Unterhaltung

"Same procedure as every year" James serviert seit 50 Jahren "Dinner for One"

Butler James und das Tigerfell sind sich nicht grün.

Butler James und das Tigerfell sind sich nicht grün.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Es gehört zum Jahreswechsel wie Sekt und Feuerwerk: Am Abend des 31. Dezember versammelt sich die deutsche Nation alljährlich für 18 Minuten vor dem Fernseher, um Miss Sophie und Butler James bei ihrem "Dinner for One" beizuwohnen. Vor genau 50 Jahren wurde der Sketch zum ersten Mal ausgestrahlt.

Mit dieser Entdeckung haben NDR-Regisseur Heinz Dunkhase und der TV-Entertainer Peter Frankenfeld, quasi der Thomas Gottschalk der 1960er Jahre, Fernsehgeschichte geschrieben. Am 8. Juni 1963 feierte das Schauspiel "Der 90. Geburtstag oder Dinner for One" in der Sendung "Heute Abend Peter Frankenfeld" Fernsehpremiere. Inzwischen ist der Sketch zu einer deutschen Tradition am Silvesterabend geworden.

Der Fernsehansager Heinz Piper begrüßt seine traditionsbewussten Zuschauer alljährlich mit dem Satz: "Verehrtes Publikum, meine Damen und  Herren, wir befinden uns hier auf dem Landsitz von Miss Sophie." Piper gibt die  Einführung zum Kultsketch, der in seinem Heimatland Großbritannien völlig unbekannt ist. Warum das Schauspiel, das überhaupt keinen Bezug zu Silvester hat, jedes Jahr am 31. Dezember ganz Deutschland vor den Fernseher lockt, bleibt ein Rätsel. Denn auch der Humor ist auf den ersten Blick so angestaubt wie das Tigerfell im Salon von Miss Sophie, der Stolperfalle für den ebenso loyalen wie trinkfesten Butler James.

Guinness-Rekord als meistwiederholte TV-Produktion

Die ARD und die dritten Programme reiben sich am Silvesterabend die Hände: Sie erzielen mit dem 18-minütigen Stück, dargeboten von den britischen Schauspielern Freddie Frinton und May Warden, jedes Jahr aufs Neue Traumquoten im zweistelligen Prozentbereich. Dass Dunkhase - wie oft behauptet - Frinton mit seinem Sketch im Vergnügungsviertel des englischen Kurorts Blackpool  entdeckt hatte, ist zweifelhaft. So wurde "Der 90. Geburtstag " bereits 1961in einer anderen Fassung im deutschen  Fernsehen gezeigt. Recherchiert hat das der Journalist Stefan Mayr, der mit dem Lexikon "Dinner for One von A bis Z" das Standardwerk zu dem Kult-Sketch vorgelegt hat.

Ralf Schmitz als Butler Ralf und Annette Frier als Frau Annette in der WDR-Produktion

Ralf Schmitz als Butler Ralf und Annette Frier als Frau Annette in der WDR-Produktion

(Foto: picture alliance / dpa)

"Dass heute kaum etwas über den Ursprung des Stückes bekannt ist, liegt auch daran, dass dieser Erfolg lange nicht absehbar war", sagt Mayr. Tatsächlich landete die Aufzeichnung von 1963 zunächst  im Archiv und etablierte sich erst in den Siebzigern allmählich als Tradition zum Jahreswechsel. Bis heute lief "Dinner for One" nach Mayrs Zählung über 350 Mal im deutschen Fernsehen. Seit 1988  rangiert die Show im Guinness-Buch der Rekorde als meistwiederholte  TV-Produktion.

So manch einer hat sich den Kultsketch bereits als Vorlage für eigene Interpretation genommen. Der WDR legt den Klassiker nun neu auf. Am diesjährigen Silvesterabend zeigt der Sender "Dinner for one - op kölsch". Die Handlung wurde dabei nochmals 50 Jahre in die Zukunft verlegt und spielt im Jahre 1964. Für die Produktion standen die Schauspieler Ralf Schmitz als Butler Ralf und Annette Frier als Frau Annette vor der Kamera.

4150 Mark für einen ewigen Quotengaranten

"Dinner for One" dürfte einer der größten Coups in der Geschichte des öffentlich-rechtlichen Fernsehens sein. Schließlich zahlte der NDR 1963 an Frinton, den damaligen Rechteinhaber, ganze 4150 Mark, nur um dann die Aufzeichnung in über 20 Länder weiterzuverkaufen.

Inzwischen drang die Kunde über den Kultstatus, den die in Großbritannien weitgehend vergessenen Mimen Frinton und Warden in Deutschland genießen, sogar bis in ihre Heimat. Dem  "Guardian" war die ulkige Silvestertradition der Deutschen vor ein paar Jahren eine eigene Reportage wert. Doch auch der "Guardian"-Reporter scheiterte an dem Versuch, die Komik des  Sketches zu erklären.

Mayr vermutet, dass der Humor vor allem Frintons Verdienst ist. Jahrelang bot der Schauspieler das Stück immer und immer wieder auf Kleinkunstbühnen dar. "Da sitzt jede Sekunde perfekt und er spielt mit großem körperlichen Einsatz", sagt Mayr. Der Kult beruht aber auch auf der Nostalgie. Schließlich sind inzwischen ganze Generationen mit "Dinner for One" aufgewachsen und werden auch in diesem Jahr Miss Sophie zu ihrem 90. Geburtstag gratulieren – "the  same procedure as every year".

Quelle: ntv.de, AFP

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