vip, Hurra! Die unglaubliche Manifestation der Lola Weippert


Will "mutig" und ein Vorbild sein: Lola Weippert.
(Foto: picture alliance / Eventpress)
Ein "Spiegel"-Bestseller ohne Bestseller-Status? Kein Problem, wenn man einfach manifestiert! Neu-Autorin Lola Weippert zeigt uns in dieser Woche, wie man sich mit viel Follower-Liebe und ganz viel Mut auf Platz 1 "träumt". Manifestieren Sie schon oder retuschieren Sie noch?
Achtung, lieber Leser, eine Warnung vorab: Wenn Sie diese Kolumne nicht zu Ende lesen, sind Sie selber dran schuld! Sie werden nicht in den Genuss bedeutsamer Erkenntnisse gelangen, die Ihr Leben nicht nur bereichern, sondern nachhaltig verändern könnten! Also ziehen Sie sich bitte umgehend "nackt" aus oder hüllen sich in einen Hauch von Nichts, es wird in der heutigen Ausgabe der Promi-Kolumne nämlich unheimlich "empowernd". Für Sie, für mich, für alle. Auch für unser RTL, das ebenfalls berichtet hat.
Möglicherweise schreibe ich hier gerade einen "Meilenstein" und Sie werden ein Teil davon!
Also, los geht's! Die Influencerin Lola Weippert hat ein Buch geschrieben. Es trägt den "empowernden" Titel: "Sei mutig und dir gehört die Welt". Schon an ihrem Schreibprozess ließ sie ihre Followerschaft regelmäßig teilhaben. Leserbindung und so. Man kennt es. Mal saß sie mit Stift und Zettel romantisch am Strand, mal flossen die Tränen vor laufender Kamera, weil sie es selbst noch gar nicht realisieren konnte, endlich ihr eigenes Werk in den Händen zu halten und dann wurde aus "ihrem Buch" plötzlich "euer Buch", weil sie den Followern ja so viel zu verdanken habe.
Und so gab es für die "Fans" kurz nach der Veröffentlichung die Möglichkeit eines Gewinnspiels. Sie mussten nur eines tun: ein Video von der Moderatorin kommentieren und schwupp, hatten sie die Chance, die Mutmach-Lektüre kostenlos zu erhalten. Besagter Clip zeigte La Lola entspannt am Strand, während sie an ihrem Skript schrieb, gefolgt von einer Aufnahme des fertigen Werkes, das mit einem "Spiegel"-Bestseller-Sticker (Platz 1) versehen war. Dazu schrieb sie: "Wie es anfing und wie es endete". Platz 1!? Das ging ja schnell! Wow! Herzlichen Glückwunsch!
Die Sache hat nur einen winzig kleinen Haken: Frau Weippert war zu diesem Zeitpunkt weder auf der "Spiegel"-Bestseller-Liste noch auf Platz 1. Tatsächlich hat sie das begehrte Siegel auf ihr Cover - sagen wir es einfach, wie es ist - selbst drauf retuschiert! Und so erweckte sie bei ihren Followern den Eindruck, auf Platz 1 der "Spiegel"-Bestseller-Liste zu sein. Kennzeichnung, dass es sich nur um ein Späßchen handelte? Mitnichten.
"Ein Schlag ins Gesicht für ehrliche Autoren"
Alles nur ein Missverständnis? Gar bewusste Täuschung? Möglicherweise sogar Betrug? Schließlich ist die Nutzung des "Spiegel"-Bestseller-Buttons nur dann erlaubt, wenn das Buch auch tatsächlich auf der Liste steht. Andernfalls verstößt dies gegen die Lizenzbestimmungen.
Es hagelte Kritik von allen Seiten. Leute aus dem Verlagswesen zeigten sich bestürzt, denn der "Spiegel"-Bestseller-Button hat in der Buchbranche eine hohe Bedeutung. Seine missbräuchliche Nutzung, kommentieren inzwischen viele Kritiker, sei für viele ehrliche Autoren, die nicht so eine große Social-Media-Reichweite wie Frau Weippert haben, "ein Schlag ins Gesicht".
Die Welt der Frau Weippert ist so "voller Liebe", wie ihre Akte lang ist. Und so kann und darf es nicht wahr sein, dass ihr Buch bei Amazon negativ rezensiert wird. Das können unmöglich Leser gewesen sein, die eine eigene Meinung haben und denen die Lektüre schlicht nicht gefallen hat - nein, das sind alles Hater! Böse, böse Hater. Mutmaßlich alle neidisch! Ohne Hobby bestimmt auch und gewiss auch ohne Lebensphilosophie.
Weippert forderte ihre mehr als 700.000 Follower gezielt auf, positive Bewertungen zu schreiben. Natürlich nur, damit die Hater nicht gewinnen. Und die Liebe siegt, klaro.
Dass "das Kind vom Bauernhof", wie sie sich selbst nennt, ihre Follower verhohnepiepelt, blieb nicht lange unbemerkt. Denn es gibt ja da auch noch die wahre "Nummer 1" der "Spiegel"-Bestseller-Liste! Nach anhaltender Kritik löschte die Influencerin ihr Video, das bis zu diesem Zeitpunkt schon Hunderte Kommentare verzeichnete. Auf meine Anfrage beim "Spiegel"-Bestseller-Service erhielt ich die Information, man habe Frau Weippert und ihren Verlag "kontaktiert und angemahnt".
"Das Verbildlichen hilft mir immer total"
In Lolas Welt klingt die Erklärung zur Bestseller-Behauptung-"Platz 1" dann so: Sie habe gar nicht bewusst gefälscht, sondern lediglich "manifestiert"! "Ich habe mir das 'Spiegel'-Bestseller-Logo bei Google kopiert und so richtig schlecht auf mein Buch geklebt. (Tränen-Emoji) Habe es seit Tagen als Sperrbildschirm und schreibe jeden Tag den Wunsch mit der 3-6-9-Regel auf." Das Irreführen der Leser sei also lediglich ein Teil ihrer Selbstverwirklichung gewesen. Sie setze auf das Visualisieren und Manifestieren ihrer Träume, Ziele und Wünsche. Denn: "Das Verbildlichen hilft mir immer total."
Ihr Verlag schrieb auf meine Anfrage, man wolle sich "den Vorgang anschauen" und sich "zu gegebener Zeit melden". Das Schöne: Dank der Unterstützung ihrer Follower und natürlich auch dank ihrer Visualisierung ist ihr Wunsch in Erfüllung gegangen.
Lola Weippert schafft es nach Informationen des "Spiegel"-Bestseller-Service "tatsächlich mit dem Titel in die Top 20. Ab dann darf sie natürlich das Siegel 'Spiegel'-Bestseller nutzen."
Und jetzt, liebe Leser, kommen Sie ins Spiel! Wir lernen jetzt alle fürs Leben! Fangen Sie an, intensiv zu manifestieren und zu visualisieren! Manifestieren Sie Ihre Schulden einfach weg! Und Ihre Sorgen! Manifestieren Sie, ab morgen Nichtraucher zu sein. Alkoholproblem? Gesundheitlich angeschlagen? Stress mit dem Arbeitgeber? Zu wenig Kohle? Einfach nach der 3-6-9-Regel alles manifestieren! Fangen Sie noch heute damit an! Kleiner Lifehack: Sie werden noch mehr Erfolg damit haben, wenn Sie sich nackt, im Bikini oder in Unterwäsche ans Manifestieren machen!
Letztlich aber zeigt Lola Weipperts "Manifestation" des Bestseller-Platzes nur, wie weit Influencer gehen, um ihre "Marke" zu pushen. Die Dreistigkeit, den "Spiegel"-Bestseller-Status einfach selbst aufzukleben und dann als "Manifestation" zu deklarieren, ist ein Armutszeugnis für die ganze Branche und in der Tat ein Schlag ins Gesicht ehrlicher Autoren.
Hier manifestiert sich vor allem eines: die skrupellose Selbstvermarktung einer Influencerin - Hauptsache, die Follower klatschen Beifall. Und jetzt, liebe Leser: Visualisieren Sie bitte umgehend Ihre Visionen und lassen mich wissen, wenn es geklappt hat! Bis nächste Woche!
Quelle: ntv.de